Während Florenz den Ausfall zweier Offensiv-Stars beklagt, macht der AC Mailand durch unsportliches Verhalten auf sich aufmerksam. Jose Mourinho trauert alten Zeiten hinterher und London ist in Özil verknallt. In Sevilla sucht man derweil nach einer Frau für Marko Marin. Dies und mehr von unseren Korrespondenten in Europa.
Serie A
Von Oliver Birkner
Höllenspiel des Spieltags: Wer an Aberglauben leidet, für den waren die letzten Tage kein Wellness-Urlaub. Manche Gäste bestiegen am Freitag den 13. mit mulmigen Gefühlen die Finnair-Maschine Flight 666 to Hel (Kopenhagen nach Helsinki) - wem die unangenehme Zahlensymbolik nicht reichte, bekam mit der Höllen-Anspielung noch ein's draufgesetzt.
Auch Florenz-Coach Vincenzo Montella wird demnächst mit dem Flachsen vorsichtiger sein. Vor der Partie gegen Cagliari witzelte er gegenüber Mario Gomez, der müsse nach zwei DFB-Partien auf der Bank ja ungemein ausgeruht sein. Dann verdrehte sich der Deutsche in der 50. Minute das Knie und muss nun mindestens acht Wochen pausieren. Überhaupt geriet die Partie für die Toskaner zum Albtraum. Bereits in Hälfte eins musste der formidable Außenstürmer Juan Cuadrado per Schulterverletzung raus (drei Wochen Pause), in der 89. Minute kassierte die Fiore den 1:1-Ausgleich und in der Nachspielzeit wurde dem Team ein Foulelfmeter an Giuseppe Rossi verweigert.
Zur perfekten Abrundung erhielt David Pizarro dann noch einen Platzverweis - der Chilene hatte den ausbleibenden Pfiff nach einem 30-Meter-Sprint beim Referee mit den Worten beklagt: "Was zum Scheiß machst du da?" Natürlich kann man das eleganter formulieren, doch wenn "cazzo" demnächst jedes Mal eine Hinausstellung nach sich ziehen sollte, wird in Italien keine Partie mehr den Schlusspfiff erleben.
So sprach Montella hinterher von einem verteufelten Spiel: "Die Sache mit Mario ist unglaublich bitter - ich werde mir jeden Scherz jetzt zwei Mal überlegen. Und zum Platzverweis fehlen mir die Worte: Komisch, dass ein Balotelli jeden Schiri ungestraft beleidigen darf und Pizarro gleich zum Duschen muss." Kapitän Manuel Pasqual ergänzte: "Wir haben durch Fehler verdient den Ausgleich kassiert. Doch wo sind die Schiris, die ihre Fehler auch mal zugeben?" Für Florenz war der Mittagskick wahrlich Spiel 666 to Hell.
(Un)-Fairplay des Spieltags: Ansonsten wurde viel über Fairplay diskutiert. Beim Duell zwischen Torino und Milan lag Spieler Marcelo Larrondo zwei Minuten lang verletzt am Boden (mit Fußbruch, wie sich herausstellte), doch der AC kickte weiter. Als der Ball ins Aus flog und die Gastgeber wechseln wollten, verhinderte ein schneller Einwurf den Spielertausch, kurz darauf kamen die Mailänder dann zum Elfmeter, der zum glücklichen 2:2 führte (90./+5).
"Der Elfer ging in Ordnung. Doch es wäre nie dazu gekommen, wenn Milan Anstand besessen hätte. Ein derartiges Verhalten hat ein Klub wie der AC wirklich nicht nötig", monierte der Turiner Präsident Urbano Cairo. "Ich sagte Mexes, schnell einzuwerfen, um den Wechsel zu blockieren. Verständlich, dass sich Torino beraubt fühlt, doch unsere Aktion war regulär. Wenn, dann muss der Referee das Spiel stoppen, nicht wir", so AC-Coach Max Allegri.
Anders Arturo Vidal, der nach Juves 1:1 bei Inter, ein elfmeterreifes Foul an ihm folgendermaßen kommentierte: "Absolut korrekt, dass es keinen Strafstoß gab, denn ich hatte den Ball zuvor mit der Hand gespielt."
Und sonst? Abgesehen von den Diskussionen setzte der Milan-Elfmeter eine beeindruckende Serie fort. Mit dem Tor zum Ausgleich verwandelte Mario Balotelli den 21. Strafstoß seiner Profi-Karriere und scheiterte damit noch nie bei einem Elfer. Er traf vom Punkt für Inter (2), Manchester City (8), Milan (8) und die Nationalelf (3). Zuletzt vergab ein 16-jähriger Balotelli in der Jugend 2006.
Nicht immer sind Spielsysteme und großartige Vorlagen für einen Sieg verantwortlich. Beim WM-Quali-Spiel Italien gegen Tschechien (2:1) twitterte der Field-Reporter der Rai in der Schlussphase stolz: "Ich habe soeben einen zweiten Ball aufs Feld gekickt, um etwas Zeit zu gewinnen. Damit bin ich zweifelsohne auch unter den Erfolgs-Protagonisten, falls Italien die Führung hält." Vielleicht beruft ihn Cesare Prandelli 2014 ja in den WM-Kader - Erfolgs-Protagonisten kann man bei einem langen Turnier immer brauchen.
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Premier League
Von Raphael Honigstein
Spiel des Spieltags: So richtig gut war ehrlich gesagt gar kein Spiel an diesem Wochenende - die Premier League kommt dieses Jahr nur schwer in die Gänge. Immerhin gab es beim 1:0 von Everton gegen Chelsea die erste mittelgroße Überraschung. Steven Naismiths Tor bescherte den Toffees einen schönen Sieg - und Jose Mourinho ein paar nostalgische Momente. "Nein, es nicht alles wie 2004", sagte der Portugiese ein bisschen traurig. "Damals (in Mourinhos erster Saison an der Stamford Bridge, der Verf.) haben wir im Oktober unser erstes Spiel verloren. Diese Mannschaft ist anders, sie hat ein anderes Profil".
Es gelte nun, hart zu arbeiten, um "das schöne Spiel in Tore zu verwandeln". Nun, so schön war das Spiel der Blauen im Goodison Park eher nicht. Und Samuel Eto'o ging vorne in Sturm nach dreißig Minuten die Puste aus. Warum Mourinho Romelu Lukaku an Everton verlieh, bleibt ein Rätsel, aber auch hier bringt, wie Jose sagt, der Vergleich mit der Vergangenheit nichts. "Didier Drogba ist nicht mehr da, wir haben jetzt andere Spieler. Lukaku und Drogba haben nicht das gleiche Profil. Sie sind grundverschieden", sagte Mou, den am Samstag nichts aufheitern konnte.
Mann des Spieltags: Am Vorabend mit Magen-Darm-Grippe außer Gefecht und am Samstag der Matchwinner: Mesut Özil feierte beim 3:1 von Arsenal in Sunderland einen traumhaften Premier-League-Einstand. "Ich glaube, er trug Zauberschuhe, jede Ballberührung war gut", schwärmte Sunderland-Coach Paolo Di Canio, "wir müssen mal nachschauen, ob das nicht doch Handschuhe waren." Nein, der 24-Jährige lief nicht auf den Händen durch das Stadium of Light. Aber er war so gut, dass Kollegen wie Aaron Ramsey ihm fast schon Liebeserklärungen machten. "Sein linker Fuß ist ein Wunder, so wie er den Ball streichelt kommt jeder Pass perfekt in den Lauf", säuselte Ramsey beseelt. Özil, das scheint sicher, wird es schaffen, dass Arsenal noch mehr wie Arsenal spielt. Ob dadurch die Probleme in der Defensive verschwinden, ist allerdings eine andere Frage.
Anything Else? Hull-City-Eigentümer Assem Allam macht Ernst. In einem Interview mit dem Guardian erneuerte der in Ägypten geborene Unternehmer sein Vorhaben, den Klub in "Hull Tigers" umzubenennen. "In ein paar Jahren werden viele Klubs ihre Namen verändern und sich interessantere Namen geben", prophezeite der 73-Jährige, "ich werde als Pionier gelten." Im Moment finden besonders die armen Null-Fans doch ein paar andere Bezeichnungen für den Mann. Für die Kollegen von Manchester City hatte Allam übrigens auch noch einen tollen Tipp: "Als Eigentümer von City würde ich sie in Manchester Hunter (Jäger) umbenennen - das hat Power". Eine prima Idee.
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Primera Division
Von Frank Oschwald
Torjubel des Spieltags: Dass der klassische Torjubel im Weltfußball längst vom Aussterben bedroht ist, dürfte für die meisten nichts wirklich Neues sein. Auch, dass jedes Wochenende immer wildere und abgefahrenere Freudentänze nach dem Tor aufgeführt werden, ist längst zur Gewohnheit geworden. Umso beeindruckender, dass Getafes Miku trotz der abgestumpften Fans mit seinem Torjubel noch Aufsehen erregte.
Der Stürmer drehte mit seinem Doppelpack das Kellerspiel gegen Osasuna im Alleingang und bescherte Getafe somit den so dringend benötigten ersten Dreier der Saison. Doch nach dem zweiten Tor schienen ihn sämtliche Geister zu verlassen. Nachdem er den Ball aus gut 15 Metern flach ins rechte Eck geschoben hatte, vollführte er zunächst eine 360° Drehung, um danach im Sprint als menschliche Kanonenkugel ins gegnerische Tornetz zu springen. Was Miku damit bezwecken wollte, ist nicht bekannt. Es beschleicht einen jedoch das Gefühl, dass der Stürmer selbst nicht genau wusste, was er da eigentlich so treibt. Verletzt wurde jedenfalls niemand.
Spieler des Spieltags: Malagas Mounir el Hamdaoui wird sich vor seinem ersten Einsatz von Beginn an für sein neues Team auch so seine Gedanken gemacht haben. Wird die Premiere wohl gut laufen und kann ich vielleicht sogar direkt eine Bude machen? Es ist gut gelaufen. Und er hat nicht nur eine Bude gemacht. Gleich drei Mal netzte der Marokkaner bei seinem Startelf-Debüt und steuerte zudem noch einen Assist bei. El Hamdaoui ist somit Hauptschuldiger für den 5:0-Sieg Malagas über Rayo. Zudem bescherte er Malaga-Coach Bernd Schuster den ersten Sieg mit seinem neuen Team. "Es ist ein perfekter Einstand für ihn. Er bringt uns mit seiner Spielweise, seiner Qualität und seiner Hingabe enorm weiter", jubelte der Deutsche nach dem Spiel. Der Marokkaner war erst kurz vor Transferschluss nach Südspanien gewechselt. Beim AC Florenz machte der Stürmer in der letzten Saison zwar 19 Ligaspiele, kam allerdings nur auf - klar - drei Tore.
Die Achterbahn bzw. Geisterbahnfahrt von Rayo Vallecano geht mit der 0:5-Klatsche indes munter weiter. Nach dem Ausschluss aus der Europa League aufgrund von finanziellen Unregelmäßigkeiten und dem lockeren 3:0-Sieg gegen Elche am ersten Spieltag schielten die Fans bereits wieder auf die internationalen Plätze. Doch dann setzte es drei Niederlagen in drei Spielen, zwei Mal davon gab es wie am Wochenende "La Manita", eine ganze Handvoll. Somit stehen die Hauptstädter mit drei Punkten und einem verheerenden Torverhältnis da. Besserung ist nicht in Sicht. Der Gegner nächste Woche heißt FC Barcelona.
Und sonst so? Nach einem Jahr auf der Chelsea-Tribüne muss sich Marko Marin in Sevilla aktuell wie im Himmel vorkommen. In Spanien ist er gesetzt, das Wetter ist sowieso besser als im verregneten England und die Fans haben ihren kleinen Flügelflitzer schon nach vier Spieltagen ins Herz geschlossen. So sehr, dass sie den ausgeliehenen Marin mit aller Gewalt in Sevilla halten wollen. Jedoch nicht mit einem Sack voll Geld oder einer Stammplatzgarantie, sondern mit weiblicher Unterstützung. Die Fans wollen dem Deutschen eine Frau suchen, die ihn in Sevilla sesshaft werden lässt. Bei Teamkollege Ivan Rakitic hat dies schließlich schon funktioniert. Der Ex-Schalker hat seine Frau in Sevilla kennengelernt und blieb im Sommer trotz guter Angebote in Spanien.
Liebe oder nicht, für den FC Sevilla läuft es in der Liga aktuell nur holprig. Gegen Barcelona erzielte man im Camp Nou nach 0:2-Rückstand in der Schlussminute sensationell das 2:2 und hatte gar das Siegtor auf dem Fuß, kassierte dann allerdings in der dritten Minute der Nachspielzeit das bittere dritte Gegentor. Nach vier Spieltagen steht Sevilla somit mit lediglich zwei Pünktchen da. Dennoch gibt es Erfreuliches zu vermelden: Piotr Trochowski feierte gegen Barcelona nach fast einjähriger Verletzungspause (Knorpelschaden und Schienbeinbruch) sein Comeback. Sein letztes Spiel vor der ewigen Leidenszeit machte er am 6. Spieltag der vergangenen Saison. Gegner war - klar - der FC Barcelona.
Serie A: "Fairplay" auf Mailander Art