SPOX: Herr Kagawa, wie macht sich denn Ihr neuer Vermieter? Seit Ihrer Rückkehr zum BVB im Sommer 2014 wohnen Sie im Haus von Ex-Dortmunder Mohamed Zidan.
Shinji Kagawa: Ich kann bislang nur Positives berichten. (lacht) Ich benutze jetzt seine Möbel und muss sagen, Mo hat es sich dort schön eingerichtet. Als ich einzog, hat er mich einigen Leuten in der Nachbarschaft vorgestellt, die sehr hilfreich sind und mich wenn nötig unterstützen. Es ist ein wirklich schöner Fleck der Stadt, die Wohnqualität ist hoch.
SPOX: Während Ihrer ersten Zeit in Dortmund lebten Sie noch in einem Haus, in dem auch Ilkay Gündogan und Ivan Perisic ihre Wohnungen hatten.
Kagawa: Das war natürlich auch sehr cool. Gerade für jemanden wie mich, der neu in Deutschland und auf etwas Hilfe angewiesen war. Mittlerweile bin ich allerdings viel häufiger für mich alleine zu Hause. Ich gehe auch viel seltener aus oder mit den Teamkollegen essen.
SPOX: Weshalb?
Kagawa: Wir essen mit der Mannschaft ja sowieso regelmäßig zusammen auf dem Trainingsgelände, so dass ich das Abendessen eben meistens in den eigenen vier Wänden zu mir nehme. Ich fahre nach der letzten Trainingseinheit des Tages nun fast immer direkt nach Hause, weil das zu meiner Regeneration und Vorbereitung auf das nächste Spiel beiträgt. Ich bin beinahe schon ein Stubenhocker. (lacht)
SPOX: War das in den letzten Jahren noch anders?
Kagawa: Ja. Was Dinge wie Ernährung, Schlaf und die Verhaltensweisen außerhalb des Spielfelds angeht, haben wir uns unter Thomas Tuchel komplett neu aufgestellt. Der Trainer hat diesbezüglich gleich zu Beginn seine Vorstellungen verdeutlicht. Das kam bei jedem Spieler sehr gut an, so dass innerhalb der Mannschaft nun ein anderes Bewusstsein für diese Themen vorherrscht. Es ist kein riesiger Unterschied zu den Vorjahren, wenn aber an solch kleinen Stellschrauben gedreht wird, kann das letztlich einen großen Effekt auf die Gesamtheit haben. Wir haben schließlich viele Spiele zu bestreiten und müssen daher die einzelnen Zeitfenster so effektiv wie möglich nutzen.
SPOX: Sie hatten in der Vorsaison nach Ihrer Rückkehr mit körperlichen Problemen zu kämpfen und kamen nur schwer in Tritt. War Ihnen da unabhängig von Thomas Tuchel klar, dass Sie etwas verändern wollen?
Kagawa: Eindeutig. Mir war bewusst, dass ich an meiner Spielvorbereitung arbeiten muss, damit ich wieder auf ein höheres Level komme. Es ist wichtig, dem Kreislauf aus Spielen, Trainingseinheiten, Ernährung und Regeneration sinnvoll zu begegnen. Dank den Ratschlägen des Trainers habe ich jetzt meinen eigenen Rhythmus gefunden, der sich deutlich von dem zuvor unterscheidet. Ich freue mich darüber, dass es gut klappt und versuche dranzubleiben, aber Luft nach oben gibt es natürlich immer. Es ist ein fortwährender Prozess.
SPOX: Sie sollen auch ein speziell angefertigtes Bett zu Hause haben, damit Ihr Schlaf noch ergiebiger wird.
Kagawa: Ich habe mir in der Tat ein paar Dinge zugelegt, um meine Regenerationszeiten so nützlich wie möglich zu gestalten. Ich bin auch überzeugt davon, dass dies langfristig dazu beitragen wird, ein besserer Spieler zu werden. Bei mir um die Ecke gibt es ein Fitnessstudio, in das ich gelegentlich gehe, um etwas Fahrrad zu fahren. Thomas Tuchel ist das Thema Regeneration sehr wichtig, er schärft immer wieder mit konkreten Hinweisen unser Bewusstsein dafür.
SPOX: Die Mannschaft scheint diese neuen Einflüsse von der ersten Minute an regelrecht aufgesaugt zu haben.
Kagawa: Ja, wir waren und sind gegenüber den Neuerungen sehr positiv eingestellt. Es ist eine neue Schärfe eingekehrt. Wir bereiten uns sehr gut auf die Spiele vor und bleiben konzentriert. Die Atmosphäre innerhalb des Teams ist während der Trainingseinheiten sehr leistungsorientiert, was auch dem Trainer zu verdanken ist. Das sind für mich die Gründe, weshalb unser Selbstvertrauen wieder gewachsen ist und wir bislang so viele Spiele gewonnen haben.
SPOX: Für die Borussia scheint der zweite Platz in der Bundesliga fast schon zementiert, der Abstand nach oben und unten ist groß. Wie beurteilen Sie den bisherigen Saisonverlauf?
Kagawa: Gut. Ich finde, dass unsere Art Fußball zu spielen sehr attraktiv ist. Damit wollen wir nächste Saison in der Champions League bestehen, das steht im Vordergrund. Wir haben schon einige Partien abgeliefert, in denen man die wahren Fähigkeiten des BVB sehen konnte. Es war natürlich extrem wichtig, das Spiel in Wolfsburg zu gewinnen. Die Bayern stehen aber über uns, sie haben einfach eine enorme Qualität und spielen eine außergewöhnliche Saison. Als Zweiter hat man natürlich auch immer den ersten Rang im Blick. Aber wir tun gut daran, vor allem auf die Mannschaften hinter uns zu schauen und setzen alles daran, den Abstand zu halten und bestenfalls noch zu vergrößern. Wenn es bis zum Ende der Saison dann noch eine kleine Chance gebe, von Platz zwei nach oben zu kommen, dann werden wir natürlich versuchen, diese zu nutzen.
SPOX: Sie haben bislang in 24 Pflichtspielen acht Tore und acht Vorlagen beigesteuert. Einige Beobachter sprachen bereits davon, der "alte" Kagawa aus den Meisterjahren 2011 und 2012 sei zurück. Wie zufrieden sind Sie mit Ihren persönlichen Leistungen?
Kagawa: Meine ersten beiden Spiele nach der letzten Länderspielpause gegen Hamburg und Stuttgart waren nicht gut. Das hat mich gewurmt. Ich bin selbstkritisch, was meine Statistiken angeht. Ich denke, dass die Anzahl meiner Tore und Vorlagen nicht ausreichend ist. Ich möchte besser spielen und das vor allem konstant, so dass ich in jeder Partie an Toren beteiligt bin. Das ist eine Herausforderung, aber ich bin ehrgeizig und versuche das durch die Trainingseinheiten zu verbessern. Ich spüre aktuell keine Genugtuung.
SPOX: Wie war es im Vorjahr, als Sie aus Manchester nach Dortmund zurückkehrten und dann nicht an die Leistungen aus Ihren ersten beiden Jahren beim BVB anknüpfen konnten?
Kagawa: Die Erwartungen an mich waren riesig. Sowohl Fans, als auch Medien dachten, dass ich auf Anhieb großen Einfluss auf das Spiel haben werde. Es tat mir leid, dass ich diese Hoffnungen nicht erfüllen konnte. Die Kritik an mir war berechtigt und ich habe mich auch mit ihr auseinandergesetzt. Wenn man für einen Klub wie den BVB spielt, der auf Siege angewiesen ist, dann kann es schnell passieren, dass man kritisiert wird. Im Fußball zählt nur das Resultat. Wenn das stimmt, dann wird man gelobt, wenn nicht, wird man kritisiert. Ich versuche, mich nicht zu sehr davon beeinflussen zu lassen und will dieses Auf und Ab in meinen Leistungen aus dem Vorjahr reduzieren.
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