Mesut Özils Vater Mustafa hat sich erstmals zu der Debatte und zur heftigen Kritik an seinem Sohn geäußert. "Er ist geknickt, enttäuscht und gekränkt. Und ja: auch beleidigt. Die eigenen Fans haben ihn vor der WM beim Länderspiel in Österreich ausgepfiffen. Das kann er nicht verstehen", sagte der 50-Jährige der Bild am Sonntag.
Mustafa Özil, der bis 2013 Mesuts Berater war und seit einem Krach nur noch sporadisch Kontakt zu seinem Sohn hat, verriet außerdem, wie er auf die umstrittenen Bilder des deutschen Nationalspielers mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan reagiert hat.
"Ich habe gedacht: Das war jetzt keine so gute Idee. Ich habe aber nicht gedacht: Oha, jetzt bricht alles zusammen. Es war ja nicht das erste Foto von Mesut mit Erdogan. Ich wusste, dass das kein politisches Statement von ihm war oder Ähnliches", meinte Mustafa Özil.
Sein Erklärungsversuch: "Es war Höflichkeit. Sie müssen wissen: Mesut ist ein schüchterner Mensch, fast scheu. Wie hätte er dieses Foto ablehnen können, wenn ein Mann wie Erdogan ihn darum bittet? Das hätte Mesut als extrem unhöflich empfunden. Ich will gar nichts beschönigen, sondern nur erklären, dass Mesut das Foto nicht gemacht hat, um Erdogan zu unterstützen. Mesut ist Sportler, will Fußball spielen und hat mit Politik nichts am Hut. Darum hat er sich bei dem Foto auch nichts gedacht."
Özil: "Mesut möchte sich nicht immer verteidigen müssen"
Mustafa Özil gab außerdem seine Einschätzung zu dem viel kritisierten Verhalten von Mesut Özil ab, sich im Gegensatz zu Ilkay Gündogan überhaupt nicht zu den Vorkommnissen zu äußern.
"Er möchte sich nicht immer verteidigen müssen", sagte Mustafa Özil dazu: "Er spielt seit neun Jahren in der deutschen Nationalmannschaft, war davor auch in der U19, ist mit der U21 Europameister geworden, ist mit dem A-Team Weltmeister geworden, hat viel geleistet für dieses Land. Es hieß immer: Wenn wir gewinnen, gewinnen wir zusammen. Aber wenn wir verlieren, verlieren wir wegen Özil? Er wird nun ausgepfiffen und als Sündenbock hingestellt - da verstehe ich schon, dass er beleidigt ist."
Özil mit Kritik an Oliver Bierhoff: "Eine Frechheit"
In diesem Zusammenhang kritisierte Özils Vater auch DFB-Teammanager Oliver Bierhoff. Dieser hatte in einem Interview erklärt, man hätte darüber nachdenken müssen, sportlich auf Özil zu verzichten. Wenig später ruderte er wieder zurück.
"Diese Aussage ist eine Frechheit", polterte Mustafa Özil in Richtung Bierhoff: "Sie dient meiner Meinung nach nur dazu, die eigene Haut zu retten."
Vielmehr hätte es der DFB von Anfang an versäumt, ein besseres Krisenmanagement an den Tag zu legen. "Ich hätte mir zumindest gewünscht, dass der DFB mit Mesut und Ilkay zusammen eine Lösung findet, wie das Thema beendet werden kann. So hat Oliver Bierhoff hier etwas gesagt und Joachim Löw dort etwas und der Präsident hat auch noch was gesagt. Ilkay gibt ein schnelles Statement ab, um seine Haut zu retten, Mesut schweigt lieber - das war kein gutes Krisenmanagement", so Mustafa Özil.
Vater rät Mesut Özil zum Rücktritt aus dem DFB-Team
Besonders enttäuscht ist Özils Vater, weil sein Sohn in den Jahren zuvor noch als Figur für gelungene Integration in Deutschland gegolten hat: "Mesut war jahrelang ein Musterbeispiel. Darauf war ich als Vater natürlich stolz, denn das war mir ja wichtig, so habe ich ihn erzogen. Dass ihm nun all das - die Liebe zu Deutschland, sein Einsatz für dieses Land - abgesprochen wird, ist doch absurd. Er wird als Sündenbock hingestellt - das ist so ungerecht."
An Mesuts Stelle, so Mustafa Özil, würde er nun aus der Nationalmannschaft zurücktreten. "Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich sagen: Schönen Dank, aber das war es! Dafür ist die Kränkung dann doch zu groß", sagte Mustafa Özil.