Serie A
Von Oliver Birkner
Geometrie des Spieltags: Fußball ist eben auch stets Geometrie und Perspektive. Das unterstrich Juves hochverdienter 3:1-Erfolg über Milan. Zwischen beiden Klubs startete am Wochenende eine bizarre Posse, bei der "parallel" zum Stein des Anstoßes avancierte. Es ging um Minute 14, als Carlos Tevez nach einem 40-Meter-Sprint zum 1:0 vollendete. Abseits oder nicht? Die imaginäre Linie der TV-Bilder richtete: regulärer Treffer. Für Milans Geschäftsführer Adriano Galliani war die Sache damit nicht gegessen. "Juventus ist der einzige Serie-A-Klub, der die Bilder selbst produziert. Ich werde bei der nächsten Ligasitzung für reichlich Rabatz sorgen. Die beiden Linien sind nie und nimmer parallel." Juve antwortete flugs: "Signor Galliani ist gelernter Vermessungstechniker und war lange im Fernsehgeschäft tätig. Da müsste er sich in der Materie eigentlich besser auskennen."
Galliani eilte zur Replik: "Mit der üblichen Arroganz drehen sich die Turiner die Dinge freilich immer nach Belieben." Allen voran ist Galliani tatsächlich gelernter Vermessungstechniker, die Bilder werden auch im Juventus Stadium von Regisseuren der Liga gewählt, neben Sky kam auch Berlusconis Hofsender Mediaset zum Ergebnis kein Abseits, und überhaupt war diese Diskussion völlig überflüssig. Man mag sich gar nicht ausdenken, welchen blutigen Bürgerkrieg ein eingeführter TV-Beweis in der Serie A auslösen würde. Juve und Milan stünden derzeit sicher immer noch auf dem Platz bei gestoppten 14 Minuten. Irgendwie vergaß Galliani zu erwähnen, dass dem Treffer ein clownesker Fehler von Alex vorausging, der wie Michael Essien und Sulley Muntari nichtmal mehr als Ziermobiliar auf gehobenem Niveau einsetzbar ist. Eine schräge Perspektive bietet im Juve Stadium offenbar nur die Werbebande, die Leonardo Bonucci nach seinem Tor überspringen wollte, hängen blieb und beim Hinkrachen bleibende Wirbelschäden riskierte. Diese Bande sollte noch einmal peinlich genau vermessen werden.
15 Millionen des Spieltags: Wie man problemlos einen Verein zu Grunde richten kann, illustriert in den letzten Monaten der FC Parma. Vor zwei Monaten erwarb Erdölmagnat Rezart Taci die Mehrheit des Vereins. Nun verkaufte der Albaner sie schon wieder an den Geschäftsführer einer Firma mit Sitz in Slowenien, die Gazprom nahe stehen soll. Der stöhnte: "Die finanzielle Situation ist ja schlimmer als ich dachte." Warum sollte man vor einer Übernahme auch die belanglosen Konten durchsehen? In jedem Fall benötigt Parma bis zum 15. Februar geschmeidige 15 Millionen Euro für seit sechs(!) Monaten ausstehende Gehälter und Steuerzahlungen. Man könnte mal beim vorvorherigen Besitzer Tommaso Ghirardi nachhaken, was Parma unter seiner siebenjährigen Führung Nettes mit der Kohle angestellt hat.
Und sonst? Was man definitiv mit Geld anstellen kann, demonstrierte der italienische Verband. Der ist zwar recht klamm und musste die Hälfte des Gehalts von Nationalcoach Antonio Conte beim Sponsoren Puma erfragen, doch für Sinnvolles ist scheinbar noch etwas in der Schatulle. 100.000 Euro brachte der Verband auf, um 20.000 Exemplare des Buches "Ich erzähle dir vom Fußball" zu erwerben. Den spannenden Klassiker verfasste kein anderer als Verbandschef Carlo Tavecchio, der über den Aufkauf seines eigenen Opus entschied. Vorbildlich. Der Verband brachte den "didaktischen Wert" des Schinkens zur Verteidigung vor. Natürlich, den muss wirklich jeder im Schrank stehen haben.
Serie A: Die Geometrie des Spieltags