Vor 60.209 Zuschauern im Signal Iduna Park sicherte sich Deutschland schnell den Ballbesitz. Zur Pause führte die Mannschaft von Joachim Löw verdient durch einen Treffer von Thomas Müller (18.) nach Flanke von Sebastian Rudy.
Die zweite Hälfte wurde jedoch unkonzentrierter. Mehr Ballverluste und Ungenauigkeiten führten zum Ausgleich durch Ikechi Anya (66.), ehe es erneut Müller (70.) war, der für die Führung sorgte.
Sorgen machte Marco Reus: Der Dortmunder verletzte sich in der Schlussphase am linken Knöchel und lag minutenlang mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen. Reus erwischte es am selben Fuß, an dem er sich bereits vor der WM im Testspiel gegen Armenien weh tat. Löw gab nach dem Spiel zwar dezent Entwarnung, eine genauere Diagnose soll am Montag erfolgen.
Reaktionen:
Joachim Löw (Trainer Deutschland): "Ich bin zufrieden mit den drei Punkten. Es war wichtig, dass wir mit einem Sieg starten. Die Schotten hatten nichts zu verlieren. Für mich war es klar, dass es schwer werden würde nach der WM. Die jungen Außenverteidiger haben ihre Sache ordentlich gemacht. In der zweiten Halbzeit sind wir defensiv generell etwas geschwommen. Wir waren nicht mehr ganz so gut organisiert und haben etwas die Kontrolle über das Spiel verloren. Bei Marco Reus scheint es nicht ganz so schlimm zu sein, aber wir müssen die Untersuchung abwarten."
Gordon Strachan (Trainer Schottland): "Es war mehr für uns drin. Als wir das 1:1 erzielt haben, habe ich wirklich daran geglaubt, dass wir gewinnen können. Aber wir haben immer zu schnell den Ball verloren. Wenn Du einen Spieler hast wie Müller, der 2,50 m hoch springen kann, kannst Du die Tore aber nicht vermeiden. Er ist einfach eine Maschine."
Thomas Müller: "Ich habe das im Vorfeld nicht aus Spaß gesagt, dass es eng werden würde. Die Schotten haben nach dem Trainerwechsel noch kein Spiel verloren, sie sind sehr geordnet. Wir waren in der zweiten Halbzeit nicht ganz so souverän, wie wir uns das vorgestellt haben. Da wurde es halt etwas eng. Aber ich kann gut damit leben."
Manuel Neuer: "Das Wichtigste war, dass wir mit drei Punkten starten - wie, ist dann auch egal. Wir haben unsere Pflicht erfüllt. Wir wussten, dass die Schotten auch kontern können, und das haben sie wirklich gut gemacht."
Lukas Podolski: "Die drei Punkte sind das Wichtigste. Wir wollen alle zur Europameisterschaft. In der ersten Halbzeit haben wir gut gespielt. Die Schotten haben aber gut gekontert, waren gefährlich. Sie haben uns alles abverlangt."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Ein paar Änderungen gibt es beim deutschen Team. Jerome Boateng ist fit und verteidigt rechts innen, flankiert wird er von Sebastian Rudy. Im Angriff darf Mario Götze ran, für Gomez bleibt nur die Bank. Christoph Kramer startet im Mittelfeld.
Die Schotten müssen auf Co-Kapitän Scott Brown verzichten. Der zuletzt glänzend aufgelegte Steven Naismith beginnt dafür an vorderster Front, Unterstützung erhält er von Ikechi Anya und James Morrison.
7.: Richtig gute Möglichkeit für Müller. Der FCB-Stürmer köpft aber völlig frei vor dem Tor neben den Pfosten.
9.: Wieder eine Flanke, die für Gefahr sorgt. Durm spielt hoch an den langen Pfosten, diesmal wird Müllers Ball von einem Verteidiger abgefangen.
14.: Anya geht energisch an Boateng vorbei und spielt flach in die Mitte. Über Umwege kommt Bannan zum Abschluss, Höwedes hat aber sein Bein dazwischen.
18., 1:0, Müller: Schottland offenbart seine Problemzone: Die Halbräume. Rudy kann weit hineinziehen und flankt in die Mitte. Diesmal hat Müller das nötige Glück und versenkt per Kopf.
27.: Reus zieht ab, diesmal kann Marshall nur abklatschen lassen. Schürrle kommt von links und schießt, wird aber auch geblockt.
38.: Schürrle spielt einen flachen Ball in die Mitte zu Reus. Der trifft nicht richtig, Marshall kann hinterhechten und das zweite Tor verhindern.
48.: Hutton mit einem Dribbling aus der eigenen Hälfte bis an den Strafraum. Den Querpass holt sich Naismith und lässt die Verteidigung schlecht aussehen. Sein Schuss landet am Pfosten.
51.: Ein Freistoß wird auf die Höhe des Elfmeterpunkts abgewehrt. Schürrle zieht sofort ab, allerdings weit drüber.
62.: Nach einer Doppelchance für Deutschland spielt Schottland schnell. Naismith mit der Flanke, Morrison scheitert per Kopf.
66., 1:1, Anya: Götze mit einem einfachen Ballverlust, der Gegner schaltet schnell. Anya startet aus der eigenen Hälfte, überläuft Höwedes und lässt Neuer keine Chance.
70., 2:1, Müller: Nach einer Ecke wird es unübersichtlich. Höwedes erobert den Ball mit gestrecktem Bein, Müller zimmert ihn aus gut fünf Metern unter die Latte.
88.: Mario Götze findet erst spät in die Partie. Ein gutes Dribbling bringt in ihn spitzer Position zum Abschluss, sein Lupfer hüpft aber am langen Pfosten vorbei.
90.: Warmer Applaus für Marco Reus, der sich bei einem Zweikampf mit Mulgrew verletzt und vom Feld gestützt werden muss. Für ihn kommt Matthias Ginter.
90+2.: Mulgrew schlägt einen Ball weg, nachdem der Unparetiische gepfiffen hatte. Gelb-Rote Karte für den Schotten, nachdem er vor wenigen Minuten erst verwarnt worden war.
90+3.: Müller mit einem Schuss aus etwa 20 Metern. Der Ball geht an den Pfosten.
Fazit: Durchaus verdienter Sieg der deutschen Nationalmannschaft. In der zweiten Hälfte präsentierte sich die Elf von Joachim Löw jedoch schlampig und unkonzentriert, was das Spiel unnötig spannend machte.
Der Star des Spiels: Thomas Müller. Gegen einen defensivstarken Gegner wie die Schotten braucht es Spieler wie Müller. Laufstark und mit dem Willen, Lücken zu reißen. Dazu in den entscheidenden Situationen an der richtigen Stelle und eiskalt im Abschluss. Stark auf der Gegenseite: Naismith und Anya.
Der Flop des Spiels: Darren Fletcher. Eigentlich Lenker im Mittelfeld und mit großer Verantwortung ausgestattet, um die Defensive zu lenken, ließ der Mann von United seine ordnende Hand vermissen. Eine miserable Passquote von 60 Prozent und schwache Zweikampfführung brachten ihm eine frühe Auswechslung ein.
Der Schiedsrichter: Svein Oddvar Moen. Der Norweger kann auf ordentlich Erfahrung zurückgreifen und leitete das faire Spiel dementsprechend unaufgeregt. Die Gelb-Rote Karte zum Schluss war sehr hart, besonders angesichts der fast abgelaufenen Spielzeit. Pfiff Sekunden später keine Ecke mehr für Schottland. Sonst jedoch weitgehend unauffällig und damit angenehm.
Das fiel auf:
- Gegen den Ball arbeitete Schottland in einem klassischen 4-4-2 mit Mittelfeldpressing. Der Spielaufbau sollte auf die Außen gelenkt und dort schnell gestoppt werden.
- Dabei fiel jedoch auf, dass die Lücke zwischen Stürmer und erster Viererkette in ihrer Größe stark variierte. Beide Angreifer rückten bei Gelegenheit weit raus.
- Mit Ball wurde man etwas mutiger. Naismith behauptete lange Bälle und versuchte schnell weiterzuspielen. Besonders bei hohen Bällen behielt Schottland offensiv die Überhand.
- Löw hatte sein Team gut eingestellt. Als abkippender Sechser eröffnete Kroos mit seinen Querbällen das Spiel und nutze so die Schwächen des flachen 4-4-2 aus.
- Dafür riss die Offensive gegen die recht mannorientierten Schotten Lücken auf. Besonders Kramer zeigte sich hier in ungewohnter Rolle sehr stark.
- Probleme hatte die DFB-Elf allerdings in der schnellen Balleroberung. Schottland spielte direkt und schnell, Deutschland bekam keinen Zugriff.
- Sebastian Rudy zeigte, dass er durchaus das Potenzial mitbringt, um die Position von Lahm auszufüllen. Allerdings mit einer schwächeren zweiten Hälfte, als er zusehends unter Druck geriet. Mit mehr Erfahrung und Routine jedoch sicherliche eine solide Alternative.
Deutschland - Schottland: Daten zum Spiel