"Die Jungs haben um mich gestritten"

Von Interview: Daniel Börlein
Lira Bajramaj will im Sommer den WM-Titel im eigenen Land gewinnen
© nike
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SPOX: Ihr Weg führte Sie schließlich zum Fußball.

Bajramaj: Der Fußball war für mich sehr wichtig. Dort habe ich schnell Freunde gefunden und mir auch Respekt verschafft, weil ich einfach sehr gut war. Fußball war für mich eine große Hilfe bei der Integration in Deutschland.

SPOX: Zunächst mussten Sie allerdings heimlich spielen, weil Ihr Vater das nicht wollte.

Bajramaj: Es gibt ja immer noch diese Leute, die denken: Frauenfußball geht gar nicht, das ist nur etwas für Männer. Und genau so einer war mein Vater auch. Irgendwann hat er dann allerdings rausbekommen, dass ich spiele und kam dann zu einem meiner Spiele. Er war total begeistert und ist heute noch mein größter Fan - aber auch Kritiker (lacht).

SPOX: Sie haben das Kicken noch ganz klassisch auf dem Bolzplatz gelernt.

Bajramaj: Ich sage immer ganz gern, dass ich eine typische Straßenfußballerin bin. Bei uns war das so, dass man auf dem Nachhauseweg von der Schule schnell was gegessen hat, weil dann gleich die Jungs vor der Tür standen und mich zum Spielen abgeholt haben. Und da war ich eigentlich fast immer bis abends auf dem Bolzplatz. Ich habe mir immer ein bisschen was zum Essen und Trinken eingepackt und habe den ganzen Tag gekickt. Ich habe eigentlich nichts anderes gemacht.

SPOX: Waren Sie das einzige Mädchen?

Bajramaj: Ja, wobei es anfangs schwierig war. Die Jungs haben mich immer ausgelacht und gesagt: Wir nehmen keine Mädels. Bis ich dann doch mal mitspielen durfte und so gut war, dass die Jungs am nächsten Tag gestritten haben, bei wem ich in der Mannschaft spiele.

SPOX: Naja, aber den Jungs wird es doch sicher auch nicht gefallen haben, dass Sie von einem Mädchen rundgespielt wurden?

Bajramaj: Bei unseren Jungs war das kein Problem. Aber wenn wir mal gegen andere gespielt haben, waren die schon in der Ehre gekränkt, wenn sie gegen uns verloren haben. Da gab's dann schon auch mal ein paar Sprüche und Ärger. Aber meine Brüder und Freunde haben immer gut auf mich aufgepasst (lacht).

SPOX: Mit Ihrer Geschichte dienen Sie vielen Menschen als Vorbild.

Bajramaj: Es gibt sehr viele Mädels, von denen ich Fan-Mails bekomme und die mir bei Spielen zujubeln. Von den älteren Leuten gibt's auch Fanpost. Da sind auch viele Jungs und Männer dabei...

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SPOX: ... die Ihnen dann auch Heiratsanträge machen oder ein Kind von Ihnen wollen?

Bajramaj: (lacht) Ja, das gibt's tatsächlich manchmal. Da kommt dann teilweise so eine Art Bewerbungsbogen mit Foto und Telefonnummer. Aber da bleibe ich dann doch meist etwas zurückhaltend (lacht).

SPOX: Heiraten wäre ja durchaus möglich, schwanger werden, wäre dann allerdings gleichbedeutend mit einer längeren Pause oder gar dem Karriereende.

Bajramaj: Heiraten, Kinder kriegen, eine Familie gründen ist natürlich ein Traum von mir. Momentan ist das allerdings schwierig mit meinem Beruf, und noch bin ich auch zu jung dafür, aber irgendwann möchte ich das schon hinkriegen.

SPOX: Profi-Fußballer haben es diesbezüglich deutlich einfacher als Profi-Fußballerinnen.

Bajramaj: Klar, bei uns wäre die Karriere erstmal vorbei, wenn wir ein Kind bekommen würden. Die Männer heiraten meist ja auch viel früher als wir.

SPOX: Warum eigentlich?

Bajramaj: Ich denke, Sie wollen nicht einsam sein. Bei den Männern ist das Ganze schon nochmal mehr Geschäft als bei uns, wo es auch um sehr viel Geld geht und Geld manchmal auch bestimmt, wo man im nächsten Jahr spielt. Da ist es natürlich gut, wenn man eine Frau an seiner Seite hat, die einen unterstützt und sich dann auch um die Kinder kümmert. Als Profi-Spielerin musst du so einen Mann erstmal finden, der das alles mitmacht, sich nach der Frau richtet und zudem akzeptiert, dass man erstmal keine Kinder kriegen wird. Das muss dann schon ganz große Liebe sein.

SPOX: Sie sagen selbst, dass Sie mit 23 Jahren noch Zeit haben in Sachen Familienplanung. Auf der anderen Seite haben Sie mit Ausnahme von Olympia-Gold schon alles gewonnen. Was soll da noch kommen?

Bajramaj: Bedenken, dass irgendwann Motivationsprobleme kommen könnten, habe ich überhaupt nicht. Wie Sie gesagt haben, fehlt mir ja noch Olympia-Gold. Das will ich unbedingt noch. Und außerdem: Einmal einen Titel gewinnen ist schön, drei- oder viermal ist noch viel schöner (lacht).

SPOX: Im Sommer steht die WM im eigenen Land an. Das Ziel heißt, Weltmeister werden. Mit dem gleichen Anspruch gingen 2006 auch die Männer in die Heim-WM. Am Ende reichte es "nur" zu Platz drei, allerdings begeisterte das Team das ganze Land und war für das berühmte Sommermärchen verantwortlich. Könnten Sie mit so einem WM-Verlauf auch leben?

Bajramaj: Wir wollen natürlich ganz viele Menschen begeistern und dazu bringen, sich mal für Frauen-Fußball zu interessieren. Aber an den dritten Platz denken wir nicht. Wir wollen den nicht, wir wollen auch Platz zwei nicht. Wir wollen unbedingt Weltmeister werden.

SPOX: Im Vorfeld der WM stehen auch Sie besonders im Fokus. Immer wieder ist von Lira Bajramaj, dem Glamour-Girl des deutschen Fußballs die Rede.

Bajramaj: Das wird von den Medien schon ziemlich gepusht. Ich bin da, um Fußball zu spielen, Leistung zu bringen und der Mannschaft zu helfen. Alles andere ist da wirklich zweitrangig. Natürlich trage ich gerne schicke Klamotten und will gut aussehen, auch beim Fußball. Aber das ist bestimmt nicht das Wichtigste für mich.

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