Serie A
Von Oliver Birkner
Spiel des Spieltags: Man weiß ja gar nicht so genau, wo man beim Duell Sampdoria gegen die Roma beginnen soll. Vielleicht am besten in der Nachspielzeit, als Nicolas Burdisso dem gestikulierenden Samp-Coach Delio Rossi an den Kopf warf: "Setz' dich hin, Pimmelkopf!" Das saß, und Rossi zeigte ihm zur Belohnung provokant den Stinkefinger.
Es bildete sich ein infernales Rudel an der Seitenlinie, in dem mehrere Roma-Profis dem Referee noch einmal akribisch Rossis Geste demonstrierten. Sicher der erste Fall der Fußballgeschichte, dem Schiedsrichter vollkommen ungestraft den Mittelfinger unter die Nase halten zu dürfen. Sehr erfrischend. Rossi erhielt jedoch Rot und verließ unter stehenden Ovationen der Tifosi den Innenraum. "Wenn ich mit 60 so wäre, würde ich mir einige Gedanken machen", sagte Daniele De Rossi, mit 29 eigentlich schon auf einem guten Weg dorthin. "Ich bin erst 52, und wenn ich provoziert werde, reagiere ich eben", erwiderte der Samp-Coach knapp. In der Tat. Erst im vergangenen Mai ging Rossi, damals in Diensten der Fiorentina, seinem ausgewechselten Stürmer Adem Ljajic auf der Bank an die Gurgel, weil der Serbe höhnisch den Trainersohn beleidigt hatte. Rossi wurde prompt entlassen, von den Florenz-Fans aber mit dem Transparent gefeiert : "Der einzige echte Mann inmitten von Söldnern!"
So ein Plakat wird Pablo Osvaldo wohl nicht mehr sehen. Der Angreifer der aktuellen Desaster-Roma "stahl" Francesco Totti die Ausführung eines Elfmeters, weil er seiner Freundin unbedingt eine Widmung auf dem T-Shirt unterm Trikot zeigen wollte. Wenn Osvaldos Beziehung allerdings ähnlich läuft wie der folgende grottigste Strafstoß aller Zeiten, dann muss er sich demnächst um Widmungen keine Sorgen mehr machen. Als Bonus begrüßten das Auto des Italio-Argentiniers am Abend Steine und Eier von einigen römischen Fans. Getoppt wurde alles dann von drängenden Fragen der Journalisten, ob Roma-Interimscoach Aurelio Andreazzoli nach dem 1:3 nun um den Job bangen müsste - es war seine erste Partie. Rom, wie es singt und lacht!
Mann des Spieltags: Und die Auszeichnung der Woche für verbale Extravaganz geht an Milan-Patriarch Silvio Berlusconi. "Es gibt nur eine Möglichkeit, Barcelona zu schlagen: Wir müssen sie mit drei Stürmern früh attackieren, um sie nicht ins Spiel kommen zu lassen. Allegri? Der versteht von Taktik einen Scheiß!" Ja, so stärkt man seinem Trainer eloquent den Rücken. Der "Scheiß-Taktiker" holt in den letzten Wochen eigentlich das Maximum aus dem Klub, der einen überdurchschnittlichen Angriff besitzt, und Mittelmaß in den beiden anderen Mannschaftsteilen. Doch Trainer Berlusconi würde den AC sicher zu glorreichen Triumphen führen. Schließlich sagt er bisweilen selbst: "Als ich Coach war, hat mein Team stets überragenden Champagner-Fußball geboten." Das war in den 1960ern, mit der Amateur-Werksmannschaft seines Bau-Unternehmens "Edilnord". Und sonst?
Und sonst? Und wo wir schon bei Milan sind, eröffnet sich bereits die nächste Humoreske. Erst 24 Stunden vor der Partie in Cagliari am Sonntag wusste man, wo das Duell überhaupt stattfinden würde. Unter der Woche hatten sich mehrere Institutionen in ihren Urteilen überboten, über das neue Stadion "ls Arenas" überhaupt sicher für ein solches Duell sei. Es wurde zunächst ins Turiner Olympiastadion verlegt und in letzter Instanz wieder nach Sardinien zurückbeordert. "Es stehen ein Bus nach Turin und ein Flieger nach Cagliari bereit - hoffentlich enden wir auch im richtigen Stadion", sagte AC-Trainer Allegri. Milan fand es und zumindest von Reiseplanung scheint er dann doch ein wenig zu verstehen. Zum Abschluss der Beweis, dass die ansonsten nutzlosen Statistiken bisweilen doch aufschlussreich sind. Gerade hatte Lazios Stefan Radu gegen Napoli einen Schuss in niederen Körperregionen erlitten, wo ihn ein Mann ungerne spürt. Da blendete Sky Italia die Bilanz des Rumänen auf den Bildschirm: "Radu - Bälle verloren 3, Bälle gewonnen 2". Anatomisch verwunderlich, doch immerhin nur eine Kugel eingebüßt.
Premier League
Von Raphael Honigstein
Spiel des Spieltags: Manchester Uniteds 2:0-Sieg gegen Everton war eher unspektakulär, doch er fühlte sich wie das entscheidende Match der Saison an. Mit zwölf Punkten Vorsprung vor Man City (1:3 in Southampton) befinden sich die "Red Devils" in einer "fantastischen Situation", wie Alex Ferguson frohlockte. Das Wort "Meisterschaft" wollte der Schotte zwar noch nicht in den Mund nehmen - "unser Ziel ist, das nächste Spiel zu gewinnen, und danach das nächste") - doch Buchmacher Paddy Power zahlte am Sonntagabend bereits alle Wetten auf die Roten aus.
Roberto Mancini gab die Schuld derweil an die Spieler weiter. "Wenn sie so spielen, sollten sie lieber zu Hause bleiben", sagte der Italiener. "Sie müssen Verantwortung übernehmen, sie brauchen große Eier. Sonst können sie nicht in einer Topmannschaft spielen. Mal sehen, ob sich die City-Jungs diese Attacke unterhalb der Gürtellinie gefallen lassen.
Spieler des Spieltags: Zwei Tore von Gareth Bale bescherten den Spurs einen 2:1-Sieg über Newcastle United. Der Waliser entschied die lange Zeit verkrampfte Partie spät im Alleingang, danach musste Andre Villas-Boas wieder über Bales (angebliche) Abwanderungsgedanken reden. "Es wäre eine Katastrophe für uns, ihn zu verlieren", sagte der Portugiese. Bales Solo-Show lenkte zum Glück von Emmanuel Adebayor von dessen verspäteter Rückkehr aus Südafrika-Cup ab. Wie man hört, soll seinem Privatjet das Benzin ausgegangen sein.
Und sonst? Der Rest des Wochenendes war ziemlich schmuddelig - nicht nur, was das Wetter angeht. Uniteds Patrice Evra ließ sich bei einer Affäre mit einem Playboy-Modell in Paris erwischen, der Linksverteidiger hatte die Dame vor dem Länderspiel mit dem Eurostar aus London importiert. Nicht ganz so fein war auch die Jubelpose von Southamptons Jason Puncheon. Der Torschütze bei Southamptons Sieg über City wischte sich an der Eckfahne mit imaginärem Toilettenpapier den Hintern ab. "Er scheißt, wann er will", sangen die Saints-Fans begeistert. Pose und Gesang spielten auf die Vorwoche an. Puncheon war während der Partie gegen Everton auf das stille Örtchen gerannt. In diesem Zusammenhang darf auch die neuste Geschäftsidee von Daniel Agger nicht unerwähnt bleiben. Der Liverpool-Verteidiger investierte eine halbe Million Pfund in die Kanalisationsfirma seines Bruders Marco in Dänemark. Das Unternehmen heißt, und das ist kein Witz, "KloAgger". Viel Glück damit.
Primera Division
Von Paula Villamarin Temperan
Spiel des Spieltags: Ja, die Meisterschaft ist längst entschieden. Wer würde daran noch zweifeln bei gefühlten 50 Punkten Vorsprung des FC Barcelona auf den ganzen bemitleidenswerten Rest? Dass der Zweite Atletico Madrid aber das Duell beim kleinen Nachbarn Rayo Vallecano verlieren würde, war so sicher nicht geplant. "Probleme zu Hause", schreibt die "Marca" in Anspielung auf den kurzen Anreiseweg Atleticos und mit einem Augenzwinkern - schließlich haben die Rojiblancos bis jetzt alle zwölf Heimspiele gewonnen.
Atletico hat jetzt vier der letzten fünf Auswärtsspiele verloren, der letzte Sieg außerhalb des Vicente Calderon datiert vom 18. November des letzten Jahres. "Wir haben gespielt wie Anfänger und waren in der ersten Halbzeit gar nicht auf dem Platz", zürnte Trainer Diego Simeone. Rayo dagegen beeindruckte einmal mehr mit unorthodoxer und rotzfrecher Spielweise und überrumpelte den Gegner in den ersten 45 Minuten förmlich. Rayo ist weiter Sechster, mit Kontakt zu CL-Platz vier. "Wir sind noch nicht zufrieden", sagt Trainer Paco Jemez. "Wir sind dabei, hier Geschichte zu schreiben."
Spieler des Spieltags: CR7? Radamel Falcao? Leo Messi? Nelson Valdez! Der Paraguayer entwickelt sich so langsam zum Super Sub der Liga. Unglaubliche 16 Mal wurde Valdez jetzt schon eingewechselt, eine Partie über die komplette Spielzeit durfte er erst ein Mal absolvieren. Bei Celta Vigo kam er mal wieder erst kurz vor Schluss - und traf 15 Sekunden vor dem Abpfiff per Kopf und mit der zweiten Ballberührung zum entscheidenden 1:0 für den FC Valencia. Es war bereits Valdez' viertes Tor in der Schlussminute in dieser Saison.
Und sonst? Natürlich dürfen wir auch Real Madrids glanzvollen Auftritt gegen den FC Sevilla mit Cristiano Ronaldos Dreierpack nicht verschweigen. Das Problem ist nur, dass der auch in Spanien kaum jemanden interessiert. Die Fans schauen gespannt auf Mittwoch, wenn es zu Hause gegen Manchester United geht. "Wir brauchen ein heißes Bernaubeu!" fordert die "Marca". In Barcelona ist man wegen des CL-Krachers gegen Milan in dieser Woche dagegen eher tiefenentspannt. Beim 6:1 gegen Getafe durften sich sechs verschiedene Spieler in die Torschützenliste eintragen. Espanyol siegte 4:0 in Bilbao. Von der Festung La Catedral ist derzeit nicht mehr viel übrig. Besonders Torhüter Iraizoz bekam den Zorn der Fans ab. Marcelo Bielsa wiederum fand das alles "ungerecht und übertrieben". Die Gäste pflügten nur so durchs San Mames, am Ende hatten sieben der elf Startspieler die Gelbe Karte gesehen. In La Coruna gehen langsam die Lichter aus. Das 0:3 zu Hause im Riazor gegen Granada rief den Mob auf den Plan, die Polizei mussten wütende Fans zurückhalten. Trainer Jose Pacienca trat zurück - dabei war er erst seit Januar im Amt.