Vor 9.876 Zuschauern im Olmützer Ander Stadium sorgten die Portugiesen bis zur Pause für klare Verhältnisse: Bernardo Silva (25.), Ricardo Pereira (33.) sowie Ivan Cavaleiro (45.+1) trafen, während die deutsche Elf offensiv wie defensiv enttäuschte.
Sekunden nach Wiederbeginn erhöhte Joao Mario (46.) auf 4:0, ehe Ricardo Horta in der 71. Minute den Schlusspunkt setzte. Der eingewechselte Leonardo Bittencourt flog nach einem Frustfoul und nur 25 Minuten mit Gelb-Rot (75.) vom Platz.
Während Deutschland den Heimweg antreten muss, trifft Portugal im Endspiel am 30. Juni entweder auf Dänemark oder Schweden, die im zweiten Halbfinale aufeinander treffen.
Für die deutsche U21 war es die höchste Niederlage in ihrer Geschichte.
Reaktionen:
Joshua Kimmich: "Wenn wir alles gegeben hätten, wären wir nicht mit einer 0:5-Klatsche vom Platz gegangen, Das muss sich jeder mal hinterfragen. Direkt nach der Pause klingelt es wieder, unerklärlich. So, wie wir heute gespielt haben, haben wir das Finale nicht verdient."
Horst Hrubesch: "Wir waren von Anfang an nicht aggressiv genug, und sind deswegen zu Recht bestraft worden."
Wolfgang Niersbach: "Das war einfach ernüchternd. Das war eine ganz bittere Lehrstunde, die ich nicht für möglich gehalten habe. Sie haben in keiner Phase das auf den Platz gebracht, was sie eigentlich auszeichnet."
Der Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Rui Jorge musste seine Erfolgsformation kurzfristig umbauen. Ilori hatte sich beim Aufwärmen am Oberschenkel verletzt, für ihn rückt Figueiredo im Abwehrzentrum nach. Ansonsten hält der Trainer an jenen Akteuren fest, die zum Gruppenabschluss gegen Schweden (1:1) den ersten Platz fixierten. Angeführt werden sie von Carvalho und Silva.
Auch Hrubesch verändert sein Team im Vergleich zum 1:1 gegen Tschechien auf einer Position, aber aus freien Stücken. Meyer, der bislang im Turnier hinter Volland wirkungslos blieb, sitzt nur auf der Bank. Die Doppel-Sechs wird aufgelöst und Can nach vorne gezogen. Neben Kimmich darf sich Geis im Zentrum versuchen - sein erster Startelfeinsatz dieser EM.
15.: Fast das 1:0 für Portugal! Carvalho mit einem herrlichen Pass in die Tiefe auf Pereira, der von der rechten Seite an die Strafraumgrenze zurücklegt. Dort schlenzt Sergio Oliveira aus 16 Metern an den Pfosten. Glück für Deutschland.
25., 1:0, Silva: Younes verliert den Ball auf der Außenbahn und dann geht's schnell: Carvalho spielt einen starken Ball in die Spitze auf Silva, der per Doppelpass mit Cavaleiro herrlich die Viererkette entblößt und ter Stegen anschließend frei aus zwölf Metern keine Chance lässt.
33, 2:0, Pereira: Einen Eckball von der rechten Seite verlängert Paulo Oliveira mit dem Kopf auf den langen Pfosten. Pereira steht goldrichtig und drückt das Leder aus drei Metern über die Linie.
45.: Younes fasst sich einfach mal ein Herz und zieht aus rund 23 Metern ab. Jose Sa ist jedoch auf dem Posten, wehrt den platzierten Versuch stark ab.
45.+1, 3:0, Cavaleiro: Pereira hat auf der linken Seite zu viel Platz und flankt auf Joao Mario. Nachdem sich Günter verschätzt, hat Mario zu viel Zeit. Am Sechzehner kommt Cavaleiro herangerauscht, kriegt das Zuspiel und hämmert es in den Winkel. Ter Stegen ist machtlos.
46., 4:0, Mario: Deutschland ist direkt nach dem Anpfiff ungeordnet - und Portugal bestraft es sofort. Silva hat im Zentrum zu viel Platz und legt nach rechts zu Pereira, der zu Joao Mario zurücklegt. Der Portugiese schießt einfach mal aus 25 Metern. Heintz fälscht den Ball unhaltbar für ter Stegen ins rechte Eck ab.
71., 5:0, Horta: Jetzt wird's bitter! Heintz kann gegen Rafa nicht klären. Cancelo schlägt von außen eine Flanke in den Fünfmeterraum. Horta sprintet in den Ball, ist vor ter Stegen mit dem Schienbein dran und befördert die Kugel zum 5:0 ins Tor.
75., Gelb-Rot Bittencourt: Das war der Frust. Der Hannoveraner gibt Cancelo unnötig einen mit und wird dafür nach 25 Minuten Einsatzzeit vom Platz geschickt.
Fazit: Hochverdienter Erfolg! Portugal zeigte besonders dem DFB-Abwehrverbund die Grenzen auf. Offensiv gelang dem Favoriten über weite Strecken ebenfalls wenig bis gar nichts. Ein Klassenunterschied war an diesem Abend nicht zu leugnen.
Der Star des Spiels: William Carvalho. Er war ein Hauptgrund, warum Deutschland nie in diese Partie fand. Can und später noch Meyer waren gegen ihn auf verlorenem Posten. Dominant im Zweikampf, tonangebend in der Mitte, gefährlich bei Vorstößen - ein nachhaltiges Bewerbungsschreiben an die Premier-League-Klubs, die ihn jagen.
Der Flop des Spiels: Emre Can. Er wurde von Mittelfeldmonster Carvalho zerlegt. Bis dato einer der besten DFB-Kicker in diesem Turnier fand er nie zu gewohnter Sicherheit, zur Dominanz vergangener Begegnungen. Die zweite Halbzeit, als er von Hrubesch wieder an die Seite Kimmichs gezogen wurde, offenbarte ein ähnliches Bild. Eklatant waren seine Ballverluste.
Der Schiedsrichter: Tasos Sidiropoulos (Griechenland). Hatte alles unter Kontrolle und zog seine Linie durch. Mit steigendem Frustpegel bei den Deutschen wurde es in Halbzeit zwei kurzzeitig ruppiger. Gelb-Rot gegen Bittencourt war berechtigt. Bei strengerer Regelauslegung hätte er zudem die eine oder andere Karte für das Wegschießen von Bällen zücken müssen.
Das fiel auf:
- Hrubesch hatte einen Plan: Er opferte Meyer, um im Zentrum mehr Präsenz zu erhalten. Can sollte mit seiner Statur dem portugiesischen Muskelpaket Carvalho zusetzen. Geis indes den Feingeistern im Zentrum auf die Füße steigen. Das Experiment missglückte.
- Can funktionierte eine Reihe weiter vorne nicht und im Spielaufbau hakte es. Ter Stegen musste viel zu oft den Sicherheitspass auf die breit stehenden Innenverteidiger suchen, weil Geis zentral von den Portugiesen zugestellt wurde und Kimmich unscheinbar blieb.
- Der Gegner beackerte konsequent die Flanken. Ein Angreifer rückte stets auf die Angriffsseite und schuf ein Übergewicht, der andere platzierte sich im Strafraum. Nachdem jedoch Deutschland dort in Überzahl war, zog man mit Fortdauer zunehmend zur Mitte.
- Defensiv ließen die Portugiesen wenig zu und agierten in der 4-3-1-2-Grundformation. Bernardo ging zwar selten in das Mann-gegen-Mann-Duell, lief aber geschickt die Passwege zu. Nach vorne gelang der DFB-Elf deshalb nichts.
- Hinten hatte man zudem massive Probleme mit den flinken Kontrahenten, die angeführt von Silva überragend agierten und sich der Umklammerung regelmäßig lösten. Das wurde nach Seitenwechsel nicht besser. Deutschland war in der Defensive unsicher, im Zentrum unterlegen und vorne ideenlos.
Portugal - Deutschland: Daten zum Spiel