SPOX: Herr Hofmann, nach einer Saison beim 1. FSV Mainz 05 sind Sie wieder zurück beim BVB. Was haben Sie sich denn im Vorjahr gedacht, als sich Ihr Konkurrent Jakub Blaszczykowski kurz nach Ihrem Leihgeschäft einen Muskelfaserriss zuzog und länger ausfiel?
Jonas Hofmann: Das war natürlich unglücklich für mich. Jürgen Klopp und Michael Zorc haben damals ja auch gleich betont, dass das Leihgeschäft nicht zustande gekommen wäre, wenn sich Kuba ein paar Tage früher verletzt hätte. Der Zwischenstopp in Mainz war in jedem Fall gut und erfahrungsreich für mich, auch wenn ich leider selbst lange verletzt gefehlt habe.
SPOX: Sie haben damals am letzten Tag der Sommertransferperiode beim FSV unterschrieben. War die Leihe schon während der gesamten Vorbereitung mit der Borussia eine Option oder hat sich das dann wirklich erst Ende August entschieden?
Hofmann: Als klar war, dass Shinji Kagawa wieder zurückkehren wird, ist der Verein auf mich zugekommen und hat mir mitgeteilt, dass sich dadurch meine Chancen auf Einsätze verringert hätten. Mir wurde dann die Entscheidung überlassen, ob ich mich vielleicht ein Jahr lang ausleihen lassen möchte, um regelmäßige Spielpraxis zu bekommen. Ich konnte also frei darüber entscheiden.
SPOX: Waren Sie überrascht?
Hofmann: Es war zunächst natürlich kein angenehmer Moment, das muss ich zugeben. Ich habe das Ganze erst einmal sacken lassen. Wenig später dachte ich mir, dass ein Leihgeschäft unter diesen Umständen auf jeden Fall sinnvoll ist.
SPOX: Gab es da die Option mit Mainz schon?
Hofmann: Nein. Die Mainzer hatten im Sommer 2013 aber schon einmal Interesse an mir und damals keine verkehrten Argumente für einen Wechsel geliefert. Ich finde den Verein auch richtig cool. Ich habe mich dann mit Michael Zorc zusammengesetzt und geschaut, ob mit Mainz noch etwas möglich ist. Es standen zwar noch andere Vereine im Raum, aber mein Bauchgefühl hatte gleich zum FSV tendiert. In den letzten Stunden der Transferperiode hat es dann gerade noch so geklappt (lacht).
SPOX: Unter welchen Bedingungen haben die BVB-Verantwortlichen Sie gehen lassen?
Hofmann: Es war von Anfang an klar, dass es ein Leihgeschäft über acht Monate werden würde und ich danach wieder zurückkomme. Mainz besaß auch keine Kaufoption für mich. Es war sehr entgegenkommend vom FSV, sich auf eine solch kurzfristige Leihe überhaupt einzulassen.
SPOX: Kaum waren Sie weg vom BVB, folgte ein nicht für möglich gehaltener Absturz. Wie "froh" waren Sie im Nachhinein gesehen, dass Sie in der letzten Spielzeit nicht im Dortmunder Kader standen?
Hofmann: Ich denke, dass es moralisch gesehen für mich ganz gut war, diese Saison nicht miterlebt zu haben. Erst recht, wenn ich in Dortmund nur wenig gespielt hätte und dann sozusagen durchgeschleppt worden wäre. Stattdessen bin ich persönlich in Mainz für meine Begriffe sportlich weitergekommen.
SPOX: Was haben Sie während der Talfahrt gedacht?
Hofmann: Mit der Hinrundenniederlage in Mainz hat die Misere ja praktisch angefangen. Es war nicht einfach für mich. Man will irgendwie gerne helfen, aber ist eben woanders. Ich hatte natürlich auch noch Kontakt zu den Jungs. Vor jedem Wochenende dachte ich: Diesmal werden sie wieder gewinnen. Und dann ging wieder nichts. Ich hatte regelrecht Angst um den BVB und musste es letztlich wie jeder andere Fan auch einfach über mich ergehen lassen.
SPOX: Sie dagegen begannen in Mainz sehr stark und waren auf Anhieb Stammspieler. Dann folgten jedoch ein Außenbandriss im Knie, eine Operation, ein Sehnenriss und wieder eine Operation. Wieso sind Sie nicht mehr richtig auf die Beine gekommen?
Hofmann: Bei der ersten Operation wurde mir ein sich selbst auflösender Anker eingesetzt, der das Außenband von oben wieder nach unten gezogen und es seitlich am Wadenbeinköpfchen befestigt hat. Daraufhin konnte ich ja auch wieder eine Weile lang spielen. Die wichtigste Frage war dann vor allem, weshalb nach einem simplen Pass plötzlich meine Bizepssehne riss.
SPOX: Und?
Hofmann: Die Ärzte konnten es sich auch nicht wirklich erklären. Unsere Deutung war letztlich, dass dieser Anker die Bizepssehne so stark gereizt haben muss, bis sie gerissen ist.
SPOX: Sie konnten am Ende nur zwölf von 32 möglichen Partien absolvieren. Wie enttäuscht waren Sie?
Hofmann: Ich fand es vor allem sehr schade, dass ich häufig über mich lesen musste: Hoffentlich bleibt er mal verletzungsfrei. Dabei war das meine erste Verletzung überhaupt, ich war in der Jugend und in Dortmund nie verletzt.
SPOX: Und dann kommt nach der ersten auch weniger später gleich die zweite Operation...
Hofmann: Die zweite OP war psychisch etwas leichter wegzustecken, da ich bereits wusste, was auf mich zukommt. Der operierende Arzt meinte, dass ich nicht so lange wie nach der ersten Operation fehlen würde. Das hat mich sehr beruhigt, zumal auch die Sommerpause nicht weit entfernt war. Es war für den Kopf auf jeden Fall ein entscheidender Punkt, dadurch nicht so viel Zeit zu verlieren.
SPOX: Haben Sie sich in dieser Zeit selbst etwas vorgeworfen?
Hofmann: Währenddessen eigentlich nicht. Ich war einfach zu ehrgeizig, als ich nach der ersten OP gesagt habe, dass wieder alles passen würde. Da bin ich womöglich etwas zu früh wieder eingestiegen. Es ist nach einer solch langen Verletzungspause nicht einfach zu entscheiden, ob schon der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Das habe ich gelernt: Auch wenn man sich vielleicht schon fit und richtig gut fühlt, ist weniger manchmal doch mehr.
SPOX: Wie geht es Ihrem Knie aktuell, arbeiten Sie präventiv?
Hofmann: Ich muss jetzt spezielle Übungen machen, damit dauerhaft alles stabil bleibt. Momentan ist alles top, wir haben das gut im Griff. Ich habe keinerlei muskuläre Nachwirkungen.
SPOX: Noch vor Ihrer Verletzung haben Sie sich besonders in Ihren ersten Partien für die 05er deutlich mehr zugetraut als noch in Dortmund. Wie erklären Sie sich, dass der Knopf bei Ihnen derart aufgegangen ist?
Hofmann: Ich durfte spielen.
SPOX: Lag es ausschließlich daran?
Hofmann: Ich glaube schon.
SPOX: Es ist aber nicht automatisch gegeben, dass dann auch das Zutrauen in die eigene Stärke so wächst.
Hofmann: Das ist richtig. Ich war natürlich auch sehr glücklich darüber, dass es bei mir so gut geklappt hat. Ich will als Fußballspieler gebraucht werden, das geht doch jedem Kicker so. Ich habe mich in Mainz sofort sehr wohl und willkommen gefühlt, stand jede Woche 90 Minuten auf dem Platz. Mir sind dann auf einmal auch Dinge geglückt, die ich so gar nicht von mir kannte. Hinzu kam, dass es auch für den gesamten Verein sehr gut lief. Wir haben mit acht Spielen ohne Niederlage einen neuen Mainzer Startrekord aufgestellt.
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