Belgien erinnerte in Teilen an das Portugal von 2016: Wenig dominant, dafür effizient. Der Siegtreffer des Dortmunders Thorgan Hazard resultierte aus einem Zufallsangriff mit gütiger Mithilfe von Portugals Keeper Patricio, der den Schuss aus rund 23 Metern falsch einschätzte.
"Das war ein schönes Tor, denke ich", sagte Hazard in der ARD: "Wir haben heute gegen den Europameister gewonnen, auch wenn es in der zweiten Halbzeit sehr schwierig war. Da hatten wir nicht mehr viel den Ball und mussten viel laufen. Aber wir sind weiter."
Die Chance auf den ersten großen Titel dieser goldenen Generation lebt also. Doch Belgien bangt schon wieder um Spielmacher De Bruyne, der in der zweiten Halbzeit gegen Portugal angeschlagen von draußen zusah. "Kevin hat etwas am Knöchel abbekommen, das war ein wirklich übles Foul. Es gibt noch keine Diagnose. Wir werden am Montag einige Untersuchungen durchführen", erklärte Belgiens Trainer Roberto Martinez.
Auch Real Madrids Eden Hazard musste bei den Belgiern in der Schlussphase angeschlagen runter. "Es sah nicht so gut aus", sagte sein Bruder Thorgan. "Wir hoffen, dass alles okay sein wird - auch bei Kevin. Wir brauchen diese beiden Spieler."
Für Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo, der weiter auf den alleinigen Weltrekord für die meisten Länderspieltore warten muss, ist das Turnier beendet - trotz einer dominanten zweiten Halbzeit. "In der ersten Halbzeit haben wir Portugal unter Druck gesetzt, aber wenn man sich die zweite Halbzeit anschaut, haben wir glücklich gewonnen", sagte Belgiens Abwehrchef Vermaelen.
Belgien - Portugal: Die Analyse
"Ich möchte, dass mein Team den Ballbesitz dominiert", hatte Martinez vor dem Spiel gesagt. Seine Mannschaft erfüllte dem Spanier diesen Wunsch zunächst. Nach langen Ballbesitzphasen zog sich Belgien aber auch in die passive Rolle zurück.
Portugal wirkte defensiv dank besserer Mittelfeldbesetzung gefestigter als noch gegen Deutschland und blieb ungeachtet der verschiedenen Phasen der Belgier gefährlich. Einerseits dank schneller Umschaltmomente - Sanches spielte hier eine tragende Rolle bei der Balleroberung. Andererseits bei eigenem Spielaufbau durch halbhohe Bälle in die Spitze. Jota (6.) und Ronaldo per Freistoß (25.) vergaben die besten Chancen des Titelverteidigers.
Thorgan Hazard machte auf der Gegenseite mit dem ersten belgischen Schuss aufs Tor von Patricio das 1:0 (42.). Der Keeper sah beim Flatterball des Dortmunders alles andere als gut aus.
Nach dem Seitenwechsel folgte der Schock für Belgien: Für De Bruyne ging es nicht mehr weiter. Der Superstar von Manchester City war unmittelbar vor der Halbzeitpause von Palhinha von hinten rüde gefoult worden und schien Probleme mit dem Sprunggelenk zu haben. Mertens ersetzte ihn positionsgetreu - dennoch war es ein Bruch im belgischen Spiel.
Portugal erhöhte in der Folge die Frequenz. Mit Fernandes und Felix brachte Santos frische Offensivkräfte (was für ein Luxus!). Es fehlte jedoch an Durchschlagskraft, Präzision und Ideen, um für echte Torgefahr zu sorgen. 19 von 29 Schüssen wurden von außerhalb des Strafraums abgegeben.
Erst in der Schlussphase wurde Portugal gefährlich und schnupperte am späten Ausgleich: Dias per Kopf und Guerreiro mit seinem schwächeren rechten Fuß scheiterten jedoch - der Schuss des Dortmunders Guerreiro klatschte sogar an den Pfosten.
Belgien - Portugal: Die Aufstellungen
Belgien: Courtois - Alderweireld, Vermaelen, Vertonghen - Meunier, Tielemans, Witsel, T. Hazard (90.+6 Dendoncker) - De Bruyne (48. Mertens), E. Hazard (87. Carrasco) - Lukaku - Trainer: Roberto Martinez.
Portugal: Patricio - Dalot, Dias, Pepe, Guerreiro - Moutinho (56. Fernandes), Palhinha (78. Danilo), Sanches (78. Oliveira) - B. Silva (56. Felix), Ronaldo, Jota (70. A. Silva) - Trainer: Fernando Santos.
Belgien - Portugal: Die Daten des Spiels
Tor: 1:0 T. Hazard (42.)
- Mit Cristiano Ronaldo (25), Moutinho (19) und Pepe (19) standen die drei Spieler mit den meisten Einsätzen in der EM-Geschichte gleichzeitig auf dem Platz.
- Cristiano Ronaldo hat bei einer EM noch nie per direktem Freistoß getroffen (28 Versuche).
- Thorgan Hazard war in seinen letzten sieben Einsätzen für Belgien an sechs Toren beteiligt (4 Tore, 2 Assists).
Der Star des Spiels: Thorgan Hazard (Belgien)
Erzielte das Tor des Abends. War in der Offensive insgesamt an drei der fünf Torschüsse der Belgier direkt beteiligt. Im Spiel gegen den Ball zudem mit wichtigen Ballsicherungen und starkem Zweikampfverhalten.
Der Flop des Spiels: Bernardo Silva (Portugal)
Bis zu seiner Auswechslung in der 56. Minute mit 28 Ballaktionen. Verlor dabei neunmal den Ball und hatte keinen Einfluss auf das Offensivspiel der Portugiesen.
Der Schiedsrichter: Dr. Felix Brych (Deutschland)
Nächste gute Vorstellung des Deutschen. Setzte zu den richtigen Zeitpunkten Zeichen, auch wenn es ihm die Mannschaften in der zweiten Halbzeit wirklich schwergemacht haben. Brych leistete sich allerdings keine großen Fehlentscheidungen. Fiel mit seinem Team auch nicht auf die Showeinlage von CR7 herein, der sich nach einem Zusammenprall mit Meunier theatralisch fallen ließ und sich das Gesicht hielt (22.).