Mit reichlich Offensivpower reist die U19 zur Titelverteidigung nach Griechenland. Obwohl Trainer Marcus Sorg einige große Namen zuhause lässt, bietet die DFB-Truppe ordentlich Profierfahrung. Mit dabei: Der jüngste Doppeltorschütze der Bundesliga und ein Leverkusener Transferobjekt. SPOX macht den Kadercheck.
Tor
Das Personal: Raif Husic (Werder Bremen), Marius Funk (VfB Stuttgart)
Die Situation: Seit Jahren begegnen sich Raif Husic und Marius Funk in den U-Mannschaften. Husic stammt aus der Jugend des FC Bayern und wechselte letztes Jahr aus der U19 der Münchner an die Weser. Sein enormes Potential drückt sich auch darin aus, dass sich die Bayern eine Rückkauf-Option in den Vertrag des Keepers schreiben ließen.
Seitdem hat das Talent aber einen kleinen Karriereknick verpasst bekommen. Zunächst wurde Husic von den Profis zurück in die zweite Mannschaft von Werder geschickt - auch persönlich soll der junge Keeper immer wieder angeeckt sein, nur um wenig später U20-Nationalkeeper Michael Zetterer vor die Nase gesetzt zu bekommen.
In einem Dreikampf mit Zetterer und dem erfahrenen Tobias Duffner kämpft Husic seitdem um Spielanteile. Insgesamt stehen 13 Spiele in der Regionalliga Nord zu buche. Eine ähnliche Konkurrenzsituation ergibt sich im U19-Kader.
VfB-Keeper Funk wird ebenfalls enormes Talent nachgesagt. Funk wurde erst für die kommende Saison in den Drittliga-Kader der Stuttgarter hochgezogen und soll sich hinter dem etablierten Odisseas Vlachodimos beweisen. In den letzten Qualifikationsspielen zeichnete sich ab, dass Funk im Moment die Nase vorn hat. Für die anstehende WM hat Trainer Marcus Sorg aber noch keine endgültige Entscheidung verkündet.
Fazit: Traditionell geht Deutschland auf der Torhüterposition mit jeder Menge Talent an den Start. Am Ende entscheiden nur Nuancen über einen Einsatz in der Startelf. Da Funk aber in den letzten Spielen einen soliden Job verrichtete, deutet vieles darauf hin, dass Sorg auch in Griechenland auf den Stuttgarter vertraut.
Abwehr
Das Personal: Niko Kijewski (Eintracht Braunschweig) , Jonas Föhrenbach (SC Freiburg), Thilo Kehrer (FC Schalke 04), Lukas Klostermann (RB Leipzig), Lukas Klünter (1.FC Köln), Jonathan Tah (Hamburger SV)
Die Situation: Auch in der Innenverteidigung muss man sich beim DFB keine Sorgen um den Nachwuchs machen. Jonathan Tah und Lukas Klostermann haben bereits zahlreiche Profispiele auf dem Buckel und bringen die nötige Physis mit. Zudem sind beide als Träger der Kapitänsbinde in Erscheinung getreten.
Für rechts scheint sich Lukas Klünter in den Vordergrund gespielt zu haben. Der Kölner wird in der kommenden Saison für die zweite Mannschaft des 1.FC Köln auflaufen. Klünter wechselte erst in der vergangenen Saison zum FC und machte dort einen großen Sprung. Gelobt werden seine überdurchschnittliche Athletik und Schnelligkeit.
Dazu kommt der ungeheure Ehrgeiz: "Der Junge ist richtig gepolt. Er besitzt noch Respekt und Ehrfurcht, bei einem Verein wie dem FC zu sein. Wenn man sieht, dass es so etwas noch gibt, geht mir als Trainer das Herz auf", zeigte sich Peter Stöger im Wintertrainingslager begeistert.
Nachnominiert wurde der Braunschweiger Niko Kijewski, nachdem Stuttgarts Timo Baumgartl verletzungsbedingt absagen musste. Der Linksfuß fühlt sich alleine aufgrund seiner Größe (1,76 Meter) außen am wohlsten. Dabei kann er seine Stärken ausspielen, die auch U19-Trainer Sascha Eickel bei der Eintracht beobachtet: "Niko bringt bereits jetzt enorme technische Fähigkeiten mit und hat eine hohe Dynamik."
Der DFB-Kader im Überblick
Hinzukommt Thilo Kehrer, der erst die Jugendakademie des VfB durchlief und in der U17 zu Schalke wechselte. Seitdem hat sich der Kapitän des U19-Meisters stetig entwickelt. Neben seiner Vielseitigkeit und Dynamik besticht auch Kehrer durch die richtige Einstellung. Diese hebt auch Schalke-Coach Norbert Elgert gerne hervor. "Er hat in seiner Persönlichkeitsentwicklung einen riesigen Schritt nach vorne gemacht."
Zuletzt verstärkt wird der Kader durch einen Träger der Fritz-Walter-Medaille in Bronze, Jonas Föhrenbach. Ex-Freiburger Sorg beobachtet die Schritte des Breisgauers schon seit geraumer Zeit. Gerade der starke linke Fuß macht den zukünftigen Profispieler des SC besonders wertvoll.
Fazit: Neben dem Verteidigungsduo Tah/Klostermann scheint Lukas Klünter in einer guten Position um einen Stammplatz. Nur auf links ist noch alles offen. Die Polyvalenz der übrigen Kandidaten lässt zumindest für jeden die Möglichkeit, auf der linken Seite aufzulaufen. Beim letzten Qualifikationsspiel gegen Tschechien (6:0) stellte Sorg Föhrenbach als Linksverteidiger auf. Ein Indiz für den Auftakt gegen Spanien?
Mittelfeld
Das Personal: Max Christiansen (FC Ingolstadt 04), Erdal Öztürk (TSG Hoffenheim), Nadiem Amiri (TSG Hoffenheim), Boubacar Barry (Karlsruher SC), Jannik Dehm (Karlsruher SC), Leroy Sane (FC Schalke 04)
Die Situation: Mit Max Christiansen spielt im U19-Mittelfeld ein weiteres Defensivtalent. Der großgewachsene Ingolstädter stammt ursprünglich aus der berühmten Hansa-Jugendakademie und wechselte erst in der vergangenen Winterpause in den Süden der Republik. Bereits mit 17 spielte der robuste Mittelfeldspieler, der auch als Verteidiger auflaufen kann, für Rostock Drittliga-Fußball und etablierte sich an der Ostsee als Stammspieler. Christiansen überzeugt durch eine starke Antizipation, ein überdurchschnittliches Passspiel und scheut keinen Körperkontakt.
Alternativ stünde Erdal Öztürk bereit. Der Hoffenheimer erinnert von seiner Spielanlage an Ilkay Gündogan: Gute Technik, kombinationssicher, stark gegen den Ball. Trotz dieser Qualitäten fehlt dem A-Jugend-Vizemeister noch ein wenig die Physis, sodass sich Öztürk bisher deutlich wohler fühlt, wenn ein robuster Nebenmann an seiner Seite aufläuft. Nichtsdestotrotz verspricht man sich im Kraichgau einiges vom Berliner. Bei der U19 besticht Öztürk vor allem durch seine positionsbezogene Flexibilität.
Auch offensiv fährt das deutsche Mittelfeld ordentlich Bundesliga-Perspektive auf. Boubacar Barry wurde erst jüngst vom KSC mit einem Profivertrag ausgestattet und gilt besonders aufgrund seiner Athletik und Torgefahr als großes Zukunftsversprechen für die Offensive. Zwar wird Barry bei seinem Verein auch gerne als Sturmspitze eingesetzt, doch am wohlsten fühlt er sich auf den Außen: "Ich glaube, dass ich rechts am stärksten bin. Dort habe ich auch in der U19 gespielt, allerdings komme ich auch auf der Zehnerposition ganz gut zurecht."
Auf rechts spielt beim KSC zumeist Mannschaftskollege Jannik Dehm, der von Sorg nach dem Ausfall von Devante Parker nachnominiert wurde. Der Kapitän der Karlsruher U19 besticht durch sein breitgefächertes Einsatzpotential. Neben seiner angestammten Position als rechter Mittelfeldspieler lief Dehm auch schon als Zehner, Innenverteidiger und rechter Verteidiger auf. Hervorzuheben sind besonders seine taktische Reife und die dynamischen Vorstöße.
Auf der Zehnerposition ist beim DFB zumeist Nadiem Amiri beheimatet. Ausgestattet ist der zweite Spieler aus der U19 der Hoffenheimer mit einer überragenden Technik und einem riesigen Aktionsradius. Das ist auch Markus Gisdol nicht verborgen geblieben. Mit 18 debütierte der Sohn afghanischer Eltern in der Bundesliga gegen Wolfsburg - dazu noch in der Startelf. Sein Trainer attestierte ihm im Anschluss "ein sehr anspruchsvolles und gutes Debüt."
Komplettiert wird das Mittelfeld durch den heimlichen Star der Mannschaft. Spätestens durch seinen Knaller gegen Real Madrid ist Leroy Sane ein bekannter Name in Fußball-Deutschland. Das Schalker Eigengewächs ist offensiv überall zu finden und besticht durch eine überragende Technik, Ballsicherheit und seine hohe Geschwindigkeit. Er hat die Qualität, für die Überraschungsmomente im deutschen Spiel zu sorgen.
Fazit: Wirklich gesetzt gelten im talentierten U19-Mittelfeld Christiansen, Schalke-Profi Sane und Mittelfeld-Regisseur Amiri. Um die offene Außenposition auf rechts streiten sich die Karlsruher Barry und Dehm. Hier kommt es auch darauf an, welche Qualitäten Coach Sorg noch für seine Mannschaft sucht - den ausbalancierten Dehm oder den athletischen Barry. Für Öztürk spricht besonders seine Variabilität. Dadurch hat Sorg die Möglichkeit, auf entsprechende Spielsituationen bedenkenlos reagieren zu können.
Sturm
Das Personal: Lucas Cueto (1. FC Köln), Gianluca Rizzo (Borussia Mönchengladbach), Luca Waldschmidt (Eintracht Frankfurt), Timo Werner (VfB Stuttgart)
Die Situation: Lucas Cueto hat bereits einiges gesehen. Von Leverkusen aus wechselte der beidfüßige Stürmer in die Akademie von West Ham, nur um über den Bonner SC schließlich in Köln zu landen. Der flinke Offensivspieler strahlt eine enorme Torgefahr aus und bietet sich vor allem in einem Sturmdoppel als wuseliger Störenfried an. Inzwischen spielt der 19-Jährige seine Stärken auch in der zweiten Mannschaft der Kölner aus.
Im Gegensatz zu Cueto läuft Gianluca Rizzo bei Gladbach II auch gerne als alleinige Spitze auf. Der großgewachsene Mittelstürmer erfüllt alle Anlagen, die heutzutage von einem Neuner verlangt werden: robust, kopfballstark, kombinationssicher und mit einem guten Torriecher ausgestattet. Im Gespräch mit SPOX zeigte sich Trainer Arie van Lent begeistert: "Luca hat im letzten Jahr riesige Fortschritte gemacht, weil er es selbst am meisten wollte. Ich bin mir sicher, dass bei ihm noch einiges drin steckt und bin gespannt, wohin ihn sein Weg führen wird."
Als eine Art Hybrid tritt Luca Waldschmitt für die Frankfurter Eintracht auf. Dank seiner Geschwindigkeit und einer ordentlichen Größe von 1,80 Meter kann der "Jungadler" im Grunde alle Positionen im Angriff spielen. Nur an der schnellen Ballverarbeitung hapert es noch ein wenig. Nichtsdestotrotz zeigt sich Trainer Armin Veh von dem Rohdiamant begeistert: "Der Junge hat Talent. Ich traue ihm zu, dass er es packt. Er hat etwas, was andere nicht haben."
Der größte Name im U19-Sturm ist sicherlich VfB-Talent Timo Werner. Bereits mit 17 Jahren und 164 Tagen debütierte der gebürtige Bad Cannstatter für die Schwaben und ist seitdem fester Bestandteil der Stuttgarter Bundesliga-Mannschaft. Neben seiner Marke als jüngster VfB-Bundesligaspieler aller Zeiten ist der begnadetet Sprinter auch der jüngste Doppeltorschütze im deutschen Oberhaus.
Doch auch an ihm sind die schwierigen Zeiten am Neckar nicht spurlos vorübergegangen. So tat sich Werner im Abstiegskampf ungemein schwer und erlebte seine erste fußballerische Krise im Profigeschäft. Neues Selbstvertrauen soll sich der Torjäger bei der U19 holen, um anschließend unter Neu-Trainer Alexander Zorniger wieder voll anzugreifen.
Fazit: Da sich Sorg gerne an einem Doppelsturm versucht, könnte für alle Kandidaten genügend Spielzeit anfallen. Leichte Vorteile genießt Werner, der sich im Dress der U19 extrem torgefährlich zeigte. Dazu kommt Rizzo, der aufgrund seiner Stärke als Wandspieler hervorzuheben ist.