Der Schock sitzt tief, zu tief. Erschüttert von den Terroranschlägen in Paris ändert der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seine Pläne: Der DFB schickte seine Weltmeister nach Hause zu ihren Lieben und sagte alle Termine für das Wochenende ab.
Erst am Sonntag, spätestens am frühen Abend, soll entschieden werden, ob das letzte Länderspiel des Jahres gegen die Niederlande am Dienstag überhaupt stattfinden wird. Am Samstag verzichtete die Mannschaft jedenfalls auf die Reise in den Spielort Hannover.
Aus bedrückender Nähe hatte die deutsche Delegation Terror erlebt, nach Fußball stand niemandem der Sinn. "Wir sind etwas ratlos, müssen beraten, was wir tun", sagte Bundestrainer Joachim Löw.
DFB-Interimspräsident Reinhard Rauball ließ aber eine Tendenz erkennen: "Wir sollten dem Terror nicht weichen", sagte er am Samstag nach der Landung am Frankfurter Flughafen.
Alle Termine gestrichen
Ähnlich äußerte sich Rainer Koch, der als 1. DFB-Vizepräsident derzeit gemeinsam mit Rauball die Amtsgeschäfte führt: "Grundsätzlich sehe ich den DFB und die Nationalmannschaft auch in der gesellschaftspolitischen Verantwortung, das klare Zeichen auszusenden, dass unser Rechtsstaat dem Terror nicht weichen darf." Teammanager Oliver Bierhoff fügte hinzu: "Es ist nichts final entschieden. Das Spiel steht erst mal. Aber wir werden intern darüber reden."
Der niederländische Fußballverband KNVB erklärte am Samstagmittag, Profifußball-Direktor Bert van Oostveen werde sich schnellstmöglich mit den DFB-Verantwortlichen austauschen.
Die DFB-Mitteilung "Alle Termine morgen sind gestrichen" war da schon versendet. Erst am Montag sollen die Nationalspieler von ihren Familien nach Hannover anreisen - wenn es keine Absage gibt. "Wir werden eine Nacht drüber schlafen und dann sehen, wie wir die Dinge am Dienstag angehen oder nicht angehen", sagte Rauball.
"Die Spieler waren sehr ängstlich"
Die Mannschaft hatte nach DFB-Angaben nach dem Länderspiel in St. Denis gegen den EM-Gastgeber Frankreich (0:2) bis zum Morgen im Stade de France ausgeharrt und war von dort zum Flughafen gebracht worden - ohne Umweg über das Hotel Molitor im 16. Arrondissement, gegen das es am Freitag eine Bombendrohung gegeben hatte. "Die Spieler waren sehr ängstlich. Wir wollten kein Risiko eingehen und wussten ja nicht, ob alle Wege gesichert gewesen wären", berichtete Bierhoff.
Zunächst hieß es, die Weltmeister hätten das Stadion um 2.15 Uhr in Kleinbussen verlassen. Das stellte sich allerdings als ein aus Sicherheitsgründen vollzogenes Manöver heraus - in den Bussen saßen die "Freunde der Nationalmannschaft". Ursprünglich sollte die DFB-Auswahl am Sonntag nach Hannover fliegen.
Mehr als 120 Tote
Am Freitagabend war es während der Niederlage der deutschen Elf gegen den kommenden EM-Gastgeber Frankreich zu mehreren terroristischen Angriffen in der Stadt gekommen, bei denen 129 Menschen getötet und rund 350 verletzt wurden. Zwei Bomben waren in Stadionnähe detoniert.
Bereits am Vormittag wurde die Mannschaft von einem Bombenalarm in dem Hotel aufgeschreckt, in dem die deutsche Delegation untergebracht worden war. Erst nach mehreren Stunden und der Entwarnung konnten sie in das zwischenzeitlich evakuierte Quartier zurück.
Die Nationalmannschaft gedachte auf ihrer Facebook-Seite der Opfer und postete in der Nacht zum Samstag ein neues Titelbild mit der in weiß gehaltenen Botschaft "#Nous sommes unis" ("Wir sind vereint") auf schwarzem Grund. Auch einige Nationalspieler, darunter Lukas Podolski ("#prayforparis"), sowie die Bundesligisten zeigten in den sozialen Netzwerken ihre Anteilnahme.
Diese Meldung wird fortlaufend aktualisiert.
Der Kommentarbereich ist geschlossen.