Niko Kovac trifft in seinem letzten Spiel als Trainer von Eintracht Frankfurt auf seinen zukünftigen Arbeitgeber FC Bayern München (Sa., 20 Uhr im LIVETICKER). Der Wechsel des 46-Jährigen wurde von allerlei Nebengeräuschen begleitet. Etwas zu kurz kam dabei die sportliche Betrachtung und die Frage, ob Kovac mit seiner Art des Arbeitens zum FC Bayern passt.
Niko Kovac: Das Training
Jupp Heynckes gilt als großer Spielerversteher und es war auch eine der wichtigsten Leistungen des Routiniers, den Klub und die Mannschaft nach der Ära Carlo Ancelotti zu befrieden. Aber Heynckes hat vom ersten Tag auch keinen Hehl daraus gemacht, dass er mit dem Fitnesszustand seiner Spieler nicht einverstanden war.
Er hat deshalb den Umfang sowie die Trainingsintensität erhöht und von den Spielern Seriosität und Einsatz in den Einheiten eingefordert. Mit der Ankunft von Kovac ist mit einer weiteren Steigerung der Belastung zu rechnen. Der 46-Jährige hat sich in Frankfurt den Ruf eines harten Hundes erarbeitet. Kevin-Prince Boateng erwartet, dass die Mannschaft kommende Saison "das fitteste Bayern sein wird, das es je gab".
So lässt sich auch das Trainingslager am Tegernsee erklären, dass die Bayern nach ihrer USA-Reise im Juli einlegen sollen. Kovac dürfte der größte Schleifer seit Felix Magath an der Säbener Straße sein. Aber Kovac lebt diese Arbeitsamkeit und diese Disziplin auch vor, er wirkt mit 46 Jahren noch immer so drahtig und durchtrainiert, als könnte er sich jeder Zeit selbst einwechseln.
"Er redet immer wieder intensiv mit uns, dass wir beim Thema Fitness und Siegermentalität nicht nachlassen sollen und immer einen Schritt mehr machen müssen. Das alles lebt er auch selber vor", sagt Boateng.
Niko Kovac: Die Taktik
Niko Kovac steht nicht im Verdacht, zur Generation der Laptop-Trainer zu gehören. Der 46-Jährige hat eine durchaus ruhmreiche Spielerkarriere hinter sich und bedient sich meistens lieber im Vokabular der Spieler als der Akademiker. Das heißt aber nicht, dass Kovac ein Old-School-Trainer ist.
Der ehemalige kroatische Nationalspieler hat in seinen zwei Jahren in Frankfurt eine breite Palette an taktischen Konzepten und systemischen Grundformationen auf den Platz gebracht, die denen der hoch gehandelten Youngster in nichts nachstehen.
Grundlegend für seine taktische Arbeit sind die Qualität der eigenen Mannschaft und die Spielweise des Gegners. Mit der Eintracht hat er sich meistens dem Kontrahenten angepasst. Es gehört zu den spannenden Fragen, wie er seine Art des Coachings beim FC Bayern weiterentwickelt.
Jupp Heynckes hat wenige bis gar keine Reaktion auf die Qualitäten des Gegners gezeigt und die Bayern mit der Mia-san-Mia-Attitüde auf dem Platz geschickt. Seinem Vor-Vorgänger Pep Guardiola wurde die Anpassung an den Gegner, das Wechselspiel zwischen den Formationen und die Personalrochaden in München von Kritikern oft auch als Schwäche ausgelegt.
Auch Kovac mag das Taktikgeplänkel, das es zwischen Trainern in der Bundesliga von Zeit zu Zeit gibt. Aktion und Reaktion, hier ein Schachzug, dort die Antwort. Da werden während einer Partie schon mal diverse Formationen gespielt und Spieler zwischen den Positionen hin und her geschoben.
"Ich hatte noch nie einen Trainer, der dich so gut auf den Gegner vorbereitet. Wenn du eins zu eins das machst, was er sagt, wird das Spiel erfolgreich sein", sagt Kevin-Prince Boateng, der u.a. auch mit Jürgen Klopp zusammenarbeitete.
Dass Kovac eher anders wahrgenommen wird, liegt auch an einem verkürzten Zitat aus der Vergangenheit. "Herz ist wichtiger als Taktik", sagte Kovac als kroatischer Nationaltrainer 2015. Alleinstehend ein Satz, der Wasser auf die Mühlen aller Bedenkenträger ist. Nur ging es damals um viel mehr als eine grundsätzliche Einstellung Kovac' zu taktischen Fragen, es ging um den Zustand des kroatischen Fußballs allgemein und unter welchen externen Einflüssen die Spieler stehen. Wenn die Konzentration fehle, müsse man über Taktik gar nicht reden.
Kovac hat der Eintracht auf jeden Fall einen klaren Plan vermittelt, sowohl defensiv als auch offensiv. Es ist klar, dass sich dieser Plan mit den größeren Qualitäten der Bayernspieler verändern wird, aber in Sachen Organisation, Struktur und Aufbau war eine klare Handschrift erkennbar.
Dass die Frankfurter beim Herausspielen von Torchancen Probleme offenbarten, lag auch an der individuellen Qualität. Die wird er in München in höherem Maße vorfinden. Auch das lässt sich im Sinne Guardiolas sehen. Der Katalane verstand es als seine Aufgabe, seine Mannschaft sicher im Ballbesitz ins letzte Drittel zu bringen. Dann: Freiheit.
Niko Kovac: Die Mannschaftsführung
"Wenn man so eine Mannschaft führt, ist es wichtig, dass der Trainer eine starke Persönlichkeit hat - und authentisch ist. Man muss eine hervorragende Mannschaftsführung haben, auch Psychologe sein." Ottmar Hitzfeld weiß, wovon er spricht, er hatte zwar den Spitznamen General, war bei seinen Spielern aber aufgrund seiner zwischenmenschlichen Fähigkeiten fast durch die Bank beliebt.
"Man muss mit sehr vielen Stars arbeiten und die alle unter einen Hut bringen. Um das zu schaffen, benötigt man eine gewisse Erfahrung, das Taktische und Spielerische können viele Trainer", sagt Hitzfeld.
In Frankfurt hat Kovac einen verschworenen Haufen geformt, der Teamgeist war ein Trumpf der Eintracht, die Mannschaft ist ihrem Trainer immer gefolgt. Kovac hat es geschafft, junge Spieler zu entwickeln und teilweise schon abgeschriebenen Spieler wieder auf die Beine zu helfen.
In München wird er auf ein anderes Anforderungsprofil treffen. Er muss die Stars bei Laune halten, er muss die Einsatzzeiten dosieren und er muss in großen Spielen knifflige Personalentscheidungen moderieren. Dazu braucht es hin und wieder auch mal klare Ansagen, wie Heynckes sie zuletzt in Köln ("Ich bin der Boss") getätigt hat.
Während seiner Zeit als Nationaltrainer Kroatiens galt sein Verhältnis zu Superstar Luka Modric als angespannt. Wer mit Kovac zu tun hat, berichtet von einer starken Persönlichkeit mit klaren Vorstellungen und verbindlichen Aussagen. Auf diese Kommunikationsfähigkeit wird es in München besonders ankommen. Kovac muss sich in München schnell Ansehen in der Mannschaft erarbeiten, damit seine taktischen und personellen Entscheidungen nicht angreifbar werden.
Von Vorteil dürfte Kovacs Spielerkarriere sein. Er hat zumindest als Aktiver schon die Abläufe in der Champions League kennengelernt und er weiß, wie sich die Spieler fühlen. Trotzdem werden einige Dinge Neuland für ihn sein.
Eine besondere Bedeutung dürfte somit auch Peter Hermann zukommen, sofern dieser auch ohne Heynckes noch ein Jahr in München bleibt. Der stille Co-Trainer genießt hohes Ansehen im Team, ist fachlich über jeden Zweifel erhaben und könnte Kovac den einen oder anderen Tipp im Umgang mit den Stars geben. Auch Heynckes selbst hat schon erklärt, dass er für Rückfragen zur Verfügung stehe. Kovac wird schlau genug sein, um diese Hilfe auch anzunehmen.
Niko Kovac: Die Arbeit mit den Medien
"Presserunden mit Niko Kovac erinnern oft an Fachvorträge über die Entwicklung des modernen Fußballs", schrieb die Hessische Rundschau einmal. Der Trainer ist gewandt im Umgang mit der Presse, er ist eloquent, charismatisch und smart. Beraten wird Kovac in Medienfragen vom ehemaligen Mediendirektor des FC Bayern Markus Hörwick.
Kovac ist ein Mann der klaren Worte, seine Sprache in den meisten Fällen frei von den üblichen Floskeln und Phrasen der Branche. Er ist nicht der Geschichtenerzähler wie Heynckes, er kann aber natürlich auch noch nicht auf eine so bewegte und imposante Karriere zurückblicken.
Nach dem Kommunikationsdesaster rund um den Wechsel zum FC Bayern blies Kovac zum ersten Mal während seiner Trainerkarriere in Deutschland ordentlich Wind ins Gesicht. Von Heuchlerei, Doppelmoral und Lügen war die Rede.
Es war eine Phase, die nicht spurlos an ihm vorüberging. In den folgenden Wochen wirkte er angespannter, er wählte seine Worte mit noch mehr Bedacht. Mittlerweile hat sich die Lage wieder etwas beruhigt. Mit seiner Art und Weise wird Kovac in München gut ankommen, auch wenn Heynckes' Erbe auch auf den Pressekonferenzen kein leichtes ist.
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