Gedränge in der 2. Klasse

Von Für SPOX bei der Nationalmannschaft: Stefan Rommel
Etliche Spieler aus der zweiten Reihe drängen dauerhaft in die deutsche Nationalmannschaft
© Getty
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MITTELFELD

Toni Kroos: Wird gegen Australien sehr wahrscheinlich für Sami Khedira im defensiven Mittelfeld spielen. Hatte ein überragendes Spiel beim 3:0 gegen die Türkei, steht ansonsten aber hinter Khedira und Bastian Schweinsteiger beziehungsweise Lukas Podolski an. Seine Standby-Rolle bei den Bayern lässt nicht mehr zu. Er ist nah dran an der ersten Elf - und doch so weit entfernt.

Mario Götze: Nach dem Riesen-Hype der Vorrunde ist es ein wenig ruhiger um Götze geworden - und das muss gar kein Nachteil sein. Trotzdem liefert er für einen 18-Jährigen bemerkenswert konstante Leistungen ab und besticht durch Technik und Übersicht - Vorzüge, die selbst in der technisch hochbegabten deutschen Mannschaft nur wenige haben.

Sven Bender: The next big thing im defensiven Mittelfeld. Da die Disziplin der (frühen) Balleroberung auch in Löws Offensivausrichtung immer wichtiger wird und der Bundestrainer in Bender darin den perfekten Protagonisten sieht, gilt der Dortmunder als fester Bestandteil der zukünftigen Mannschaft. In punkto Antizipation und Zweikampfführung derzeit der beste Deutsche in der Bundesliga.

Christian Träsch: Ehrlicher Arbeiter, den jede Mannschaft gebrauchen kann. Träsch ist ein dienender Lückenfüller. Für einen Platz in der ersten Mannschaft scheinen seine Fähigkeiten begrenzt. Aber er kann fast alles spielen, murrt nicht, ist strebsam. Der harte Abstiegskampf mit dem VfB wird ihn weiter und schneller reifen lassen.

Michael Ballack: Das Dauerthema, das endlich gelöst werden will. Seit über einem Jahr ist Ballack nicht mehr für den DFB aufgelaufen, vieles deutet auf einen Abschied auf Raten hin. Löw positioniert sich nicht eindeutig, hat das für März geplante Gespräch in den April verschoben. Derzeit braucht die Mannschaft Ballack aus sportlicher Sicht nicht und so lange er im Verein nicht über mehrere Spiele wieder an seine Topleistung anknüpfen kann, liegen die Argumente gegen den Kapitän a.D. reihenweise auf der Hand.

Simon Rolfes: Wie Thomas Hitzlsperger war auch Rolfes einer aus der neuen Generation. Eine Verletzung kostete ihn die WM und danach den Anschluss an die Mannschaft. Immerhin spielt er bei Bayer wieder regelmäßig und bisweilen auch mit der alten Dominanz. Das letzte Länderspiel ist aber schon Ewigkeiten her: Im Oktober 2009 war Rolfes einer der Sieger von Moskau, beim 1:0-Sieg gegen die Russen war er einer der Besten.

Lewis Holtby: War schon dabei, hat jetzt aber eine Aufgabe, die mindestens genauso wichtig ist wie ein paar Minuten Einsatzzeit in einem A-Länderspiel: Als Kapitän der U 21 ist er deren Anführer. Ein cleverer Schachzug von Löw und Rainer Adrion, die den talentierten Regisseur Holtby im Schatten der Großen weiterentwickeln und als Backup für Mesut Özil aufbauen wollen.

Kevin Großkreutz: Gehört einer eigenartigen Spezies an, dem Marathon-Offensivspieler. Großkreutz spult unglaublich viele Kilometer in hohem Tempo ab, ist deshalb wertvoll als Stör- und Umschaltspieler. Fußballerisch gibt es aber stärkere. Ihm trauen die wenigsten einen Verbleib im DFB-Team zu. Aber wer weiß...

Christian Gentner: Durfte im August in Dänemark den Kader mit auffüllen, ist ansonsten aber weit von einer erneuten Nominierung entfernt. Gentners Spiel ist mitunter zögerlich, ein Abziehbild der Stuttgarter Saison. Die Konkurrenz hat ihn längst links und rechts überholt. Eine fast aussichtslose Situation.

Thomas Hitzlsperger: In den letzten beiden Jahren lief bei Hitz so ziemlich alles schief. Nach sportlich mageren Monaten warf ihn eine Muskelverletzung ein halbes Jahr aus der Bahn. Jetzt kämpft er sich bei den Hammers zurück zur alten Form. Nach der letzten EM standen ihm als Löws erklärtem Musterschüler in der Nationalmannschaft alle Türen offen. Jetzt sind fast alle zu.

Marko Marin: Einer der Verlierer seit der WM. Gefühlt ist der Bremer derzeit meilenweit von der Mannschaft entfernt. Dabei bringt Marin jene "Spezialfähigkeiten" mit, die Löw gerne im Ablaufplan sieht. Die schlechte Saison mit Werder drängt Marin aber weit aus der Mannschaft, derzeit ist selbst eine Nominierung nicht drin.

Piotr Trochowski: Das WM-Halbfinale gegen Spanien war sein letzter Einsatz - und ein unglücklicher noch dazu. Beim HSV kommt Trochowski auch nicht mehr über den Status eines Ergänzungsspielers hinaus, ein Wechsel bahnt sich an. Seine fußballerischen Qualitäten sind unbestritten, nur: Er bringt sie in wichtigen Spielen zu selten auf dem Rasen. Es wird schwer für Troche, nochmals richtig zurückzukommen.

Lars Bender: Steht im Schatten seines Zwillingsbruders Sven. Da er bei Leverkusen nicht Stammspieler ist, hat es bisher mit einer Berufung auch noch nicht geklappt. 2011 ist damit aber durchaus noch zu rechnen.

Sidney Sam: Kandidat in Lauerstellung. Nach einer starken Vorrunde in Leverkusen derzeit wieder ein wenig untergetaucht. Aber seine Stärken im Tempodribbling sind außergewöhnlich, ähnlich wie Marin mit besserem Torabschluss.

Ilkay Gündogan: Hätte wohl schon für Deutschland debütiert, wäre die langwierige Verletzung nicht dazwischen gekommen. Der Nürnberger verkörpert wie Nuri Sahin einen eigenartigen Typus Mittelfeldspieler: Defensiv stark, strategisch gut und in der Offensive gefährlich. Eine Art Allrounder, der schon bald dem Kader angehören könnte.

ANGRIFF

Mario Gomez: Die Nationalmannschaft bleibt eine unerfüllte Liebe. In Kaiserslautern wurde er bei seiner Einwechslung ausgepfiffen - nicht nur, weil er für die Bayern spielt. Gomez hat bei den Fans keine Lobby und mit Miroslav Klose einen Kontrahenten vor der Nase, der im DFB-Dress trifft wie er will. Rückendeckung von Löw ist weiter da, der nächste Schritt muss aber von Gomez selbst kommen. Gar nicht so einfach, wenn er einen Spieler wie Klose verdrängen muss...

Cacau: Durchlebt ein fatales Jahr, mit Verletzungen und Enttäuschungen. Die WM war (s)ein Highlight, danach kam nicht mehr viel. Da aber auch der Rest der Konkurrenz schwächelt beziehungsweise lange verletzt war, hat sich an Cacaus Status relativ wenig verändert.

Stefan Kießling: Auch einer der Vergessenen. Nach dem Spiel um Platz drei bei der WM kam nichts mehr, seitdem wartet Kießling auf seine Chance. War dazu lange verletzt und hat den Anschluss etwas verpasst. Vielleicht hilft ihm der Trainerwechsel von Jupp Heynckes zu Robin Dutt bald wieder auf die Sprünge.

Patrick Helmes: Er ist vielleicht immer noch der beste Knipser von allen. Nur haben sich die Anforderungen auch in der Nationalmannschaft verändert. Als erster Störspieler ist Helmes nur bedingt zu gebrauchen, Lücken reißt er auch nicht eben viele. In einer kompakt-verteidigenden Mannschaft muss erst Platz sein für einen weniger laufstarken Spieler. Derzeit sieht es beim DFB aber nicht danach aus. Im Ligabetrieb konnte er einfach von Leverkusen nach Wolfsburg fliehen. Bei Löw muss er sich mächtig langmachen.

Andre Schürrle: Neben Hummels, Sven Bender und Götze die nächste große Verheißung. Von den Anlagen her ist der Mainzer fast komplett, Tempo und Laufstärke erinnern an Thomas Müller. Der Wechsel nach Leverkusen ist der logische Schritt und wird ihn mit einem Trainer wie Dutt sicherlich weiter reifen lassen. Dürfte sich im Kader der Nationalmannschaft etablieren.

Marco Reus: Immer im Dunstkreis der Nationalmannschaft, bisher aber noch ohne Einsatz. Ähnlich wie Schürrle kommt er über sein enormes Tempo ins Spiel und kann schon bald eine Option für den erweiterten Kader sein.

Julian Schieber: Bis zu seiner Verletzung einer der Aufsteiger der Saison, eine Berufung in den aktuellen Kader wäre gar nicht mehr so abwegig gewesen. Anders als Schürrle oder Reus verkörpert Schieber aber weniger den von Löw derzeit bevorzugten spielerischen Typ. Mit seiner Wucht und Dynamik steht er momentan noch hinter Gomez an.

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