Zu Null ins Finale, dann aber chancenlos gegen Frankreich: Deutschlands U17-Keeper Constantin Frommann machte sich bei der EM in Bulgarien durch starke Leistungen einen Namen - das Happy End blieb aber aus. Mit SPOX spricht Freiburgs Nachwuchskeeper über seinen rasanten Aufstieg, den Hype um Felix Passlack, Christian Streichs Bedeutung für die SC-Jugend und wenig Bock auf Schule.
SPOX: Constantin, wie groß ist die Enttäuschung über den verpassten EM-Titel?
Constantin Frommann: Sehr groß, gerade wenn man bedenkt, wie wir das gesamte Turnier über gespielt haben. Wir haben wirklich gute Leistungen gebracht. Wenn man dann im Finale steht, will man das Ding natürlich auch holen. Wir brauchen jetzt ein bisschen Zeit, um wieder runterzukommen. Wenn wir dann mit etwas Abstand auf das Turnier zurückblicken, werden wir sicher auch stolz sein können. Aktuell überwiegt aber die Enttäuschung.
SPOX: Sie haben bis zum Finale kein Gegentor kassiert, waren dazu der Matchwinner im Viertelfinale gegen Spanien. Gegen Frankreich mussten Sie dann gleich viermal hinter sich greifen.
Frommann: Nachdem es vorher so perfekt gelaufen ist, war das Finale fast schon demütigend. Wir alle wollten unsere Serie natürlich auch gegen Frankreich fortsetzen. Wenn man sieht, wie die Tore gefallen sind, muss man sagen, dass das Ergebnis am Ende deutlich zu hoch ausgefallen ist. Es ist schade, aber wir geben zu, dass die Franzosen eben einen Tick besser waren und den Sieg verdient haben.
SPOX: Wird Sie der Name Odsonne Edouard noch eine Zeit lang verfolgen?
Frommann: Er hat acht Tore geschossen, was überragend ist. Allerdings hat er auch von seinen Teamkollegen profitiert, die ihn stark in Szene gesetzt haben. Ihre individuelle Qualität ist riesig. Von daher muss man anerkennen, dass Edouard wohl der Spieler des Turniers war.
SPOX: Beim Gegner stand zudem ein Zidane im Tor. Wie viel Eindruck hinterlässt allein der Name?
Frommann: Der Name Zidane ist zwar groß, das hat uns aber auf keinen Fall eingeschüchtert. Wir hatten uns vorgenommen, ihm einige Tore reinzuhauen, das hat aber leider nicht so geklappt, wie wir es uns vorgestellt haben.
SPOX: Im deutschen Team stand vor allem Felix Passlack im Fokus. Er hat eine starke EM gespielt, wurde aufgrund seiner bisherigen Leistungen aber schon vor dem Turnier zum Hoffnungsträger auserkoren. Wie nimmt man innerhalb der Mannschaft den Hype um ihn wahr?
Frommann: Felix hat es sich verdient, so im Mittelpunkt zu stehen. Er bringt immer eine gute Leistung und ist ein Spieler, der andere mitreißen kann. So jemanden im Team zu haben, motiviert einen viel mehr, als dass man in irgendeiner Art neidisch wäre oder es ihm nicht gönnen würde. Das ist bei uns überhaupt nicht der Fall.
SPOX: Christian Wück sagte gegenüber SPOX trotzdem aus, dass er den einen oder anderen Spieler manchmal wieder mit dem Lasso zurückholen müsse. Merken Sie selbst auch, wie viele Faktoren von allen Seiten auf Sie einwirken?
Christian Wück im SPOX-Interview: "Einige mit Lasso zurückholen"
Frommann: Es ist schon sehr viel, was auf uns einprasselt. Das Medieninteresse ist plötzlich riesig. Ich für meinen Teil bin aber keiner, der abhebt, ich bleibe schon auf dem Boden. Wenn man sieht, wie wir gespielt haben und dann auch Vize-Europameister geworden sind, kann man trotzdem sagen, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt schon relativ viel erreicht haben. Natürlich haben wir das große Ganze im Blick, unsere Karrieren stehen uns noch bevor. Gemessen an unserem Alter kann sich der bisherige Erfolg aber sehen lassen. Den braucht uns auch keiner ausreden.
SPOX: Wie fühlt es sich an, nach so einem großen Turnier wieder in den Verein zurückzukehren?
Frommann: Es gibt sicher leichtere und angenehmere Dinge, als nach diesem Event wieder in den Alltag zu stoßen. Ich werde das ganze Drumherum vermissen.
SPOX: Alltag bedeutet für Sie vor allem Schule. Fällt es schwer, sich für diese Dinge wieder zu motivieren, wenn man seine Zukunft womöglich im Fußball sieht?
Frommann: Welcher Jugendliche hat schon Bock auf Schule? (lacht) Spaß beiseite, die Bildung gehört natürlich dazu und ist sehr wichtig. Ich mache im nächsten Jahr mein Abitur - das ist zumindest der Plan. Die schulische Ausbildung ist eine Absicherung für die Zukunft. Man kann nie wissen, was im Fußball passiert.
SPOX: Das konnten Sie 2013, als Sie vom SV Oberachern nach Freiburg ins Fußball-Internat gewechselt sind, wohl auch nicht. Wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?
Frommann: Der Fokus auf den Fußball ist viel stärker geworden. Im Internat bin ich pausenlos mit Fußball beschäftigt, ich kann ihm gar nicht ausweichen. So, wie es gelaufen ist, war es aber die richtige Entscheidung. Auch, wenn ich auf mein gewohntes Umfeld verzichten musste, hat sich vieles zum Positiven entwickelt.
SPOX: Hatten Sie vor dem Wechsel also auch Bedenken?
Frommann: Auf jeden Fall. Mir war klar, dass vor allem die schulische Laufbahn unter so einer einschneidenden Veränderung leiden kann. Ich wusste gar nicht, ob es für mich alles zu viel werden würde. Zusammen mit meinen Eltern habe ich aber beschlossen, dass dieser Schritt nicht nur wichtig, sondern notwendig war. Davon waren wir letzten Endes voll überzeugt.
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SPOX: Wundern Sie sich trotzdem, wie schnell dann alles ging? Erst der Wechsel nach Freiburg, dann die Berufung ins DFB-Team und nun Stammkeeper bei der EM?
Frommann: Das war definitiv ein rasanter Aufstieg und ging so schnell, dass ich kaum Zeit hatte, wirklich darüber nachzudenken. Diese Entwicklung hätte ich mir so nie träumen lassen.
SPOX: Einige Spieler der heutigen A-Nationalmannschaft sind einen ähnlichen Weg gegangen wie Sie. Nach den Junioren-Nationalteams haben sie den Durchbruch in den Profi-Fußball dann auch geschafft. Beschäftigen Sie sich damit, was in ein paar Jahren sein könnte?
Frommann: Natürlich weiß man, was mit einem Götze oder Ter Stegen nach der U17-EM passiert ist. Jeder wünscht sich, dass es so läuft wie bei ihnen, dazu bedarf es aber noch viel Arbeit. Gerade nach so einem Großereignis wie der Europameisterschaft muss man noch mehr Gas geben. Dann können die Dinge ihren Lauf nehmen.
SPOX: Arbeit, die Sie jetzt vor allem im Verein leisten müssen. Ab der nächsten Saison spielen Sie in der A-Jugend des SC.
Frommann: Das ist wieder eine neue Herausforderung, bei der ich mich auszeichnen möchte. Ich muss mir meinen Platz im Team wieder neu erkämpfen. Stand jetzt sind wir drei gute Torhüter: Marvin Geng, Niklas Schindler und ich. Jeder möchte spielen. Da müssen wir sehen, wie der Trainer entscheidet.
SPOX: Das wird mit Thomas Stamm ein neues Gesicht beim SC sein. Er wechselt aus dem Nachwuchsbereich des FC Winterthur nach Freiburg. Hatten Sie schon erste Gespräche?
Frommann: Da Jonas Busam und ich mit der Nationalmannschaft unterwegs waren, hatten wir zum neuen Trainer noch keinen Kontakt. Deshalb kann ich auch noch nicht sagen, wie er mit mir oder den anderen plant. Ich denke aber, entscheidend wird die Vorbereitung sein. Wer die am besten bestreitet, wird wohl spielen.
SPOX: Fühlt sich der Stammplatz im DFB-Team bei dieser Überlegung plötzlich wieder weniger wertvoll an?
Frommann: Es wird nie so sein, dass man sich darauf verlassen kann, immer zu spielen. Der Konkurrenzkampf wird immer da sein, egal ob man beim DFB spielt oder nicht. Es spornt mich an, im Training noch mehr zu geben, um auch im nächsten Jahr wieder die Nummer eins zu werden.
SPOX: Der SC bezeichnet sich selbst als Ausbildungsverein, Christian Streich gilt als absoluter Förderer der Jugend. Haben Sie ihn schon persönlich kennengelernt?
Frommann: Ich war leider noch nicht bei den Profis im Training, sodass ich das noch nicht so gut einschätzen kann. Jeder weiß aber, dass Christian Streich früher schon viel in der Jugend getan hat und immer noch auf junge Leute baut. Für Spieler in meinem Alter ist es wichtig zu wissen, dass jemand wie Streich da ist, der einem eine Chance gibt.
SPOX: Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Liga-Zugehörigkeit der Profis? Der SC ist am Wochenende abgestiegen.
Frommann: Das war wirklich bitter. Es hätte mich gefreut, wenn wir mit unserem Verein in der ersten Liga geblieben wären. Für mich hat es aber noch nicht die ganz große Bedeutung, ich komme ja erst einmal in die A-Jugend.
SPOX: Von dort ist der Weg aber nicht mehr weit...
Frommann: Das wäre auf jeden Fall schön. Es ist ja auch nicht gesagt, dass der SC nicht wieder aufsteigt. Das würde mich natürlich sehr freuen. Genauso wie alle anderen im Team muss ich aber noch hart arbeiten, um meine Ziele zu erreichen.
SPOX: Eines davon ist sicherlich die Weltmeisterschaft in Chile im Oktober?
Frommann: Na klar. Dort wollen wir auf jeden Fall gut abschneiden. Der große Vorteil gegenüber der EM ist, dass wir nicht den großen Druck haben werden, uns für irgendetwas qualifizieren zu müssen. Wie die genaue Zielsetzung bis dahin aussieht, werden wir aber erst noch sehen.
SPOX: Sie haben im Klub in dieser Saison stark gehalten, dazu eine sehenswerte EM gespielt. Gab es denn schon Anfragen von anderen Vereinen?
Frommann: Bei mir persönlich nicht, das läuft dann meistens über meinen Berater. Ich mag mich da nicht einmischen (lacht).
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