Vom Weltfußballer zum Weltenbummler

Ole Frerks
28. Februar 201417:17
Weltenbummler? Der AEK Athen war nur der zehnte von insgesamt 15 Karrierestationen Rivaldosgetty
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Rivaldo, Adriano, Denilson - sie alle hatten bewegte Karrieren. Während einer an seinen inneren Dämonen und ein anderer am Hype um seine Person scheiterte, kickt der Älteste im Bunde mit 41 Jahren noch immer.

Rivaldo - Vom Weltfußballer zum Weltenbummler

Mit 31 Jahren hatte Rivaldo seinen Status als einer der besten Mittelfeldspieler seiner Generation gesichert. In der Nationalmannschaft und im Verein hatte er als Weltmeister beziehungsweise Champions-League-Sieger die wichtigsten Titel abgeräumt, mehrere Meisterschaften, Pokalsiege sowie der Sieg der Copa America kamen dazu.

Individuell durfte er sich bereits Europas und Weltfußballer des Jahres 1999 nennen, unter anderem wurde er Torschützenkönig der Champions League und der Copa America. Außerdem wurde er vom armen, O-beinigen Jungen aus Brasilien im Jahr 2001 zum bestbezahlten Fußballer der Welt.

Seine Karriere lieferte damals bereits Stoff genug für eine lebhafte Biographie. Allerdings hört Rivaldo bis heute nicht damit auf, neue Kapitel zu schreiben. Seit 2004 hat er für insgesamt acht Vereine gekickt, auch skurrile Stationen wie Usbekistan oder Angola kamen in den Genuss seiner Freistöße und der Technik, die ihn einst zum Superstar werden ließen.

Drei Kontinente in vier Jahren

Nach eineinhalb Jahren beim AC Milan spielte Rivaldo 2004 erstmals seit acht Jahren wieder in Brasilien. Bei Cruzeiro blieb er allerdings nur für ein halbes Jahr, bevor es abermals nach Europa ging - im Sommer heuerte er beim griechischen Topklub Olympiakos Piräus an.

Rivaldo, der in seiner Mailänder Zeit mit Verletzungen zu kämpfen hatte, war zu dieser Zeit wieder richtig fit und hatte mit Piräus drei überaus erfolgreiche Jahre mit drei Meisterschaften und zwei Pokalsiegen. Trotzdem trennten sich Verein und Spieler später nicht im Guten: Ein neues Vertragsangebot mit geringerem Gehalt fasste Rivaldo angeblich als Beleidigung auf.

Piräus war der bis heute letzte Verein, bei dem er mehr als zwei Saisons am Stück absolvierte. Nach einer Saison beim Ligakonkurrenten AEK Athen verabschiedete er sich 2008 von der europäischen Bühne und heuerte in Asien an, dem dritten Kontinent in vier Jahren. Es verschlug ihn zum "FC Chelsea Usbekistans", einem Klub namens Bunjodkor Taschkent.

Karriereende beim Heimatverein?

Zwei Jahre später kehrte Rivaldo der fußballerischen Obskurität von Usbekistan den Rücken zu und unterschrieb bei seinem Heimatverein Mogi Mirim in der brasilianischen Serie B. Er wurde außerdem zum Vereinspräsidenten und hatte eigentlich geplant, seine Karriere dort ausklingen zu lassen. Eigentlich.

In der Realität ließ er sich Anfang 2011 zum Topklub FC Sao Paulo ausleihen, bei dem er als 39-Jähriger immer noch für 30 Spiele und immerhin fünf Tore gut war. Er erhielt keinen neuen Vertrag, hatte allerdings erneut Blut geleckt. Der nächste kuriose Vereinswechsel ließ abermals nicht lange auf sich warten.

Weiter, immer weiter

2012 hakte Rivaldo den nächsten Kontinent auf seiner Liste ab und wechselte zu Kabuscorp, einem Erstligisten in Angola. Dort wurde er zum drittbesten Torschützen der Liga und begeisterte die Fans mit seinen Traumtoren wie eh und je. Zudem unterstützte er auch hier mehrere Sozialprojekte. Wie in den späten Jahren seiner Karriere üblich, hielt es ihn aber auch dort nicht länger als ein Jahr.

Heute ist Rivaldo 41 Jahre alt und spielt beim brasilianischen Zweitligaklub Sao Caetano. Es ist der 15. Verein, für den Rivaldo aufläuft. Sein Vertrag läuft noch bis zum Dezember. Ob er danach vielleicht wirklich mal aufhört, weiß wohl nur er selbst. Wenn das Feuer weiterhin brennt, wird sich schon noch was finden - hinter Australien fehlt ja beispielsweise noch ein Haken.

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Adriano - Vom goldenen Schuh zur goldenen Mülltonne

2004 wurde Adriano von keinem geringeren als Ronaldo als dessen Nachfolger auserkoren. "Er ist ein Kämpfer, und seine Lebensgeschichte, wie er sich immer wieder aufrappelt, ist fantastisch", erklärte der dreimalige Weltfußballer seine Wahl.

Die erschien damals auch logisch: Die Selecao hatte der "Imperator" gerade als bester Spieler zum Sieg der Copa America geführt. In Italien feierte er in dieser Zeit seinen Durchbruch zum nächsten dominanten Stürmer der Serie A, hatte sich endlich bei seinem Verein Inter etabliert.

Ein Jahr später schien es, als würde Ronaldo Recht behalten. Adriano schoss 28 Pflichtspieltore und wurde zum Welttorjäger des Jahres, zudem führte er Brasilien als bester Spieler zum Sieg beim Confed Cup. Es war aus heutiger Sicht allerdings die letzte Phase seiner Karriere, in der er den Großteil der Schlagzeilen auf und nicht neben dem Feld machen sollte.

Das Blatt wendet sich

Denn 2006 erfolgte ein Knick in der bis dahin so vielversprechenden Karriere des Adriano Leite Ribeiro. Der frühe Tod seines Vaters stürzte den damals 24-Jährigen in schwere Depressionen. Er suchte sein Heil im Alkohol, wodurch er binnen kurzer Zeit seine Stammplätze sowohl bei Inter als auch in der Selecao verlor. Schlagzeilen machte er in dieser Zeit durch Partys und Disziplinlosigkeiten.

"Nach dem Tod meines Vaters und der Trennung von meiner Freundin habe ich Zuflucht im Alkohol gesucht", gab Adriano später zu. Die Presse prügelte damals auf ihn ein: Zweimal in Folge wird ihm die zweifelhafte Ehre zuteil, mit der "goldenen Mülltonne" (Bidone d'oro) als schlechtester Spieler der Serie A ausgezeichnet zu werden.

2008 scheint Adriano seine persönlichen Probleme zwischenzeitlich überwunden zu haben. Als Leihgabe erzielt er in Brasilien für den FC Sao Paulo in 28 Spielen 17 Tore, bevor er im Sommer zu Inter zurückkehrt. Diese fällt allerdings nicht gerade triumphal aus, auch wenn Inter mit Jose Mourinho einen neuen Trainer hat, der schon bei Chelsea als Fan des Brasilianers galt.

Rückendeckung vom Heimatverein

Schon früh wird deutlich, dass er sich fernab von der Heimat abermals nicht auf den Fußball konzentrieren kann. Im April 2009 wird sein Vertrag einvernehmlich aufgelöst, nachdem er unter anderem einmal sturzbetrunken zum Training erschien. "Ich werde eine Auszeit nehmen, weil ich die Lust am Spielen verloren habe", erklärt Adriano damals.

Wieder kehrt er nach Brasilien zurück. Er unterschreibt nach der besagten Auszeit bei seinem Jugendklub Flamengo Rio de Janeiro, wo er trotz sichtbaren Übergewichts zu seiner Spielfreude zurückfindet. In 38 Pflichtspielen kommt er auf 23 Tore. Wohl auch, weil der Verein über seine Eskapaden hinwegsieht, die weiterhin stattfinden.

Die skurrilste davon: Adriano schwänzte mit Teamkollegen das Training, um sich zu betrinken. Seine Freundin bekam das mit und bewarf die Autos der Spieler mit Steinen, bis Adriano sie kurzerhand an einen Baum fesselte, an dem sie dann die Nacht verbrachte. "Adriano braucht Verständnis und Hilfe von allen, damit er seine Probleme überwindet", kommentierte der damalige Flamengo-Trainer Andrade.

Die nächste Mülltonne

Beim AS Rom hofft man im Jahr 2010, dass er ebendiese Probleme überstanden hat, und stattet ihn mit einem Dreijahresvertrag aus. Adriano erschien allerdings abermals mit etwa 20 kg Übergewicht. Nach nur acht Monaten wurde der Vertrag wieder aufgelöst, er schoss für die Roma kein einziges Tor und "gewann" als einziger Spieler überhaupt zum dritten Mal die goldene Mülltonne.

Erneut kehrte Adriano nach Brasilien zurück, sein neuer Klub Corinthians sicherte sich allerdings schon im Voraus vertraglich gegen etwaige Undiszipliniertheiten ab. Es kam, wie es kommen musste: Adriano fiel wieder negativ auf und der Klub machte 2012 von seinem Recht Gebrauch, den Vertrag zu annullieren. Noch im selben Jahr wiederholte sich diese Geschichte bei Flamengo. Seit November 2011 hat Adriano kein Spiel mehr bestritten.

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Denilson - Der teuerste Spieler der Welt

Denilson war gerade einmal 20 Jahre alt, als er 1998 zum bis dahin teuersten Spieler überhaupt wurde. 31,5 Millionen Euro überwies Real Betis damals für den quirligen Brasilianer, der mit seinen Dribblings und seinem Spielwitz als eines der größten Talente der Welt galt. Der Klub war damals extrem ambitioniert und wollte mit der Verpflichtung wohl auch ein Statement setzen.

Gelohnt hat sich der Transfer nicht. Schon in seiner zweiten Saison stieg Betis ab, auch danach konnte Denilson die in ihn gesteckten Erwartungen in Spanien nie erfüllen. In der Nationalmannschaft war er 2002 zwar Teil der Weltmeister-Mannschaft Brasiliens, auf Vereinsebene wurde er allerdings zum waschechten Wandervogel.

2005 beendete Sevilla das Experiment und verkaufte Denilson mit über 20 Millionen Euro Verlust an Girondins Bordeaux. Dort machte er das schnellste Tor in der Geschichte der Ligue 1 (nach elf Sekunden) und spielte eine gute Saison. Seine Gehaltsforderungen waren danach allerdings so exorbitant, dass Bordeaux sich seine Weiterbeschäftigung nicht leisten konnte.

Sechs Klubs in vier Jahren

Von da an wurde es wild. Für ein Jahr heuerte er in Saudi-Arabien bei Al-Nasr an, danach folgte ein Gastspiel in der amerikanischen Major League Soccer beim FC Dallas. Nach ein paar Monaten in Dallas absolvierte er 2008 eine komplette Saison bei Palmeiras in seiner Heimatstadt Sao Paulo.

Denilson war damals erst 31 Jahre alt, trotzdem traute man dem einstigen "Weltstar" nicht mehr allzu viel zu. Bei Palmeiras erhielt er keinen neuen Vertrag, bei den Bolton Wanderers durfte er eine Zeit lang mittrainieren, wurde aber nicht verpflichtet. Also schraubte er seine Ansprüche herunter und wechselte zu Itumbiara, um dort um die Staatsmeisterschaft des brasilianischen Bundesstaats Goias zu spielen.

Bei Itumbiara hielt es ihn abermals nur ein halbes Jahr. Seine nächste Station hieß Hai Phong Cement und war in Vietnam ansässig. Seine Leistungsdaten dort lesen sich wie folgt: 45 Minuten Spielzeit, ein Tor. Er verletzte sich und kündigte seinen Vertrag nach nur drei Wochen wieder.

Das Ende der Reise

2010 versuchte er beim griechischen FC Kavala nochmal ein Comeback und unterschrieb sogar einen Zweijahresvertrag. Schon bald erkannte der Klub allerdings, dass Denilson außer Form war und wenig dafür tun wollte, dies zu ändern. Die Folge: Nach nur drei Monaten im Verein wurde er wieder entlassen, ohne eine einzige Partie absolviert zu haben.

Was lief also schief? Zum einen war da mit Sicherheit der Titel "Teuerster Spieler der Welt", der für immer mit seinem Namen verbunden sein wird. Dadurch wurden Erwartungen aufgebaut, die er schlicht und einfach nicht erfüllen konnte.

Allerdings lag das zum Teil wiederum auch an ihm selbst. Fußballerisch beherrschte er nahezu alles, jedoch fehlte ihm grundlegendes Spielverständnis fast vollständig. Es gab wohl nur wenige Fußballer, die jemals so viel Spaß daran hatten, an der Seitenauslinie gegen zwei oder drei Gegner Dribbelarien zu zelebrieren.

Wie aus einem Videospiel

Einen simplen Pass zum besser postierten Mitspieler sah man von ihm selten bis nie, ins nichts führende Salven von Übersteigern dafür umso häufiger. Sein Verhalten auf dem Feld wirkte bisweilen, als sei er ein Videospiel-Charakter, der von einem Kleinkind gesteuert wird. Was neutrale Zuschauer zum Jubeln brachte, ließ seine Trainer regelmäßig die Köpfe schütteln.

"Er hat an den Hype geglaubt, ist davon ausgegangen, dass er zum besten Spieler der Welt werden würde. Als er realisierte, dass das nicht passieren würde, hat er das Momentum verloren", analysierte der "BBC"-Experte Tim Vickery die letztlich enttäuschende Karriere des Denilson.

In der Tat war er extrem von sich überzeugt, sagte 1996 zur Wahl seiner Trikotnummer bei der Selecao: "Ich bin doppelt so gut wie die Nummer 10." Die hörte damals übrigens auf den Namen Rivaldo.

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