Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Serie A
von Oliver Birkner
Mourinho alias Nostradamus: Viel Schlaf bekamen die Inter-Spieler vor der Sonntags-Partie gegen Siena nicht. Bereits am Samstagabend standen die Nerazzurri durch Milans Niederlage in Udine als Meister fest und zogen mit Bier und Schampus bewaffnet spontan im offenen Bus zum Domplatz, wo bereits Tausende Interisti im Delirium den 17. Scudetto der Klubgeschichte feierten. Dabei schickten Materazzi, Chivu und Stankovic per Plakat aus Revanche anzügliche Grüße an einen Milan-Spieler: "Ambrosini, in meinem Arsch ist noch Platz!" Ambrosini hatte nach dem Champions-League-Sieg des AC vor zwei Jahren erklärt, dass sich Inter die Meisterschaft in den Allerwertesten schieben könnte. Den reißendsten Absatz fanden jedoch die Shirts mit der Aufschrift "Roma, Juventus, Milan - Zero Tituli". José Mourinho hatte der Konkurrenz vor Monaten in seinem portugiesisch gefärbten Italienisch null "Tituli" (korrekt eigentlich "Titoli") prophezeit und Recht behalten. Der Ausspruch erreichte schnell Kultstatus, Mourinho nennen die Interisti nun Nostradamus.
Der Heilige entscheidet über Ancelotti: Nach der jüngsten Kritik von Milan-Patron Silvio Berlusconi an Coach Carlo Ancelotti ("Es ist allein seine Schuld, dass wir den Scudetto nicht gewonnen haben") scheint die Zukunft des Trainers (Vertrag bis 2010) nicht mehr in Mailand zu liegen. Ancelotti, der Angebote von Chelsea und Real Madrid vorliegen haben soll, sagte: "Man verweilt nicht gegen den Willen der Heiligen im Paradies. Nun muss ich erst einmal mit DEM Heiligen reden" - sprich Berlusconi, der am liebsten einen der Ex-Milanisti Frank Rijkaard, Marco van Basten oder Leonardo auf der Bank sehen würde.
Der Mini-Undertaker schlägt zu: Etwas unorthodox feierte Fabrizio Miccoli seinen Führungstreffer für Palermo gegen Lazio. Nach seinem 100. Tor in der Serie A streifte er sich eine Wrestling-Maske über und erklärte nach Spielschluss: "Eine Hommage an mein Idol Rey Mysterio. Ich bin ein großer Wrestling-Fan und stehe oft um fünf Uhr morgens auf, um mir die Kämpfe im TV anzuschauen." Er würde außerdem gerne mal in die Rolle des "Undertaker" schlüpfen, sagte Miccoli - mit 1,68 Meter und 64 Kilo besteht da wohl wenig Hoffnung.
Premier League
von Raphael Honigstein
Miami Vice in Sutton Coldfield: Die "News of the World", ein Sonntagsblatt, das dank seiner Schlafzimmer-Stories in der Branche den Spitznamen "The News of the Screws" (frei übersetzt: Die Bums-Nachrichten) trägt, hat den tschechischen Stürmer Roman Bednar ganz schön reingeritten. NOTW arbeitete mit einem Dealer in Birmingham zusammen, der den Stürmer und seine Freundin mit Koks und Cannabis belieferte. Drei Mal kaufte das Pärchen vor seinem Haus im Vorort Sutton Coldfield Drogen und wurde dabei fotografiert. Die Story wurde ausgerechnet am Sonntag veröffentlicht, als West Brom im Heimspiel gegen Liverpool (vergeblich) gegen den Abstieg kämpfte. Bednar, 26, wurde suspendiert und kam nicht zum Einsatz. "Ich entschuldige mich zutiefst für die negative Publicity", ließ Bednar verkünden. Die Drogen will er - natürlich - für einen Freund gekauft haben.
Zidanes und Walcotts? Arsene Wenger wird des Öfteren von Real Madrid umgarnt, doch bisher beruhte die Liebe auf Einseitigkeit. Nachdem der Franzose sich jedoch vor dem 0:0 bei Manchester United heftigst über die launischen Fans im Emirates Stadion beschwert hatte ("Man könnte glauben, ich hätte jemanden umgebracht"), flirtete er in einem Interview im französischen Fernsehen erstmals mit einem Wechsel zu den Königlichen. "Das Projekt von Florentino Perez ist interessant", sagte Wenger, der sich mit dem Präsidentschaftskandidaten angeblich in Paris getroffen haben soll. Ob sich sein puristischer Fußball im Bernabeu verwirklichen lässt? Wenger müsste sich und seine Denkweise wohl gründlich ändern. "Unser Mittelfeld bei Arsenal hat ein Durchschnittsalter von 22", sagte er, "andere Teams würden damit gegen den Abstieg spielen." Genau das ist ja das Problem.
Rafa macht Fortschritte: Rafael Benitez weigerte sich nach Uniteds 18. Titelgewinn standhaft, Alex Ferguson zu gratulieren. "Ich habe Dinge gesehen und gehört, die mir nicht gefallen haben", sagte der Spanier, "deswegen sage ich heute nur: Gratulation Manchester United. Ein großer Klub." Eine "Kriegserklärung" wollte die "Sun" darin erkennen, in Wahrheit hat sich Benitez im fünften Jahr auf der Insel einfach den Gepflogenheiten angepasst: Die Meistertrainer Wenger und Ferguson sind ja ebenfalls sagenhaft schlechte Verlierer.
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
Ehre, wem Ehre gebührt: Sie sind die unumstrittenen Giganten der Liga, die Fußballgötter Spaniens. Am Sonntag betraten die Spieler des FC Barcelona das mallorquinische Ono Estadi bereits als Meister. Nach der Niederlage von Real Madrid gegen Villarreal war die Saison entschieden. Barca hatte nur fünf Tage nach dem Erfolg in der Copa del Rey den nächsten Titel gewonnen. Wie üblich in der Primera Division empfingen die Spieler von Mallorca ihre Gäste in einem Ehrengang auf dem Spielfeld. Das komplette Stadion applaudierte minutenlang dem neuen Campeon. Die Punkte blieben dann auf Mallorca, weil Barca zahlreiche Stars für das Champions-League-Finale in der übernächsten Woche schonte.
Faubert tiene cojones: Oliver Kahn forderte einst nach einer Bayern-Pleite: "Eier, wir brauchen Eier!" In Spanien unterscheiden sich Männer von Buben, wenn sie Cojones, also Eier haben. Julien Faubert hat welche. Das demonstrierte der Spieler von Real Madrid am Samstag in Villarreal. Während seine Kollegen gegen das gelbe U-Boot die dritte Niederlage in Folge kassierten, fläzte der Franzose in den gemütlichen Recaro-Sitzen der Auswechselbank und griff sich mehrere Mal saftig ins Gemächt. Nach ein paar Krauleinheiten sackte Faubert noch tiefer in den Sessel und schlief seelenruhig ein. Klasse Berufsauffassung! Aber Faubert hat sowieso keine Lust mehr auf Real. Seit seinem Wechsel von West Ham United im Januar hat der 25-Jährige 54 Minuten für Madrid gespielt. Faubert ist ausgeliehen, die vereinbarte Kaufoption werden die Königlichen nicht ziehen.
Der Newcomer bleibt: Während an der Spitze bereits alles entschieden ist, kämpfen in den unteren Regionen der Primera Division die Mannschaften noch um den Klassenerhalt. Nach zwei Monaten und glatten neun Spieltagen hat es für Sporting Gijon endlich wieder zu einem Sieg gereicht. 2:1 gewann die Mannschaft von Trainer Preciado gegen den FC Malaga. Keine Glanzleistung, aber ausreichend um wieder vom Klassenerhalt zu träumen. Das Eigentor von Malagas Rosario war wie ein unverhofftes Wunder für die Sporting-Spieler. Jetzt kann man im Kampf ums rettende Ufer wieder richtig mitmischen. Das Restprogramm gegen das so gut wie gerettete Valladolid und Schlusslicht Huelva sollte machbar sein.
Ligue 1
von Alexis Menuge
Bordeaux wie Wolfsburg: Genau zehn Jahre nach seinem letzten Meistertitel wird Girondins Bordeaux höchstwahrscheinlich wieder auf dem Thron landen. Mit neun Siegen in Folgen ist die Elf von Trainer Laurent Blanc einfach nicht mehr zu halten. Zwei Spieltage vor Schluss hat Bordeaux bereits die direkte Champions-League-Qualifikation sicher. Das Restprogramm (gegen Monaco und in Caen) scheint mehr als machbar und der Vorsprung von drei Zählern auf Olympique Marseille kann sich sehen lassen. Außerdem verfügt man mit Spielmacher Yoann Gourcuff über einen Top-Spieler, der bereits zwölf Tore und sieben Assists verbuchte. Wie der VfL Wolfsburg in der Bundesliga hat Bordeaux vor heimischem Publikum die Grundlage für den Titel gelegt. Die Bilanz: 13 Siege, 5 Unentschieden, 0 Niederlagen.
Der Löwe stirbt nie: Zwar hat Olympique Lyon seit diesem Wochenende definitiv keine Chance mehr auf den achten Meistertitel in Folge, doch ist man guter Dinge, das neue Saisonziel zu erreichen. Dann eben Champions League, heißt die Devise, sprich: Zweiter oder Dritter werden. Nach dem überraschenden 3:1 bei Olympique Marseille haben die Lyonnais bereits vier Zähler Vorsprung auf Paris Saint Germain (4.). Für OL war es der erste Dreier in dieser Spielzeit auf fremdem Boden gegen einen anderen Topklub. Nach scharfer Kritik an seiner Person und mageren vier Treffern seit Anfang des Jahres gab Karim Benzema mit einem Doppelpack die beste Antwort. Schließlich erzielte Juninho per Freistoß sein 99. Liga-Tor für Lyon.
Willkommen zurück in der Ligue 1: Racing Club Lens steht als erster Aufsteiger fest. Der Traditionsklub aus dem Norden hat es bereits zwei Spieltage vor Saisonende geschafft, genau ein Jahr nach seinem Abstieg sofort wieder in die Eliteklasse zurück zu kommen - obwohl es an diesem Wochenende eine 1:3-Niederlage in Brest setzte. Eine ganze Region kann nun aufatmen. Doch dieser Aufstieg war zu erwarten, denn der RCL war zum ersten Mal seit 17 Jahren abgestiegen. Mit einem Zuschauer-Schnitt von 30.000 freut sich die ganze Ligue 1 auf die Rückkehr der "Sang et Or" (Blut und Gold).