Mit dem DFB-Team in Seefeld: Vorsicht, Monster-Stein
Vom 28. Mai bis zm 6. Juni bereitete sich Team Jogi in der Tiroler Olympiaregion Seefeld auf das Turnier vor. Ein Schlaraffenland für uns Journalisten nach unzähligen Monaten im Home Office, zumal bei aller berechtigten Kritik am DFB erwähnt sei, dass sich der Verband zumindest nicht zu schade war, uns Berichterstattern nach Feierabend die kulinarische Vielfalt der Region näher zu bringen. Brotzeitbretterl, Kasspatzln, Apfelkücherl, es wurden sogar zwei Grillabende und eine Art Gaudi-Biathlon organisiert.
Nur logisch, dass einige Kollegen mehr Zeit an der Sportalm, dem Journalistenstützpunkt oberhalb des Trainingsplatzes, als in ihrer Unterkunft verbrachten. Ich würde mich nicht dazuzählen. Auf der einen Seite beschlich mich nach nur wenigen Tagen das Gefühl, genügend Schlagermusik und Anekdoten langjähriger Reporter-Koryphäen um Sky-Uli über die guten alten Zeiten des Sportjournalismus ("Damals, da konnte man die Spieler noch in der Kabine interviewen") gehört zu haben. Auf der anderen Seite hatte ich das Bedürfnis, mich sportlich selbst ein wenig zu betätigen.
Also verabredete ich mich eines Vormittags mit einem geschätzten Kollegen der Münchner Abendzeitung, um den Möserer See nahe des deutschen Teamhotels zu erkunden. Fünf Kilometer hin, fünf Kilometer zurück. Bevor es losging, erklommen wir noch einen kleinen Berg, um ein paar Eindrücke von der geheimen Trainingseinheit der DFB-Elf zu erhaschen. Diese Idee hatten nicht nur wir, sondern auch ein paar Touristen, die sich dort bereits in Schland-Farben mit Ferngläsern postiert hatten. Darunter ein Mann fortgeschrittenen Alters mit seinen zwei Enkelsöhnen, die auf einer felsigen Anhöhe direkt über meinem Kollegen und mir standen.
Das zugegebenermaßen eher behäbige Ballgeschiebe auf dem Rasen sorgte in Kombination mit auffällig vielen Unterbrechungen vonseiten des Bundestrainers vor allem bei einem der Jungen für Unruhe. Ich hörte zunächst Kieselsteine neben mir herunterbröckeln, bis von oben jemand "Vorsicht" brüllte. Viel Zeit zum Reagieren blieb mir nicht, ein dicker Stein mit einem Durchmesser von knapp einem halben Meter zischte schon von der Anhöhe herunter - wenige Zentimeter an meinem rechten Bein vorbei. Der Mann entschuldigte sich umgehend bei mir und hielt seinem Enkel daraufhin eine Standpauke, der wiederum trotzig konterte: "Was machen wir hier, Opa? Das ist doch langweilig!" Recht hatte er. Also starteten mein Kollege und ich unsere Lauftour - ohne weitere Zwischenfälle und Beinahe-Verletzungen.
Mit dem DFB-Team in Herzogenaurach: Ihren Perso, bitte
Von Seefeld ging es für die deutsche Mannschaft nach Herzogenaurach ins sogenannte "Adidas Base Camp", das so abgeriegelt war, dass selbst die Kollegen vom Boulevard nichts davon zu Gesicht bekamen. Selbst "Mr. True" musste vor dem Training in der Einfahrt zum Adi-Dassler-Sportplatz campen, um die Spieler aus nächster Nähe zu erhaschen. Die kamen in der Regel per Fahrrad und grüßten auch meist recht nett, für Interviews war während des Turniers aber nur via Zoom, Teams, Skype oder BlueJeans - noch so einem schrecklichen Video-Messenger - Zeit.
Der Output hielt sich in Grenzen. Die Stimmung sei super und man wolle erfolgreichen Fußball spielen, so der auswendig gelernt daher kommende Tenor, einzig Robin Gosens, Timo Werner und Leon Goretzka brachten mit ein paar erfrischenden Sprüchen eine Spur Lockerheit in die eher biedere Gesamtatmosphäre. So richtig emotional und unterhaltsam wurde es dafür bei dem einen oder anderen Journalistenkick nach Feierabend. Da ging es nicht mehr um Dreier- oder Viererkette, um Jo Kimmich rechts oder in der Mitte, um Leroy Sane von Anfang an oder auf der Bank, sondern um eine Mischung aus einer ordentlichen Portion Spaß, Mut zur perfekten Grätsche und Wer-will-das-Feierabend-Bier-mehr.
Als meinen größten persönlichen Erfolg in Herzogenaurach würde ich aber nicht den vogelwilden Last-Minute-Sieg mit meinem Team beim ersten Journalistenkick bezeichnen, sondern die Erkenntnis, das mein Personalausweis seit August 2020 abgelaufen ist. Darauf wies mich am Tag meiner Ankunft eine Polizistin in der Corona-Teststation bei Adidas hin. Was Corona halt so mit einem macht ...
Mit dem DFB-Team in London: Definiere stiefmütterlich
Dass ich zum Achtelfinale nach London reisen durfte, war der Tatsache geschuldet, dass ich irgendwo zu Hause noch einen gültigen Reisepass rumliegen hatte. Die UEFA, der DFB und die FA stellten uns Journalisten dann noch eine Sondergenehmigung zwecks Ein- und Ausreise aus, und schon war der länger als 48 Stunden anhaltende Trip ins Virusvariantengebiet Großbritannien kein Problem mehr.
Ehrlich gesagt: Viel mit Corona hatte das, was da in London vor sich ging, ohnehin nicht mehr zu tun. Die Sicherheitsmaßnahmen waren verglichen zu den drei Spielen in der Münchner Arena gegen Frankreich, Portugal und Ungarn ein Witz, die Fans feierten vor und im Wembley-Stadion ohne Abstand und Masken, darunter ein zum Verwechseln ähnlicher Jürgen-Klopp-Lookalike.
Wir Reporter bekamen am Eingang ein Schnelltestpaket in die Hand gedrückt, um uns das Stäbchen selbst in Rachen oder Nase zu schieben. Es wäre eine große Lüge, würde ich jetzt behaupten, mein Ergebnis sei zu einhundert Prozent verifizierbar gewesen. War es nicht. Immerhin hatte ich noch ein gültiges negatives PCR-Testergebnis aus Deutschland vorliegen und konnte so halbwegs ruhigen Gewissens in dieses Spiel gehen.
Ein Spiel, in dem die DFB-Elf zu Recht ausschied, weil sie sich nichts traute. Und die Engländer, angepeitscht von ihrem Publikum mit "Football's coming home" und "Sweet Caroline", nur das Nötigste taten. Ich muss aber zugeben: Ein bisschen Gänsehaut hatte ich, als Raheem Sterling das Wembley in der 75. Minute zum Beben brachte.
DFB-Team: Der Spielplan bei der WM-Qualifikation
Datum | Anpfiff | Gegner | Spielort |
02. September | 20:45 Uhr | Liechtenstein | St. Gallen |
05. September | 20:45 Uhr | Armenien | Stuttgart |
08. September | 20:45 Uhr | Island | Reykjavik |