Die deutsche U21-Nationalmannschaft hat sich dank einer starken Leistung im Halbfinale der Europameisterschaft knapp, aber hochverdient gegen die Niederlande durchgesetzt und zum dritten Mal in Folge das Endspiel erreicht. Beim 2:1 im ungarischen Szekesfehervar avancierte Florian Wirtz früh zum Matchwinner.
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Der Profi von Bayer Leverkusen traf bereits nach 29 Sekunden und legte sieben Minuten später nach. Auch im weiteren Spielverlauf war das deutsche Team zumeist deutlich überlegen, ließ aber reihenweise Großchancen aus, um schon frühzeitig für die Vorentscheidung zu sorgen. So sorgte der Anschlusstreffer, bei dem Schlussmann Dahmen keine gute Figur abgab, für eine nervenaufreibende Endphase.
"Finalist, das hört sich genau richtig an. Wir haben über die Tage gut regeneriert und hatten einen super Matchplan, der gleich aufgegangen ist", sagte Abwehrspieler David Raum bei ProSieben. "Wir wollten die Holländer überraschen, und das hat geklappt. Es war ein geiler und verdienter Sieg."
Auch bei Trainer Stefan Kuntz war die Freude groß: "Wir haben ein wirklich tolles Spiel gezeigt, vor allem in der ersten Halbzeit. Es freut mich von Herzen, dass wird das heute geschafft haben. Alles ist aufgegangen." Wirtz sei mit "vielen Vorschusslorbeeren hergekommen, heute hat er zurückgezahlt".
Im Endspiel trifft die deutsche Elf am Sonntag um 21 Uhr in Ljubljana auf Portugal, das sich zuvor mit 1:0 gegen Spanien durchgesetzt hatte.
Niederlande gegen Deutschland: Die Analyse
Beim DFB-Nachwuchs kehrte Leistungsträger Niklas Dorsch nach seiner Gelbsperre in die Startformation zurück (für Anton Stach), zudem ersetzte Salih Öczan den angeschlagenen Joshua Vagnoman. Dies hatte zur Folge, dass Ridle Baku im Vergleich zum Dänemark-Spiel eine Position nach hinten rutschte und davor Platz für Öczan machte. Keine Veränderungen gab es hingegen beim Gegner nach dem Last-Minute-Sieg gegen Frankreich.
Und das Spiel hätte nicht besser beginnen können! Die DFB-Team hebelte das niederländische Pressing aus, Nmecha bediente den eingelaufenen Wirtz ganz fein mit dem Außenrist, vor dem 2:0 ließ der Bayer-Youngster Botman alt aussehen. Deutschland formierte sich in einem 4-3-3 und war darauf bedacht, in der Zentrale ein Übergewicht gegen den spielstarken Erzrivalen zu schaffen.
Dies gelang, die wichtigen Zweikämpfe gingen allesamt an Maier, Schlotterbeck und Co. Die Niederländer schafften es kaum, ein strukturiertes Angriffsspiel aufzuziehen. Boadu und Leipzigs Kluviert hingen an vordester Front völlig in der Luft, nach Fehlern im Aufbau versuchte das Kuntz-Team, die schnelle Offensivreihe in Szene zu setzen.
Berisha setzte mit einem traumhaften Freistoß fast noch das i-Tüpfelchen (20.), kurz darauf musste Dahmen aus dem Nichts in höchster Not gegen Kluivert retten, den Stengs im Rücken der deutschen Innenverteidigung fand. Im Anschluss schaffte es Jong Oranje, das Spiel ausgeglichener zu gestalten, Deutschland zollte dem immensen Tempo der Anfangsphase etwas Tribut. Die besseren Chancen verzeichnete jedoch weiter Deutschland (Wirtz, Nmecha zweimal). Auf niederländischer Seite kamen de Wit und Boadu einem Torerfolg am nächsten.
Die Niederländer kamen mit einem Wechsel und deutlich mehr Schwung aus der Kabine. Beim DFB-Team fehlte der Zugriff, insbesondere im Mittelfeld. Diese Phase war schnell Geschichte, innerhalb weniger Sekunden scheiterte Berisha nach einem Konter nach Maß zweimal am Aluminium. Plötzlich stand es dennoch 1:2, Nmecha hatte unglücklich auf Schuurs verlängert, der unter gütiger Mithilfe von Dahmen einschob und eine hektische Schlussphase einläutete.
Bei Deutschland häuften sich die Krämpfe, für Nmecha und Wirtz war früh Feierabend, Boadu bot sich gar die Chance auf den Ausgleich. Die frischen deutschen Offensivspieler um Jonathan Burkhardt und Karim Adeyemi schafften es durch gutes Anlaufverhalten zumeist, den Druck vom eigenen Tor fernzuhalten. Gezittert werden musste dennoch bis zum Schluss: Dahmen war im Eins-gegen-Eins vor Boadu am Ball, dieser traf außerdem aus dem Abseits.
Niederlande - Deutschland: Die Aufstellungen
Niederlande: Bijlow - Teze, Schuurs, Botman (77. Rensch), Malacia - De Wit, Harroui (46. Matusiwa), Kadioglu (69. Sierhuis) - Stengs (59. Dilrosun), Boadu, Kluivert. - Trainer: van de Looi
Deutschland: Dahmen/FSV Mainz 05 - Baku/VfL Wolfsburg, Pieper/Arminia Bielefeld, Schlotterbeck/Union Berlin, Raum/SpVgg Greuther Fürth - Maier/Arminia Bielefeld (79. Stach/SpVgg Greuther Fürth), Dorsch/KAA Gent - Wirtz/Bayer Leverkusen (68. Burkardt/FSV Mainz 05), Özcan/1. FC Köln (68. Janelt/ FC Brentford), Berisha/Red Bull Salzburg (84. Jakobs/1. FC Köln) - Nmecha/RSC Anderlecht (68. Adeyemi/Red Bull Salzburg). - Trainer: Kuntz
Niederlande - Deutschland: Die Daten zum Spiel
Tore: 0:1 Wirtz (1.), 0:2 Wirtz (8.), 1:2 Schuurs (67.)
- Bereits in der Gruppenphase der EM im März waren die beiden Teams aufeinandergetroffen, damals gelang dem Lukas Nmecha nach einem Patzer von Torwart Finn Dahmen der späte Ausgleich zum 1:1-Endstand.
- Florian Wirtz hat das schnellste Tor in der Geschichte der U21-Europameisterschaften erzielt. Der 18-Jährige traf nach exakt 29 Sekunden zum 1:0 und war damit elf Sekunden schneller als David Rozehnal im Jahr 2002. Der Tscheche hatte in Zürich ebenfalls im Halbfinale gegen Italien nach 41 Sekunden getroffen.
Gegen Portugal hat Deutschland in drei EM-Spielen dreimal verloren. Das 0:5 im Halbfinale 2015 ist bis heute die höchste Niederlage der U21-Geschichte.
Der Star des Spiels: Florian Wirtz (Deutschland)
Am Doppeltorschützen führt kein Weg vorbei. Der Aufforderung, sein immenses Potenzial auf den Platz zu bringen, kam er ab der ersten Sekunde nach. Schnürte fast den Dreierpack und legte so den Grundstein für den erneuten Finaleinzug. Auch ungemein wichtig: Rückkehrer Niklas Dorsch.
Der Flop des Spiels: Sven Botman (Niederlande)
Der Abwehrchef aus Lille, der bei zahlreichen Topklubs auf dem Zettel steht, sah sich des Öfteren direkten Duellen mit Wirtz ausgesetzt. Diesen zugegebenermaßen undankbaren Job erledigte er ganz schwach. Beim 0:2 düpiert, wenige Minuten später verschuldete er fast den nächsten Treffer. In der Folge sichtbar verunsichert. Ebenfalls schwach: Abdou Harroui, der vorbelastet zur Pause raus musste.
Der Schiedsrichter: Sandro Schärer (Schweiz)
Der Schweizer leistete sich keine groben, spielentscheidenden Fehler, hatte allerdings immer wieder Probleme in der Zweikampfbewertung. Übersah in Halbzeit eins ein klares Foul von Raum, zudem wäre Gelb für Kluivert nach viel zu späten Einsatz gegen Dahmen angebracht gewesen.