Mit der Freigabe für Robin Dutt wertet der Deutsche Fußball Bund die einst visionäre Stelle des Sportdirektors unfreiwillig ab. Um den Fortschritt nicht zu gefährden, sind jetzt zwei Dinge von großer Bedeutung. Ein Kommentar von Stefan Rommel.
Die Aufgabenstellung war groß, sie hätte kaum größer sein können für Robin Dutt. Beim deutschen Fußball Bund folgte Dutt auf Matthias Sammer, der davor sechs Jahre lang den neu erfundenen Posten des Sportdirektors salonfähig gemacht hatte. Und zeitweise auch große Erfolge mit den Jugendmannschaften der DFB feiern konnte.
Zwar fand Dutt straff sortierte Felder in seinen Aufgabengebieten vor, vor allen Dingen aber einen höchst diffizilen Anforderungskatalog. Teammanager Oliver Bierhoff drängte auf die Umsetzung des Leistungszentrums DFB Campus und erhoffte sich in Dutt einen treuen Mitstreiter für das teuerste Bauvorhaben in der Geschichte des Verbandes.
Bundestrainer Joachim Löw forderte einfach formuliert die Entwicklung mindestens eines Mittelstürmers aus dem Unterbau des DFB, der in absehbarer Zeit zur A-Mannschaft stoßen sollte. Und im besten Fall noch einen linken Außenverteidiger dazu.
Die U 21 soll in wenigen Tagen den zweiten Titel nach 2009 einfahren, die Traineraus- und Fortbildung verlangte nach einer Reform, Dutt von sich selbst ein komplett überarbeitetes Gesamtkonzept.
Genügend Zeit dafür versprach der Vierjahresvertrag, auf den sich der DFB und Dutt vor exakt zehn Monaten geeinigt hatten. In der kurzen Zeit hat der 48-Jährige eine ganze Menge angeschoben und dem Posten des Sportdirektors beim DFB eine starke Wertigkeit verpasst. Aber jetzt ist plötzlich Schluss.
Der DFB hat dem Begehren Dutts nachgegeben, was auf der einen Seite nachvollziehbar ist. Ein unzufriedener Mitarbeiter ist auf Dauer kontraproduktiv. Auf der anderen Seite konterkariert der DFB aber damit das erst vor wenigen Jahren ins Leben gerufene Amt.
Die Zielsetzung der Stelle war es, eine strategische Ausrichtung und Kontinuität auf allen Ebenen zu erlangen. Mit der zweiten Vertragsauflösung innerhalb eines Jahres leidet deren Glaubwürdigkeit als unverzichtbare Institution.
Da erscheinen die Gedanken innerhalb des DFB, die Stelle des Sportdirektors wieder einzustampfen, gar nicht so abwegig. Das jedoch wäre ein großer Fehler. Wie sehr die Maßnahmen unter der Regie eines Sportdirektors fruchten, zeigt sich besonders in der Fülle an Talenten, die der deutsche Fußball zuletzt reihenweise produziert hat.
Gerade war Dutt an der Basis dabei, auch die "zweite Welle" neu auszurichten, die durchs Raster gefallene Spieler auch im hinterletzten Winkel der Republik aufspüren soll. Ein Fall wie der von Philipp Wollscheid, der bis zur U 20 alle Jugendnationalmannschaften verpasst hat und jetzt trotzdem A-Nationalspieler ist, soll nicht mehr vorkommen.
Die anderen Verbände, von denen der DFB einst kopiert hat, kupfern mittlerweile in Deutschland ab. Frankreich orientiert sich am DFB, die Engländer auch. Selbst die Holländer übernehmen Teilaspekte der deutschen Ausbildung. Diese Nationen werden über kurz oder lang wieder vorbeiziehen, sobald der deutsche Fortschritt stagniert.
Deshalb sind jetzt zwei Dinge wichtig: Einen DFB-Sportdirektor muss es auch in Zukunft geben. Und dessen Anforderungsprofil muss angepasst werden. Dem Posten haftet jetzt das Image einer Warmhalteplatte an, und um weiteren "Missbrauch" vorzubeugen, sollte er in Zukunft von niemandem mehr aus der Trainergilde geführt werden.
Praktischerweise gibt es bereits jemanden, der auf dieses veränderte Profil ziemlich gut passt. Dr. Uwe Harttgen ist Leiter der Kommission Nachwuchsleistungszentren der Deutschen Fußball Liga. Ein Ex-Profi zwar, aber kein ausgebildeter Trainer und damit über jeden Verdacht erhaben, irgendwann in die Bundesliga zu drängen.
Bis vor wenigen Wochen war Harttgen noch Chef einer der Leistungszentren der Bundesliga. Bei Werder Bremen, dem neuen Klub von Robin Dutt.