Dzekos Lehrling und der Risikofußballer

Von Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Karim Bellarabi (l.) wechselte 2008 zu Eintracht Braunschweig und arbeitete sich nach oben
© Imago

Für viele Talente war die 3. Liga schon ein Karrieresprungbrett. Auch in diesem Jahr drängen sich wieder einige Jungstars auf. SPOX hat sich sechs Talente herausgegriffen und schätzt gemeinsam mit ihren Trainern Stärken und Schwächen ein. Darunter: Ein heiß umworbener Spaßfußballer, einer, der schon von Wolfsburgs Star-Stürmern lernen durfte und ein frühreifer 17-Jähriger.

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Die 3. Liga hat sich in den vergangenen Jahren ihren Ruf als Vorhof zu den beiden Bundesligen verdient. Und auch in dieser Saison birgt die Talentschmiede wieder einige Spieler in ihren Reihen, die man im Auge behalten sollte. SPOX hat die möglichen Stars der Zukunft gesichtet und eine Auswahl unter die Lupe genommen.

Frederic Löhe (22 Jahre, Torwart, SV Sandhausen)

Der Keeper war bereits dort, wo andere Talente noch hin wollen, in der Bundesliga. Löhe wurde vor der Saison von Mönchengladbach zum SVS ausgeliehen, um Spielpraxis zu sammeln. Sicher nur eine Zwischenstation für Löhe. Er will mehr und hat den nötigen Biss, um in der Bundesliga Fuß zu fassen.

Stärken: Löhe hat unter der Gladbacher Torwart-Legende Uwe Kamps trainiert, dessen Ausbildung nicht gerade einen schlechten Ruf genießt. Im Strafraum kann sich Löhe zudem auf seine guten Reflexe und sein großes Selbstbewusstsein verlassen.

Schwächen: Der 22-Jährige ist noch kein mitspielender Torwart und in dem Sinne noch kein absichernder Libero, der auch mal lange Bälle für seine Abwehrreihe abfängt. Generell hat er beim Spiel mit dem Fuß noch Potenzial nach oben.

Das sagt Pawel Dotchew (Trainer): "Frederic weiß, was er kann und will. Ich würde mir trotzdem wünschen, dass er weiterhin bei uns bleibt und Spielpraxis sammelt. Eine Rückkehr in die Bundesliga würde ihm nur etwas bringen, wenn er dort Stammtorwart wird. Ansonsten wäre er bei uns besser aufgehoben."

Marcus Piossek (21 Jahre, Mittelfeld, Rot Weiss Ahlen)

Piossek kam im Sommer aus Dortmund an die Werse. Er gilt als sehr individueller Spieler, der mit einer Aktion ein Spiel entscheiden kann. Für RWA traf er in elf Spielen bereits dreimal. Er ist ein wichtiger Faktor für die insgesamt spielerisch überzeugenden Auftritte der Ahlener.

Stärken: Der 21-Jährige hat beim BVB eine hervorragende Schule genossen. Gerade durch seine starken Tempodribblings ist er in der Lage immer wieder gefährliche Situationen zu kreieren. Er ist schnell, extrem wendig und technisch auf hohem Niveau. Von der Veranlagung her kann er im offensiven Mittelfeldbereich bis hin zu den Flügelstürmerpositionen sicher jede Position bekleiden.

Schwächen: Die taktische Defensivarbeit geht Piossek noch ein wenig ab. Es fällt ihm bisweilen schwer, sich direkt wieder in den Defensivverbund einzuklinken. Seine herausragenden Einzelaktionen verpuffen zu oft im Nichts. Er muss noch mannschaftsdienlicher werden und auch mal die einfache Lösung wählen.

Das sagt Ronny Maul (Sportlicher Leiter): "Marcus steht sich ab und zu noch selber im Weg, weil er zu viel will und sich so unter Druck setzt. Er muss sein Ding in Ruhe weitermachen, dann wird er relativ schnell in der 2. Bundesliga landen. Und wenn er das dann vernünftig macht, ist durchaus mehr drin."

Alexander Esswein (20 Jahre, Stürmer, Dynamo Dresden)

Esswein kam kurz vor Ende der Transferfrist aus Wolfsburg. Schon im vergangenen Winter war er absoluter Wunschspieler von Trainer Matthias Maucksch gewesen. Dementsprechend wohl fühlt sich der Angreifer und zeigte dies von Beginn an auf dem Platz - fünf Tore in neun Spielen können sich durchaus sehen lassen.

Stärken: Seine Explosivität und seine Schnelligkeit, gepaart mit seinem ausgeprägten Torinstinkt, stellen jede Verteidigung vor eine Herausforderung. In seiner Wolfsburger Zeit konnte er sich mit dem Sturmduo Dzeko/Grafite messen. Sicher nicht die schlechteste Vorbereitung auf die eigene Bundesligakarriere.

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Schwächen: Esswein hat noch Probleme mit seinem Kopfballspiel. Vor allem macht ihm aber sein schwächerer linker Fuß zu schaffen, weshalb er bereits die eine oder andere Großchance hat liegen lassen.

Das sagt Matthias Maucksch (Trainer): "Wenn Alexander sein Können konstant über eine komplette Saison in der 3. Liga abruft, empfiehlt er sich für höhere Aufgaben. Er muss seine kleinen Schwachstellen abstellen, dann traue ich ihm den erneuten Sprung in eine der Bundesligen absolut zu."

Karim Bellarabi (20 Jahre, Flügelstürmer, Eintracht Braunschweig)

Bellarabi weckt gleich in seiner ersten Saison als Profi das Interesse einiger Bundesligisten. Neben Wolfsburg stehen unter anderem Hoffenheim, Dortmund und Leverkusen in der Warteschleife. Ein Wechsel im Winter wäre keine Überraschung, da Bellarabi im nächsten Sommer ablösefrei ist und den Löwen kein Geld in die Kassen spülen würde.

Stärken: Bellarabi überzeugt durch seine außergewöhnliche Schnelligkeit. Dabei ist er technisch beschlagen und somit oft in der Lage, für Torgefahr zu sorgen. Ein Spieler, der für die Außenbahn prädestiniert ist.

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Schwächen: Wie das bei offensiv eingestellten Spielern häufiger zu beobachten ist, hat auch Bellarabi Probleme, wenn es darum geht umzuschalten. Sein Defensivverhalten ist noch steigerungsfähig. Auch im Eins gegen Eins geht noch was.

Das sagt Torsten Lieberknecht (Trainer): "Karim ist ein Risikofußballer, der viel Spaß am Fußball mitbringt. Er hat definitiv das Potenzial, um sich auch auf höherem Niveau zu behaupten. Es würde ihm aber sicher gut tun, keine allzu großen Schritte zu machen."

Patrick Mayer (22 Jahre, Stürmer, 1. FC Heidenheim)

Mayer kratzte bereits während seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt am Tor zur Bundesliga. Eine schwere Verletzung warf ihn aber zurück. Der 22-Jährige wagte einen Neuanfang beim FCH. Seine Bilanz ist gut. In vierzig Spielen traf er achtzehn Mal, alleine in dieser Saison markierte er bereits neun Treffer in dreizehn Spielen.

Stärken: Mayer ist antrittsschnell und laufstark. Seine Beidfüßigkeit macht ihn zudem sehr schwer ausrechenbar. Etwas überraschend ist seine Kopfballstärke, denn Meyer ist nur 1,78 Meter groß.

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Schwächen: Mayer braucht den Raum. Ihm fällt es momentan noch schwer, sich gegen kompakte Defensivreihen zu behaupten. Robuste Gegenspieler haben ihm schon das ein oder andere Mal den Spaß am Toreschießen genommen.

Das sagt Frank Schmitt (Trainer): "Patrick wird den Sprung schaffen, wenn er sich genug Zeit für seine Entwicklung lässt und weiter an sich arbeitet. Er ist noch nicht komplett. Unser Spielsystem ist auf ihn zugeschnitten, daher ist er in Heidenheim gut aufgehoben."

Raphael Holzhauser (17 Jahre, Mittelfeld, VfB Stuttgart II)

In letzter Zeit hat schon das ein oder andere österreichische Talent seinen Weg in die Bundesliga gefunden. Auch Holzhauser ist definitiv ein Kandidat. Der 17-Jährige kam von Rapid Wien und wurde in der 3. Liga bereits in elf Partien eingesetzt.

Stärken: Holzhauser verfügt über eine gute Technik. Erstaunlich für sein Alter sind sein bereits stark ausgeprägtes Spielverständnis und seine Übersicht. Darüber hinaus ist sein starker linker Fuß eine gefährliche Waffe bei Standards.

Schwächen: Der Mittelfeldspieler hat noch Defizite im Kopfballspiel, auch wenn er über 1,90 Meter misst. Auch das defensive Zweikampfverhalten muss Holzhauser noch verbessern.

Das sagt Jürgen Seeberger (Trainer): "Für sein Alter ist Raphael schon sehr weit. Von den Anlagen kann er sicher den Sprung in die Bundesliga schaffen. Aber dafür muss er weiter jeden Tag hart an sich arbeiten."

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