Serie A
Von Oliver Birkner
Spiel des Spieltags: Constantino Marini wunderte sich gestern Abend, als ihn beim Umtrunk mit Kumpels plötzlich dutzende SMS erreichten. "Dein Rekord ist jetzt Geschichte", tippte unter anderem sein Bruder. Marini war der letzte, der bei einer Jugendpartie im März 2006 einen Elfmeter von Mario Balotelli pariert hatte. Es folgten 21 verwandelte von Super Mario bis Napolis Pepe Reine der Serie nun ein Ende bereitete. "Dafür will ich das Trikot des Spaniers - das habe ich mir verdient", forderte Constantino, im Gegensatz zu Balo in diametraler Karriere-Entwicklung mittlerweile Keeper in der Kreisliga B. Für Balotelli verlief der Abend ohnehin zum schnellen Archivieren: Elfer verschossen, Latte getroffen, ein Anschlusstor, das nichts mehr brachte, zwei rüde Fouls kassiert und sich nach Spielschluss deshalb so lange beim Schiri beschwert, bis der ihm Gelb-Rot vor die Nase hielt.
"Wenn das Spiel vorbei ist, hält man den Mund und basta! Solch hysterischen Proteste richten bloß Schaden an", zürnte Coach Max Allegri, dessen Milan eigentlich gar nicht so schlecht gekickt hatte. Doch Neapel zeigte die reifere Spielanlage und vor allem höhere Qualität - insbesondere Gonzalo Higuain bringt die SSC-Tifosi derzeit in Ekstase. Ein Argentinier besitzt in Neapel freilich einen immensen Bonus, nach dieser Woche erst recht. Ein Higuain-Treffer verhalf den Himmelblauen zum ersten Sieg bei Milan seit Maradonas-Napoli 1986 (danach neun Remis und zehn Niederlagen). Überhaupt machte "el Pipita" bereits vier Tore in fünf Partien, darunter das wichtige 1:0 gegen Dortmund, wonach er neun Mal von Stadio San Paolo und dem stadionsprechenden Pep-Guardiola-Lookalike donnernd gefeiert wurde. Napoli rockt - mit Gonzaaaaaalo Higuain!
Tränen des Spieltags: Bisweilen lassen Profis ihre Coolness fallen. Zwei Jahre lang besaß Federico Balzaretti keinen leichten Stand bei der Roma. Viele kreideten ihm auch die 0:1-Niederlage im Pokalfinale gegen Lazio vergangenen Mai an. Zu allem Überfluss brachte Torschütze Senad Lulic vor dem Derby am Sonntag auch noch eine Kollektion "Lulic71" heraus - er hatte in der 71. Minute zum Coppa-Erfolg getroffen. Am Sonntagmittag traf Balzaretti den Pfosten, und es schien mal wieder durchwachsen zu laufen. Doch gleich in der Folgeszene servierte Totti und der 32-Jährige traf zur Führung. Von der dröhnenden Südkurve kam Balzaretti schluchzend mit tränenüberströmtem Gesicht aufs Feld zurück.
"Ohne diese Fans und diesen Klub wäre ich rein gar nichts", sagte er nach Spielende und wieder kullerten Tränen das Gesicht runter. Ist doch herrlich, wenn es manchmal menschelt. Der neue Coach Rudi Garcia hat bei den Anhängern in jedem Fall einen Stein im Brett. "Derbys spielt man nicht, Derbys gewinnt man", konstatierte er vorher und brachte den Giallorossi den ersten Erfolg nach vier Niederlagen und einem Remis. "Wie man bei uns in Frankreich sagt: Die Kirche steht wieder im Zentrum des Dorfes." Das Dorf wird man ihm im rot-gelben Rom gütig vergeben.
Und sonst? 18 Jahre Massimo Moratti und Inter sind bald vorbei. Moratti tritt 70 Prozent des Vereins an den indonesischen Medienmogul Erick Thohir ab. Der 43-Jährige setzt pro Jahr über zehn Milliarden um und ist sportlich bereits Mitinhaber beim NBA-Klub Philadelphia 76ers und dem Fußballteam aus der Hauptstadt Washington. 250 Millionen Euro zahlte Tohir für die Inter-Kontrolle und will nach Schuldenabbau vor allem Youngster einkaufen. Moratti besaß für derartige Anstrengungen keine Kraft mehr. Er holte in 18 Jahren fast 170 Spieler und pumpte rund 1,4 Milliarden Euro in den Verein - mit 16 Trophäen ist er dafür der erfolgreichste Inter-Präsident der Geschichte.
Der Ausstand hätte kaum gebührender laufen können: Nach 18 Monaten reiste er seinem Herzensklub auswärts mal wieder nach. Dabei siegten die Nerazzurri bei Aufsteiger Sassuolo 7:0 mit dem höchsten Serie-A-Sieg der Vereinshistorie fern des San Siro. Diego Milito traf beim Comeback 220 Tage nach dem Kreuzbandriss zwei Mal. "Thohir heißt die Zukunft, doch ich werde immer da sein", sagte Moratti, der den Verein ohne peinliche Klatschpresse, rauschenden Feste oder pompösen Yachten vor Dubai führte. Mit Rationalität habe das nichts zu tun, betonte er oft, denn Inter ist ein Empfinden. Das genießt er künftig ohne Millionen in die Kassen zu pumpen. Dafür ist jetzt Indonesien zuständig.
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