Oranje trifft, zittert, kämpft - und feiert gegen die Ukraine am Ende doch noch ein erfolgreiches Comeback auf der großen Fußball-Bühne.
Willem Alexander und Maxima vergaßen alle königliche Etikette und jubelten ausgelassen wie normale Fans, Wout Weghorst und seine Kollegen drehten unter den Augen ihres Regentenpaares glückselig eine Ehrenrunde vor einem Oranje-Farbenmeer: Die Niederlande haben bei der EM durch einen 3:2 (0:0)-Zittersieg gegen die Ukraine auch dank ihres Wolfsburger Bundesliga-Stars Weghorst ein erfolgreiches Comeback auf der großen Fußball-Bühne gefeiert.
Nach ihrer siebenjährigen Zaungast-Rolle bei WM- und EM-Turnieren kamen die Niederländer durch Treffer von Kapitän Georginio Wijnaldum (52.), Weghorst (59.) und Denzel Dumfries (85.) auf nervenzehrende Weise zum ersten EM-Sieg seit 2008. Denn die Ukraine hatte die Gastgeber durch den zwischenzeitlichen Ausgleich nach einem Traumtor von Andriy Yarmolenko (75.) und der Treffer von Roman Yaremtschuk (79.) nochmal um die angestrebte Bestätigung ihres Platzes im Kreis der Titelkandidaten zittern lassen.
"Ich bin stolzer Kapitän. Wir sind erleichtert und haben dank Dumfries einen prächtigen Abend. Das 2:2 hat uns nicht in Panik versetzt. Ein Unentschieden hätte uns verunsichert", bilanzierte Wijnaldum im niederländischen Fernsehen.
Bondscoach Frank de Boer begann trotz beinahe schon traditioneller Kritik niederländischer Alt-Internationaler mit Weghorst in der Anfangsformation. Die 16.000 Zuschauer in der Johan-Cruyff-Arena erlebten im ersten Durchgang ein temporeiches und entsprechend unterhaltsames Spiel. Die Platzherren übernahmen vom Anpfiff weg das Kommando und kamen, angetrieben vom quirligen Wirbelwind Wijnaldum, auch früh zu mehreren Chancen.
Doch konnte Oranje sich zunächst für seinen hohen Ballbesitzanteil nicht belohnen. Memphis Depay und Dumfries vergaben erste gute Möglichkeiten oder scheiterten ebenso wie Wijnaldum (38.) am ukrainischen Schlussmann Georgi Bushchan.
Niederlande spielt stark auf: Wijnaldum trifft zur Führung
Auf der Gegenseite kam bei einem der ganz wenigen Entlastungsangriffe der Osteuropäer England-Legionär Yarmolenko im Strafraum zwar zu Fall, doch der souveräne Schiedsrichter Felix Brych (München) ließ bei seinem zweiten Einsatz bei einem EM-Turnier weiterspielen. Kurz vor der Pause rettete Torhüter Maarten Stekelenburg, erst am Tag vor dem EM-Auftakt als Ersatz für den corona-infizierten Stammkeeper Jasper Cillessen zur Nummer eins ernannt und mit 38 Jahren der älteste EM-Teilnehmer, erneut gegen Yarmolenko die Elftal vor einem unglücklichen Rückstand.
In den ersten Minuten nach dem Seitenwechsel wirkte de Boers Team unerwartet ideenlos und ließ damit auch die erwartungsfrohen Fans weitgehend verstummen. Umso überraschender fiel das erste Tor: Nach einem Schnitzer von Witali Mykolenko auf der linken Abwehrseite der Ukraine und einer verunglückten Rettungstat von Bushchan erlöste Wijnaldum die Gastgeber mit einem platzierten Linksschuss von der Strafraumgrenze.
Beflügelt von der insgesamt verdienten Führung setzten die Niederländer die ernüchterten Ukrainer danach wieder stärker unter Druck. Nur sieben Minuten später sorgte Weghorst in seinem achten Länderspiel für den Europameister von 1988 nach einer weiteren Unsicherheit von Mykolenko mit einem trockenen Schuss für das 2:0 - und bedankte sich damit zugleich für de Boers Vertrauen.
Ex-Dortmunder Yarmolenko bringt Ukraine wieder ins Spiel
Die Gastgeber drängten in der Folge auf weitere Treffer, doch die Ukraine wagte sich nun auch häufiger nach vorne. Yarmolenko ließ die Niederländer mit seinem sehenswerten Linksschlenzer um den Erfolg zittern, Yaremtschuk sorgte mit seinem Kopfballtreffer geradezu für ungläubiges Entsetzen beim Oranje-Anhang - und Dumfries letztlich doch wieder noch für Festtagsstimmung.
Der Sieg brachte die WM-Dritten von 2014 letztlich für den weiteren Vorrunden-Verlauf in Gruppe C in eine gute Ausgangsposition. Am Donnerstag (17. Juni) treffen Weghorst und Co. im Duell der Auftaktgewinner auf Österreich und vier Tage später zum Gruppenabschluss auf EM-Neuling Nordmazedonien.