SPOX: Herr Ebert, vor kurzem war Ihr guter Freund Jerome Boateng mit den Bayern in Moskau. Haben Sie sich getroffen?
Ebert: Ja, ich habe ihn nach der Ankunft im Hotel besucht. Ich habe mich sehr gefreut, einen alten Freund mal wieder sehen zu können. Wir haben lange über die alten Zeiten gequatscht und uns am nächsten Tag gleich nochmal getroffen. Man sieht sich leider zu selten, weil er noch häufiger unterwegs ist als ich.
SPOX: Wie viele Freunde haben Sie sonst noch im Fußballgeschäft?
Ebert: Mit Sejad Salihovic verbindet mich vieles, auch mit Marco Djuricin. Jerome kenne ich seit Ewigkeiten. Die Jungs sind mir schon in Berlin ans Herz gewachsen. Ich versuche, diese Kontakte zu pflegen. Marco hatte damals eine schwierige Zeit bei der Hertha, aber jetzt trifft er wie am Fließband für Sturm Graz. Jerome ist ein guter Junge. Mit ihm habe ich bereits in der Jugend gespielt, gemeinsam sind wir U-21-Europameister geworden. Dann hat er diese Raketenkarriere hingelegt, er wollte immer Weltmeister werden. Er hat alles erreicht in seiner Karriere und ich gönne ihm das von ganzem Herzen.
SPOX: Hatten Sie zu Ihrer Zeit in Berlin auch sogenannte falsche Freunde?
Ebert: Es waren sicherlich Freunde, aber keine engen Freunde. Mit denen stehe ich auch nicht mehr im Kontakt. Dennoch will ich die Zeit mit ihnen nicht missen. Jeder hat dann andere Interessen verfolgt und sich entwickelt. So ist jeder seinen Weg gegangen.
SPOX: In Berlin standen Sie unter ständiger Beobachtung. Wie schwierig war das als junger Mensch?
Ebert: Ich will nicht anderen Leuten die Schuld geben, wie meine Karriere verlaufen ist. Ich mache mir keine Gedanken in die Richtung: Wenn ich dieses und jenes nicht gemacht hätte, wäre ich jetzt hier oder dort. Diese Ausreden habe ich mit 20 benutzt, heute aber nicht mehr. Ich bin jetzt hier, weil ich hier sein soll. Gott hat das so für mich vorgesehen. Ich bin mir oft selbst im Weg gestanden, habe nicht so gelebt, wie man als Profi leben sollte. Dadurch konnte ich meine Leistung nicht zu 100 Prozent abrufen. Das war mein größtes Problem.
SPOX: Medial ist es seit Ihrem Wechsel nach Moskau ruhig geworden. Die Geschichte, dass Sie zusammen mit Kevin Prince Boateng Berliner Autospiegel abgetreten haben, scheint vergessen.
Ebert: Das ist seit Ewigkeiten nicht mehr in meinem Kopf. Es stimmt, darauf spricht mich eigentlich keiner mehr an. Wenn Sie das jetzt erwähnen, kann ich darüber inzwischen lächeln. Mir ist es mittlerweile völlig egal, was in der Vergangenheit war. Ich schaue nach vorne.
SPOX: Grundsätzlich kann etwas mediale Aufmerksamkeit positiver Art einem Sportler aber nicht schaden, oder?
Ebert: Wer sich für Fußball interessiert, der weiß, wo ich spiele und dass ich zwei Monate verletzt war. Und nicht, wie einige Zeitungen berichteten, dass ich hier nicht zum Zug komme. Das ist schade, aber ich habe mit 19 aufgehört, Zeitungen zu lesen. Spieler lesen nur dann Zeitung, wenn sie gut gespielt haben. Wer schlecht gespielt hat, schaut nicht in die Zeitung. Deswegen habe ich das gleich gelassen.
SPOX: Leben Sie heute auch professioneller?
Ebert: Ich arbeite eng mit einem Physiotherapeuten zusammen. Er ist ein Freund von mir und war schon in Spanien fast jede Woche bei mir. Das zahlt mir zwar kein Verein, aber es tut mir gut. Außerdem ernähre ich mich nach meiner Blutgruppe. Ich muss einiges weglassen, aber ich fühle mich dadurch frischer. Mit 27 Jahren muss man mehr auf seinen Körper achten. Mit 19 habe ich mich nicht jeden Tag behandeln lassen. Heute ist das anders: Wenn es zwickt, dann höre ich auf meinen Körper.
SPOX: War diese Wandlung ein längerer Prozess oder machte es in einem bestimmten Moment Klick?
Ebert: Seit meinem Kreuzbandriss im Jahr 2010 achte ich mehr auf meinen Körper. Wenn dir in einer Sekunde alles genommen wird, was du liebst, kannst du daran zerbrechen. Mich hat es unter dem Strich aber stärker gemacht. Auch Jerome hat mir damals viel geholfen.
SPOX: Ihr Teamkollege Serdar Tasci wohnt im selben Haus wie Sie. Das war zu Beginn sicherlich auch hilfreich?
Ebert: Klar. Wir teilen uns auch auf dem Trainingsgelände das Zimmer und verstehen uns wirklich gut. Serdar ist immer höflich und freundlich. Wir lachen viel zusammen. Das Gebäude, in dem wir unsere Wohnungen haben, ist riesig. Daher sehen wir uns nicht ständig, aber wir essen abends manchmal gemeinsam.
SPOX: Schon mal was mit Kevin Kuranyi unternommen?
Ebert: Natürlich, er ist ein klasse Typ, wir waren ein paar Mal Essen. Auch er hat mir am Anfang viele Tipps gegeben und mich super aufgenommen. Man trifft hier viele Bekannte wieder. Auch Christopher Samba von Dinamo kenne ich aus Berlin. Oder Nemanja Pejcinovic von Lokomotiv, mit dem habe ich mich schon bei Hertha gut verstanden.
SPOX: Ihre Mutter hatte Sie gebeten, einen Freund mit nach Moskau mitzunehmen. Sind Sie dem nachgekommen?
Ebert: Ja. Mein Freund David hatte Lust mitzukommen. Er nimmt mir viele Dinge im Alltag ab, weil ich im Grunde den ganzen Tag unterwegs bin. Wir sind seit zwölf Jahren befreundet, haben zusammen in der Hertha-Jugend gespielt. Nur das Visum macht Probleme, er muss deshalb alle drei Monate nach Deutschland zurück. Aber wir verstehen uns super, unternehmen viel zusammen - genau das brauche ich.
SPOX: Wie haben Sie sich inzwischen in dieser Zwölf-Millionen-Einwohner-Metropole eingelebt?
Ebert: Die Stadt gefällt mir sehr, die Leute sind alle freundlich. Allerdings konnte ich mir noch nicht so viel ansehen. Wir trainieren oft und der Verkehr ist durch die vielen Autos extrem. Abends ist man dann doch ziemlich kaputt und will nur noch nach Hause. Es gibt aber tolle Restaurants, auch wenn das russische Essen nicht unbedingt mein Fall ist. Es ist relativ fettig und Schweinefleisch esse ich nicht. Mittlerweise kann ich selbst vernünftig kochen und stehe dann auch zu Hause am Herd.
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