Während die knapp 45.000 feierwütigen Fans schon zu "Football's coming home" anstimmten, David Beckham in der Ehrenloge mit Ed Sheeran abklatschte und ein leichter Nieselregen aus Bier auf dem heiligen Grün des Wembley Stadiums niederprasselte, verdrückte sich Joachim Löw schnurstracks in die Katakomben.
Ein paar seiner fortan ehemaligen Spieler folgten ihm, die meisten aber sanken entgeistert zu Boden. Joshua Kimmich, der selbst Niederlagen in Trainingsspielen nur schwer zu verkraften vermag, kamen sogar die Tränen. "Die Enttäuschung", sagte Löw nach seinem letzten Spiel als Bundestrainer, "ist riesengroß."
Auf das Aus zu Beginn der K.o.-Runde, so mutlos sich die deutsche Mannschaft beim Klassiker gegen England auch präsentiert hatte, waren viele beim DFB nicht vorbereitet gewesen. Man glaubte, die Reise würde schon noch ein Stückchen weitergehen, dafür sei einerseits die fußballerische Qualität zu hoch und andererseits die Stimmung im Team viel zu ausgelassen.
Hummels' Fazit: DFB-Aus "auch irgendwie verdient"
Mats Hummels zog jedoch ein simples wie treffendes Fazit: "Am Ende haben wir nur eines von vier Spielen bei dieser EM gewonnen und fahren dann auch irgendwie verdient nach Hause."
Hummels machte es sich als einer der erfahrensten Spieler im Team gemeinsam mit Kapitän Manuel Neuer zur Aufgabe, seine Mitspieler aufzumuntern. Allen voran Kimmich. Noch auf dem Platz nahmen sie ihren Kollegen in den Arm, während nur vereinzelte Spieler wie Leon Goretzka oder der nicht einmal eingesetzte Niklas Süle kurz vor die deutsche Fankurve gingen, um den knapp 2000 Anhängern mit Schwarz-Rot-Gold-Fähnchen für deren Unterstützung zu applaudieren.
Löw-Ära endet sang- und klanglos - nur Neuer zollt Tribut
Nach einer tiefgründigen Analyse war hinterher niemandem zu Mute. "Da muss jetzt die eine oder andere Stunde vergehen", meinte Löw, für den Moment herrsche "Totenstille". Einzig Toni Kroos versuchte sich an einer kleineren Einordnung. Die Effizienz habe gefehlt, befand der Profi von Real Madrid, insgesamt sei es aber "ein ordentliches Spiel" von der deutschen Mannschaft gewesen.
Ordentlich reichte allerdings nicht, um die überwiegend kompakt stehenden Engländer zu knacken. Der sehr defensiv ausgelegte Matchplan von Löw ging nicht auf, während die Three Lions in der Schlussphase durch Raheem Sterling und Harry Kane eiskalt zuschlugen. Und so endete seine Amtszeit nach 5477 Tagen auf sang- und klanglose Art und Weise.
Der interne Zuspruch für den 61-Jährigen hielt sich dementsprechend auch in Grenzen. Neuer war der einzige Spieler, der vor der Rückreise nach Deutschland das Bedürfnis hatte, Löw Tribut zu zollen.
"Nach dem Abpfiff habe ich Richtung Trainerbank geschaut. Es war schon ein sehr trauriges Gefühl, als ich Jogi gesehen habe", erzählte der Torhüter. Löw sei "ein klasse Trainer" und "alle Spieler, die unter ihm gespielt haben, haben ihm viel zu verdanken". Dass die Ära nun so abprubt zu Ende gehe, sei "schade" und "traurig".
DFB-Team: Erst Herzogenaurach, dann Urlaub
Am Mittwoch bietet sich den Spielern noch einmal die Möglichkeit, sich von Löw zu verabschieden. Die Mannschaft fliegt zurück nach Nürnberg und reist von dort ins benachbarte EM-Quartier nach Herzogenaurach, um ihre Sachen zu packen. Danach geht es in den Urlaub - auch für Löw. Gedanken über seine Zukunft hat er sich noch nicht gemacht.
"Nach 15 Jahren an der Spitze wird es mir guttun, mich von der Verantwortung zu lösen. Eine emotionale Pause ist wichtig für mich, ich war so lange beim DFB, da sieht man sich nicht sofort um nach etwas Neuem. Ich muss die Enttäuschung und die Leere, die kommt, auch zulassen", sagte der Weltmeister-Coach von 2014 und stellte klar, nicht in den Ruhestand gehen zu wollen: "Davon habe ich nie gesprochen. Es gibt mit Sicherheit neue Aufgaben, die für mich interessant sind."
EM 2021, Achtelfinale: Alle Spiele im Überblick
Datum | Uhrzeit | Team 1 | Ergebnis | Team 2 | Spielort |
26.06.2021 (Achtelfinale 1) | 18:00 | Wales | 0:4 | Dänemark | Amsterdam |
26.06.2021 (Achtelfinale 2) | 21:00 | Italien | 2:1 n.V. | Österreich | London |
27.06.2021 (Achtelfinale 3) | 18:00 | Niederlande | 0:2 | Tschechien | Budapest |
27.06.2021 (Achtelfinale 4) | 21:00 | Belgien | 1:0 | Portugal | Bilbao |
28.06.2021 (Achtelfinale 5) | 18:00 | Kroatien | 3:5 n.V. | Spanien | Kopenhagen |
28.06.2021 (Achtelfinale 6) | 21:00 | Frankreich | 7:8 n.E. | Schweiz | Bukarest |
29.06.2021 (Achtelfinale 7) | 18:00 | England | 2:0 | Deutschland | London |
29.06.2021 (Achtelfinale 8) | 21:00 | Schweden | 1:2 n.V. | Ukraine | Glasgow |