Immer wieder warf Luka Modric die Arme hoch und blickte ratlos in die Runde. Kroatiens Superstar dirigierte, gab das Tempo vor, grätschte sogar am eigenen Fünfmeterraum - doch es half alles nichts. Dem Vize-Weltmeister droht nach dem enttäuschenden 1:1 (0:1) gegen Tschechien bei der Fußball-EM das blamable Vorrunden-Aus.
"Das Spiel hat einen bitteren Nachgeschmack, weil wir nicht gewonnen haben", sagte Modric: "Wir waren anfangs wirklich unorganisiert, haben uns aber gesteigert in der zweiten Hälfte." Nur ein Sieg im Gruppenfinale am Dienstag könnte die Kroaten noch ins Achtelfinale bringen, "jetzt müssen wir Schottland schlagen."
Die Show hatte dem 35-Jährigen ohnehin ein anderer gestohlen: Mit blutender Nase schoss Patrik Schick die Tschechen in Führung. Nach einem Ellbogencheck von Dejan Lovren war der Leverkusener zu Boden gegangen, nach Videobeweis bekam er einen Elfmeter zugesprochen. Obwohl seine Nase trotz Tamponage noch immer blutete, trat Schick nach längerer Diskussion mit Schiedsrichter Carlos del Cerro Grande (Spanien) selbst an, erzielte sein drittes Turniertor (37.) und jubelte mit frischem Blut auf der Oberlippe vor den TV-Kameras.
"Ich war nicht benommen, also habe ich mir den Elfmeter zugetraut", erklärte der 25-Jährige im tschechischen Fernsehen: "Es lag ein Tor in der Luft." Der ehemalige Bundesliga-Profi Ivan Perisic (47.) glich kurz nach dem Seitenwechsel im nur spärlich besetzten Hampden Park von Glasgow aus für die Kroaten noch aus, doch mehr sprang für Modric und Co. nicht heraus.
Perisic kontert Schick - Kroatien weiter sieglos
Der kroatische Nationaltrainer Zlatko Dalic hatte nach dem England-Spiel (0:1) eine offensivere Ausrichtung versprochen, entschied sich bei der Rückkehr zum 4-2-3-1-System aber für nur zwei neue Kräfte. Im Abwehrzentrum begann der zuletzt am Knie verletzte Lovren, der Wolfsburger Josip Brekalo kam auf dem linken Flügel zum Einsatz.
Doch die ersten Signale setzten die selbstbewussten Tschechen, etwa als Tomas Souceks Kopfball nach einer Ecke nur knapp über das Tor strich (5.). Die Kroaten fanden überhaupt nicht ins Spiel, es mangelte an Bewegung, Ideen und Präzision. Auch dem alternden Metronom Modric (35) unterliefen zunächst ungewohnt viele Fehlpässe.
"Der Schlüssel ist, gut zu verteidigen und unsere Chancen für Konter nutzen", hatte Schick vorab über den tschechischen Matchplan verraten. Nach seinem Doppelpack inklusive Weitschuss-Traumtor gegen Schottland (2:0) dauerte es nicht lange bis zum nächsten großen Auftritt des 25-Jährigen - mit blutender Nase.
Die Halbzeitansprache und Umstellungen aber fruchteten bei den Kroaten, die im zweiten Durchgang eine bessere Körpersprache an den Tag legten. Das machte sich sofort bezahlt: Mit einem schnell ausgeführten Freistoß schickte der Hoffenheimer Andrej Kramaric auf der linken Seite Perisic steil, der an den überrumpelten Tschechen vorbei in den Strafraum dribbelte und ins lange Eck traf.
Bei mehr Tempo und gesteigertem Einsatz von Kapitän Modric gelangen auch mehr durchdachte Vorstöße ins finale Drittel. Der EM-Zweite von 1996 aus Tschechien hielt nach Kräften mit beherztem Pressing dagegen.
Kroatien - Tschechien: Die Aufstellungen
Kroatien: Livakovic/Dinamo Zagreb (26 Jahre/23 Länderspiele) - Vrsaljko/Atletico Madrid (29/51), Lovren/Zenit St. Petersburg (31/64), Vida/Besiktas Istanbul (32/90), 25 Gvardiol/Dinamo Zagreb (19/3) - Modric/Real Madrid (35/140), Kovacic/FC Chelsea (27/69) ab 87. Brozovic/Inter Mailand (28/61) - Perisic/Inter Mailand (32/103), Kramaric/TSG Hoffenheim (29/56) ab 62. Vlasic/ZSKA Moskau (23/24), Brekalo/VfL Wolfsburg (22/26) ab 46. Ivanusec/Dinamo Zagreb (22/3) - Rebic/AC Mailand (27/40) ab 46. Petkovic/Dinamo Zagreb (26/17). - Trainer: Dalic
Tschechien: Vaclik/FC Sevilla (32 Jahre/37 Länderspiele) - Coufal/West Ham United (28/17), Celustka/Sparta Prag (31/26), Kalas/Bristol City (28/23), Boril/Slavia Prag (30/25) - Holes/Slavia Prag (28/10) ab 63. Kral/Spartak Moskau (23/20), Soucek/West Ham United (26/37) - Masopust/Slavia Prag (28/24) ab 63. Hlozek/Sparta Prag (18/5), Darida/Hertha BSC (30/72) ab 87. Barak/Hellas Verona (28/19), Jankto/Sampdoria Genua (25/36) ab 74. Sevcik/Slavia Prag (27/9)- Schick/Bayer Leverkusen (25/28) ab 74. Krmencik/FC Brugge (28/30). - Trainer: Silhavy