Deutschland verliert nach 2:0-Führung

Deutschland musste sich in Berlin England mit 2:3 geschlagen geben
© getty

Die deutsche Nationalmannschaft ist mit einer Niederlage ins EM-Jahr 2016 gestartet. Gegen England verlor das Team von Bundestrainer Joachim Löw mit 2:3 (1:0).

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Vor 71.413 Zuschauern im Berliner Olympiastadion ging Deutschland durch ein Weitschusstor von Toni Kroos kurz vor der Halbzeit in Führung (43.). Englands Torhüter Jack Butland machte dabei keine gute Figur. Nach dem Seitenwechsel erhöhte Mario Gomez auf 2:0 (57.).

Nur vier Minuten später war England durch einen Treffer von Harry Kane aber wieder im Spiel. Der eingewechselte Jamie Vardy sicherte den Three Lions mit einem Traumtor per Hacke den verdienten Ausgleich (74.). Wie schon beim 4:4 gegen Schweden verspielte Deutschland in Berlin also eine klare Führung.

Und es kam noch dicker. In der ersten Minute der Nachspielzeit erzielte Eric Dier nach einer Ecke per Kopfball das Siegtor für England. Am Dienstag trifft die DFB-Elf im zweiten Test in München auf Italien (20.45 Uhr im LIVETICKER).

Reaktionen:

Joachim Löw (Bundestrainer): "Die Niederlage ist ärgerlich, aber nicht ganz unverdient. Die Engländer haben das Spiel verdient gewonnen. Auch bei 2:0-Führung haben wir kein dynamisches Spiel gemacht und haben auch da Chancen zugelassen. Es hatte sich so angedeutet. Die Engländer haben uns zugestellt, wir haben es nicht gut gelöst. Ich ärgere mich über diese Niederlage."

Thomas Müller (Bayern München): "Insgesamt war es ein ordentlicher Auftritt. In Testspielen kommen wir nicht an die 100 Prozent. Da ertappt man sich auch mal dabei, nicht immer den letzten Schritt zu machen. Als Mannschaft sind wir nicht zufrieden. Freundschaftsspiele haben nicht den ganz großen Wert, aber trotzdem fahren wir hier nicht freudestrahlend raus."

Mario Gomez (Besiktas): "Das ist ein Stück weit unerklärlich. Bis zum 2:0 haben wir richtig gut gespielt, haben aber vielleicht unsere Chancen nicht gut genug genutzt. Danach haben wir zu weit auseinander gestanden, und bei Standards sind die Engländer eben eine Macht. Ich persönlich freue mich, wieder dabei zu sein, und dass ich wieder die Körner habe mitzugehen. Ich schaue jetzt auch mehr darauf, der Mannschaft zu helfen, und weniger darauf, ob ich ein Tor mache oder nicht."

Toni Kroos (Real Madrid): "Wenn man spielt, will man auch gewinnen. Von daher ist das Ergebnis immer wichtig. Wir haben in der zweiten Halbzeit schlecht verteidigt. Zwar hatten wir auch eine neue Formation in der Abwehr, aber das hätte trotzdem nicht passieren dürfen."

Sami Khedira (Juventus Turin): "Eine unnötige, dumme Niederlage. Jeder Einzelne muss sich darauf besinnen, hart zu arbeiten. Wir haben bis zum 2:0 viel richtig gemacht, danach weniger. Dann hat England uns bestraft. Wir haben aber 60 Minuten ein gutes Spiel gemacht. Das müssen wir gegen Italien und dann bei der EM besser machen."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: In Abwesenheit von Schweinsteiger führt Khedira das Team als Kapitän aufs Feld. Rüdiger bildet mit Hummels die Innenverteidigung, Can spielt erneut Rechtsverteidiger. Gomez beginnt wie angekündigt im Sturm.

Die Engländer haben kein großes Geheimnis aus ihrer Aufstellung gemacht und sie schon vormittags ins Internet gestellt. Im Tor ersetzt Butland den angeschlagenen Hart. Ebenso fehlen Rooney und Sterling verletzt. Dafür feiert Rose sein Länderspieldebüt. Im Sturm beginnen Welbeck und Kane.

4.: Müller bedient von rechts Khedira am Strafraum, der ganz viel Platz hat, braucht aber einen Tick zu lange, so dass sein Linksschuss aus 16 Metern zur Ecke abgelenkt wird.

27.: Und plötzlich zappelt der Ball im Netz - aber der von halbrechts aus 12 Metern einnetzende Gomez soll bei Khediras Pass aus der Mitte im Abseits gestanden haben. Fehlentscheidung.

38.: Kane setzt sich auf halbrechts durch und spielt diagonal an den Strafraum zu Welbeck. Dessen Ablage landet an der Strafraumgrenze bei Lallana, der deutlich verzieht.

43., 1:0, Kroos: Özil fängt einen langen Ball der Engländer an der Mittellinie ab, spielt Doppelpass mit Khedira und dann auf Kroos. Der geht durchs Mittelfeld und zieht links aus 20 Metern ab. Links unten schlägt's ein - muss er halten.

45.: Englands Keeper Butland hatte sich in einer Szene vor dem Tor schon verletzt und muss jetzt ausgewechselt werden. Möglicherweise hat ihn die Verletzung auch beim Schuss von Kroos beeinflusst. Forster ersetzt ihn zwischen den Pfosten.

45.: Reus kann auf links mal Tempo aufnnehmen und spielt von der Grundlinie in den Rücken der Abwehr auf Gomez. Der legt sich den Ball nochmal zurecht und zieht aus 16 Metern mit links ab. Rose grätscht den Schuss im Fünfer weg.

46.: Tah kommt für Hummels und feiert sein Länderspieldebüt. Er ist der 78. Debütant unter Löw.

50.: Reus mit einem Freistoß aus dem linken Halbfeld mit Zug zum Tor. Der Ball springt nochmal auf, aber Forster fischt ihn aus dem rechten Winkel.

55.: Can verliert im eigenen Strafraum an der Grundlinie den Ball gegen Welbeck. Der bedient Henderson im Rückraum, aber dessen Schuss aus 14 Metern wehrt Hector drei Meter vor dem Tor ab.

57., 2:0, Gomez: Khedira mit einer guten Flanke aus dem rechten Halbfeld. Gomez setzt sich im Rücken von Cahill ab und netzt per Kopf aus acht Metern rechts unten ein.

61., 2:1, Kane: Nach einer Ecke bekommt Müller den Ball am rechten Fünfereck nicht weg, Kane schnappt sich das Leder und tanzt mit einem Hackentrick nahe der Strafraumgrenze auch noch Özil aus - bevor er den Ball von halbrechts aus 12 Metern durch die Beine von Müller hindurch ins linke Eck schießt.

69.: Lallana und Dele Alli kombinieren sich im Doppelpass auf halblinks durch die deutsche Abwehr, aber der Mann von Tottenham scheitert dann aus zwölf Metern an der Fußspitze von Manuel Neuer. Gute Parade des Nationalkeepers!

74., 2:2, Vardy: Clyne zündet auf rechts den Turbo und spielt eine halbhohe Flanke zur Mitte. Der eingewechselte Vardy geht mit dem Tempo in den Ball und trifft mit der Hacke ins kurze Eck. Traumtor!

84.: Khedira mit einem schlimmen Fehlpass im eigenen Strafraum. Vardy bedient Dele Alli, der aus zehn Meter freistehend über das Tor schießt. Das muss das 3:2 für England sein...

90.+1., 2:3, Dier: Henderson mit der Ecke von rechts. Dier gewinnt das Kopfballduell gegen Schürrle und nickt rechts unten ein.

Fazit: Deutschland sah in einem erst in der zweiten Halbzeit packenden Spiel wie der sichere Sieger aus, aber England kam gewaltig zurück und belohnte sich in der Schlussminute für eine gute Vorstellung.

Der Star des Spiels: Jamie Vardy. Zeigte in der kurzen Zeit als Einwechselspieler seine Qualitäten. Überragender Abschluss mit der Hacke beim 2:2 und immer mit Zug Richtung Tor. Zeigte sich nach dem kapitalen Fehlpass von Khedira auch uneigennützig, als Dele Alli dann drüber schoss.

Der Flop des Spiels: Emre Can. Immer wieder mit Abstimmungsproblemen mit Rüdiger, hatte auch den Raum in seinem Rücken nicht im Griff. Schenkte England eine Großchance durch einen Ballverlust im eigenen Strafraum und leitete den Konter vor dem 2:2 durch einen Fehlpass auf Özil ein.

Der Schiedsrichter: Gianluca Rocchi (Italien). Gute Spielleitung, wurde von seinem Assistenten aber bei Gomez' angeblichen Abseitstreffer im Stich gelassen.

Das fiel auf:

  • Zäher Start ins Länderspieljahr. Deutschland hatte gegen im 4-3-3 gut geordnete Engländer Probleme im Spielaufbau. Die Three Lions stellten nach Möglichkeit vorne zu und pressten dann im Mittelfeld. Das DFB-Team fand über Kroos und Khedira nur selten den Weg nach vorne in die offensive Dreierreihe, das Passspiel war durch die Bank zu fehlerhaft. Und lange Bälle verteidigten die Engländer gut.
  • Sobald die Deutschen allerdings die erste Pressinglinie mal überspielt hatten, bekamen die Engländer Probleme. Entweder weil Deutschland dann Tempo in großen Räumen aufnehmen konnte oder weil Englands Verteidigung am eigenen Strafraum sehr passiv und nicht stabil war.
  • England machte einen auf die Deutschen gut vorbereiteten Einrdruck. Aus den vielen Ballgewinnen machten die Gäste aber zu wenig. Sie kamen zwar immer wieder gefährlich in den Strafraum, im Abschluss waren Kane, Welbeck und Lallana aber anfangs zögerlich und ungenau.
  • Nach dem Seitenwechsel nahmen Tempo und Intensität im Spiel deutlich zu. Beide Mannschaften mit klareren und zielstrebigeren Aktionen im Umschaltspiel. Defensive Stabilität boten weder die Deutschen noch die Engländer. Die DFB-Elf nach dem 2:0 wohl zu sicher und dann nicht mehr im Spiel und ohne Kontrolle.

Deutschland - England: Daten zum Spiel