Better call Saul!

SPOX
09. Februar 201517:04
Heißt wie der ehemalige Kapitän eines südhessischen Verbandsligisten: Atleticos 2:0-Schütze  getty
Werbung

Ein 20-jähriger Knirps gibt Ronaldo Nachhilfe in Sachen Fallrückzieher. Assou-Ekotto verlässt das "Shithole" in Braveheart-Manier und Italien kauft Unmengen an Büchern, hat aber Probleme beim Vermessen.

Serie A

Von Oliver Birkner

Geometrie des Spieltags: Fußball ist eben auch stets Geometrie und Perspektive. Das unterstrich Juves hochverdienter 3:1-Erfolg über Milan. Zwischen beiden Klubs startete am Wochenende eine bizarre Posse, bei der "parallel" zum Stein des Anstoßes avancierte. Es ging um Minute 14, als Carlos Tevez nach einem 40-Meter-Sprint zum 1:0 vollendete. Abseits oder nicht? Die imaginäre Linie der TV-Bilder richtete: regulärer Treffer. Für Milans Geschäftsführer Adriano Galliani war die Sache damit nicht gegessen. "Juventus ist der einzige Serie-A-Klub, der die Bilder selbst produziert. Ich werde bei der nächsten Ligasitzung für reichlich Rabatz sorgen. Die beiden Linien sind nie und nimmer parallel." Juve antwortete flugs: "Signor Galliani ist gelernter Vermessungstechniker und war lange im Fernsehgeschäft tätig. Da müsste er sich in der Materie eigentlich besser auskennen."

Galliani eilte zur Replik: "Mit der üblichen Arroganz drehen sich die Turiner die Dinge freilich immer nach Belieben." Allen voran ist Galliani tatsächlich gelernter Vermessungstechniker, die Bilder werden auch im Juventus Stadium von Regisseuren der Liga gewählt, neben Sky kam auch Berlusconis Hofsender Mediaset zum Ergebnis kein Abseits, und überhaupt war diese Diskussion völlig überflüssig. Man mag sich gar nicht ausdenken, welchen blutigen Bürgerkrieg ein eingeführter TV-Beweis in der Serie A auslösen würde. Juve und Milan stünden derzeit sicher immer noch auf dem Platz bei gestoppten 14 Minuten. Irgendwie vergaß Galliani zu erwähnen, dass dem Treffer ein clownesker Fehler von Alex vorausging, der wie Michael Essien und Sulley Muntari nichtmal mehr als Ziermobiliar auf gehobenem Niveau einsetzbar ist. Eine schräge Perspektive bietet im Juve Stadium offenbar nur die Werbebande, die Leonardo Bonucci nach seinem Tor überspringen wollte, hängen blieb und beim Hinkrachen bleibende Wirbelschäden riskierte. Diese Bande sollte noch einmal peinlich genau vermessen werden.

15 Millionen des Spieltags: Wie man problemlos einen Verein zu Grunde richten kann, illustriert in den letzten Monaten der FC Parma. Vor zwei Monaten erwarb Erdölmagnat Rezart Taci die Mehrheit des Vereins. Nun verkaufte der Albaner sie schon wieder an den Geschäftsführer einer Firma mit Sitz in Slowenien, die Gazprom nahe stehen soll. Der stöhnte: "Die finanzielle Situation ist ja schlimmer als ich dachte." Warum sollte man vor einer Übernahme auch die belanglosen Konten durchsehen? In jedem Fall benötigt Parma bis zum 15. Februar geschmeidige 15 Millionen Euro für seit sechs(!) Monaten ausstehende Gehälter und Steuerzahlungen. Man könnte mal beim vorvorherigen Besitzer Tommaso Ghirardi nachhaken, was Parma unter seiner siebenjährigen Führung Nettes mit der Kohle angestellt hat.

Und sonst? Was man definitiv mit Geld anstellen kann, demonstrierte der italienische Verband. Der ist zwar recht klamm und musste die Hälfte des Gehalts von Nationalcoach Antonio Conte beim Sponsoren Puma erfragen, doch für Sinnvolles ist scheinbar noch etwas in der Schatulle. 100.000 Euro brachte der Verband auf, um 20.000 Exemplare des Buches "Ich erzähle dir vom Fußball" zu erwerben. Den spannenden Klassiker verfasste kein anderer als Verbandschef Carlo Tavecchio, der über den Aufkauf seines eigenen Opus entschied. Vorbildlich. Der Verband brachte den "didaktischen Wert" des Schinkens zur Verteidigung vor. Natürlich, den muss wirklich jeder im Schrank stehen haben.

Serie A: Die Geometrie des Spieltags

Premier League: Ey, wer bist'n du?

Primera Division: Dinge, die CR7 nicht kann

Premier League

Von Frank Oschwald

Opi des Spieltags: Stellen Sie sich vor, Sie sind Journalist und werden vor dem Merseyside-Derby zwischen Everton und Liverpool auf die Straße geschickt. Dort sollen Sie sich dann auf die Suche nach einem ganzen Lastwagen voller inhaltsleeren Aussagen von Fans mit gefährlichem Halbwissen machen: "Liverpool ist doof", "Everton ist viel doofer", "Letztes Merseyside-Derby von Stevie G.", "Tralala". Der alte Käse eben. Als ein älterer Herr jedoch um die Ecke kommt, greift der BBC-Reporter tief in die Angeberkiste voller zurechtgelegter Fragen. Mensch Opi, damals, 1967 im Goodison Park, in der fünften Runde des FA Cups. Das war doch 'n Ding, oder? Ob er sich noch an das Match erinnere, wollte der Reporter in der Hoffnung auf eine einigermaßen sendbare Antwort wissen.

Schnell merkte man, dass der alte Mann das Spiel noch in bester Erinnerung hat. Innerlich rieb sich der Reporter bereits in die Hände. Jetzt packt der Olle bestimmt die Story schlechthin aus. Damals! Ach ja, damals! Mit den 18 Geschwistern und den 181 Cousins. An einem kleinen Radio. Im Keller. Doch die Geschichte blieb aus, stattdessen kam es noch etwas besser. Klar erinnere er sich an das Match, sagte der alte Mann. "Ich hab das Match bestritten", erklärte er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht und schob nach: "Ich war Liverpools Torhüter". Wie sich herausstellte, interviewte der ahnungslose BBC-Reporter rein zufällig Tommy "the flying pig" Lawrence.

Emotionen des Spieltags: Man riskiert nicht die fürchterlich dicke Lippe, wenn man sagt, dass Benoit Assou-Ekotto nicht der Stereotyp eines Premier-League-Kickers ist. Mit Nachdruck brannte sich bei den meisten englischen Fußballfans die Aussage des Kameruners ein, er spiele Fußball eigentlich nur des Geldes wegen. Richtig Bock habe er da eigentlich nicht drauf. Gut für ihn, dass er in letzter Zeit eigentlich nie wirklich die Kickstiefel schnüren musste. Während er in der Saison 2013/2014 auf Leihbasis in der 2. Liga für QPR rumbolzte, machte er für seinen Stammverein Tottenham in dieser Saison noch kein einziges Spiel und frohlockte ob seines Vertrages, der ihm 40.000 Pfund in der Woche einbrachte. In der vergangenen Woche löste der Verein den Vertrag mit dem Spieler nun auf und setzte Assou-Ekotto vor die Türe.

Wer sich nun denkt, dass den 30-Jährigen das bis ins Mark erschüttert, liegt falsch. Auf "Twitter" änderte er unmittelbar nach der Bekanntgabe der Vertragsauflösung sein Profilbild. Dort ist seitdem eine im Sonnenaufgang badende Person zu sehen, die auf den großen Buchstaben "FREEDOM" steht. Auf "Instagram" legte der Kameruner noch etwas martialischer nach. Dort war William Wallace aus "Braveheart" vor der letzten Schlacht zu sehen. Darunter stand, klar, "FREEDOM". Wir heben den Zeigefinger und sagen: Augen auf bei der Berufswahl. Wer ebenfalls Spaß hatte in dieser Woche? Aaron Lennon. Wie ein Schnitzel habe er sich über den Wechsel zu Everton gefreut, meinte er bei der Ankunft. Bilder belegen das eindrucksvoll.

Anything else: Wo wir schon bei Spaß sind: Auf wessen Mist der Witz der Woche letztlich genau gewachsen ist, weiß man nicht so ganz genau. Doch wirkliche Tottenham-Fans scheinen sie bei Google nicht zu sein. Denn wenn man in der letzten Woche in der Kartenfunktion der Homepage "The Shithole" in der Suchleiste eingab, flog man direkt in die White Hart Lane, dem Stadion der Spurs. Aber, stop! Bevor hier alle 250 Millionen Blitzlichter-Leser alle auf einmal davonflitzen und den Google-Server auf die Probe stellen, denen sei gesagt, das Unternehmen hat den Fehler inzwischen behoben. Man solle doch bitte die korrekte Schreibweise kontrollieren. Und, nach Möglichkeit eine Postleitzahl angeben.

Serie A: Die Geometrie des Spieltags

Premier League: Ey, wer bist'n du?

Primera Division: Dinge, die CR7 nicht kann

Primera Division

Von Frank Oschwald

Schwarzmalerei des Spieltags: Für all diejenigen, die es nicht gesehen haben, wird es wohl immer noch schwierig sein zu verstehen. Mit 4:0, in Worten Vier zu Null, flexte Atletico Real im Derby aus dem Stadion und entwickelt sich somit immer mehr zum Angstgegner der Königlichen. Eine Niederlage, die Real in den Grundfesten erschütterte. Das Ausmaß? Noch nie kassierte Carlo Ancelotti in seiner langen Trainerkarriere in einem Ligaspiel eine höhere Pleite, für Real ist es die höchste Niederlage seit dem zerschmetternden 0:5 gegen Barca im Jahr 2010 und in der ersten Halbzeit brachten die Königlichen es fertig, keinen einzigen Schuss aufs Atletico-Gehäuse zu setzen. Von einem Spaziergang und vom strauchelnden Barca war im Verlauf der Vorrunde die Rede, jetzt stecken die Königlichen in der Krise. In den letzten sieben Spielen gegen Atletico und Barca gab's bei einem Sieg und einem Remis gleich fünf Pleiten und 16 Gegentore. Umso freundlicher von den Atletico-Fans deshalb, dass sie Real-Keeper Iker Casillas nach seinem Patzer lautstark mit "IKER! IKER! IKER"-Fangesängen aufpeppelten.

Studiengang des Spieltags: Doch genug schwarz im weißen Real-Land gemalt. Ganz so fürchterlich wird die Pleite schon nicht gewesen sein. Feierte Cristiano Ronaldo doch am Abend bereits in einer Nobeldisco in Madrid mitsamt den Teamkollegen ausgelassen seinen 30. Geburtstag. Und überhaupt! Mit Ronaldo haben die Königlichen einen Mann an Bord, den man in Kanada jetzt sogar studieren kann. Die University of British Columbia bietet seit neuestem eine Soziologie-Vorlesung rund um den Portugiesen an. Laut Dozent Luis Aguiar beschäftigt sich der Kurs mit dem Aufstieg des Superstars und den "sozialen und persönlichen Auswirkungen". Auch die Studenten scheinen völlig von der Rolle in Kanada. Eine junge Dame gab zu, dass sie jetzt eigentlich gar nicht genau weiß, wer dieser Ronaldo überhaupt ist. Sie habe aber gehört, dass es sich um ein "kulturelles Phänomen in Europa" handelt und sie gern mehr davon erfahren möchte. Na dann. Ein kleiner Nachhilfekurs in Sachen Ronaldo würde den Kanadiern vielleicht generell nicht schaden. Die "Canadian Morning News" gratulierten Ronaldo in der letzten Woche zu seinem runden Geburtstag und zeigten im Hintergrund ein riesiges Bild von Sergio Agüero. Wenn das Dozent Aguiar das gesehen hätte... Besonders beliebt scheint der der gute CR7 aber bei den Balljungen in Spanien zu sein.

Algo mas? Und auch wenn man den guten Mann jetzt studieren kann, ganz perfekt ist auch Ronaldo nicht. Immer wieder macht man sich in Spanien über seine fehlenden Fähigkeiten beim Fallrückzieher lustig. Ein 20-Jähriger zeigte ihm im Derby nun, wie es geht. In perfekter Ausführung zauberte der Atleticos Saul den Ball rückwärts zum 2:0 in die Real-Maschen. Falls es also im Training mal wieder beim Fallrückzieher hakt, lieber Cristiano: Better call Saul!

Serie A: Die Geometrie des Spieltags

Premier League: Ey, wer bist'n du?

Primera Division: Dinge, die CR7 nicht kann