Ein Wrestler namens Wayne

SPOX
24. Februar 201508:32
Wayne Rooney mit seinem Specialmovegetty
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Ein Wrestler fordert Rooney nach seiner Schwalbe zum Kampf heraus. Der zeigt sich nicht abgeneigt und holt weitere ins Boot. In Italien fallen Spiele aufgrund von Geldnot aus, Barca lacht über das Partytier CR7.

Serie A

Von Oliver Birkner

Armageddon des Spieltags: Man kann schwerlich behaupten, die Serie A würde Langeweile verbreiten. Das Ohnsorg-Theater des Calcio ist immer für eine Humoreske gut. Ob Vulkane, Flutlicht- oder Profistreiks, Schneegestöber - Spielabsagen erlebte der Fußball schon zu Hauf. Doch in Parma sorgte Italien für das Novum: Abgesagt wegen nicht bezahlter Rechnungen oder wie es die Tifosi am Sonntag per Plakat ausdrückten: "Stadion wegen Raubüberfall geschlossen". Der Erstligist steht mittlerweile dermaßen in der Kreide, dass er nicht einmal mehr das Geld in der Schatulle besaß, die Partie gegen Udinese auszurichten. Ordner, Wasser, Strom oder Lieferanten können seit Monaten nicht mehr gezahlt werden, Steuern und Spielergehälter sowieso nicht. Die U 19 wird von Hernan Crespo trainiert, der resigniert verriet: "Warmes Wasser in den Duschen haben wir schon länger nicht genossen. Also spielen die, die gerade nicht erkältet sind."

Die Frage muss erlaubt sein, wie es das Paradox Parma bis zu diesem Armageddon schaffen konnte? Im Sommer wurde dem Klub die Europa League wegen Steuerschulden verwehrt - kam dabei niemand der Kontrollinstanzen auf die Idee, dort könnte es möglicherweise finanziell brennen? Na da wollen wir mal nicht so sein, dachten sich Liga und Verband. Parma wurde für die Saison eingeschrieben, zahlte zwar keine Gehälter, durfte jedoch munter auf dem Transfermarkt operieren. Heulende Sirenen gab es offensichtlich nicht einmal, als Parma mehr Präsidenten denn Saisonsiege bilanzierte. Der bisher letzte der kunterbunten Schar von fünf Presidenti seit vergangenem Sommer heißt Giampietro Manenti, der den Klub für einen Euro übernahm. Er vertritt eine Firma mit Sitz in Slowenien und besaß rund 7.000 Euro auf dem Konto. Die mussten ja dicke reichen. Manenti schwadroniert ständig, Überweisungen aus dem Ausland seien unterwegs, das würde aber noch ein wenig dauern. Muss wohl stimmen, vor allem weil das Konto der slowenischen Firma klammheimlich in der letzten Woche aufgelöst wurde.

"Er hat einen Erstligisten übernommen, keinen Wurstwarenladen", zürnte Parmas Bürgermeister. Was zu beweisen wäre. Inmitten des absurden Theaters wetteifern die Funktionäre um Verblüffung, dabei hätten strikte Finanz-Kontrollen die Implosion zu verhindern vermocht. Doch in puncto Solvenz sind die Kontrollorgane offenbar nicht so pingelig. Immerhin schaffte es Ex-Patron Tommaso Ghirardi zwischen 2007 und 2014 trotz unter anderem 220 Millionen Euro TV-Einnahmen, den Schuldenberg von 16 auf 197 Millionen Euro zu schaufeln. Irgendwie auch eine akkurate Leistung. Da der voluminöse Ghirardi im Stadion Tardini in der Regel zwei Sitzplätze belegte, kann man sich ausmalen, wo all die Wurst samt Geld hin verschwand.

Verletzung des Spieltags: Gooooooool! Den formidablen 2:1-Siegtreffer über Palermo feierte Lazios Antonio Candreva gebührend. Er eilte zur Nordkurve und wollte sich am Zaun festklammern, rutschte jedoch leider auf dem Zement aus und verletzte sich am Knie. Auswechslung. An die Spitzenposition obskurer Verletzungen der Serie A setzte sich Candreva damit nicht. Ende 2005 zwang eine Sehnenverletzung der Hand Alessandro Nesta zum Pausieren. Grund? Der Milanista hatte das Zocken von Pro Evolution Soccer an der Playstation zu sehr übertrieben. Hauptsache Fußball.

Und sonst? Mit seiner unglücklichen Aussage, es spielen zu viele Farbige im Calcio, wird sich Arrigo Sacchi noch ein Weilchen auseinandersetzen müssen. Den jüngsten Seitenhieb verpasste ihm der Komiker Gene Gnocchi: "Sacchi kommt immer mehr in Fahrt. Gestern beschwerte er sich: ,Nennen wir die Dinge doch beim Namen - es gibt definitiv zu viele Schwarze in den Gospel-Chors!'" Absolut.

Serie A: Wurstwarenladen und der weiße Gospel-Chor

Premier League: Rooneys Wrestlematch und Eiergrabscher Barton

Primera Division: Wassertrinker Cristiano und 7-Tore-Irrsinn

Premier League

Von Frank Oschwald

Wrestlemania des Spieltags: Wenn es einer wissen sollte, dann doch er. Er, der Engländer unter den Engländern, der britischste aller Briten, das fleischgewordene Fish-and-Chips-Gericht: Wayne Rooney. Der FA-Cup-Montag zeigte: Er wusste es nicht. Mit Vollgas zog der Bulle gegen Preston North End in den Strafraum und segelte nach einer vermeintlichen Berührung des Keepers im hohen Bogen durch die Box. Aua, aua! Die Folge: Elfmeter, Sieg für United und ein stolzer Andy Möller. Ach Wayne, seit gefühlten 50 Jahren wuchtest du deinen Astralkörper nun schon über die schlammigen Fußballplätze der Insel und lässt dich nun zu einer Schwalbe hinreißen. In England! Dem Mutterland der Nicht-Schwalben.

Kein Wunder, dass Rooney dabei nicht ungeschoren davonkam. Obwohl sich der 29-Jährige nach der Partie öffentlich entschuldigte, brachte die Szene einen bekannten Preston-Fan auf die Palme. WWE-Wrestler Wade Barrett forderte Rooney per Twitter zu einem Kampf heraus. "Wenn ich Rooney treffe, muss er nicht mehr simulieren", schrieb der Muskelprotz. Das ließ der United-Stürmer natürlich nicht auf sich sitzen und konterte umgehend. Zwar wollte er sich nicht auf einen Kampf mit Barrett einlassen, er zog vielmehr die bereits auf dem Schulhof oft verwendete "Ich-hol-meinen-Bruder"-Karte.

"Für dich hole ich Stone Cold Steve Austin aus der Rente", tippte Rooney ins Telefon. Dass daraufhin der Testosteron-Haufen Barrett das wiederum nicht akzeptieren konnte, liegt auf der Hand. Er wollte das Match direkt eintüten und forderte ein Tag-Team-Match zwischen Rooney/Austin und Barret/Davies bei Wrestlemania in sechs Wochen. Zur Sicherheit band der Wrestler gleich noch WWE-Chef Vince McMahon in den Tweet mit ein. Er solle das fix machen. Ein paar Fragen sind jetzt allerdings noch zu klären. Welche Rolle spielt Tim Wiese in der Szenerie? Und warum wird dieser nette, ausgeglichene, junge Herr nicht berücksichtigt?

Joey Barton des Spieltags: Michael Jackson hatte es schon immer gepredigt. "I'm starting with the man in the mirror", hob der inzwischen verstorbene Pop-Sänger stets den Zeigefinger. Ein Motto, das sich in Zukunft eventuell auch Joey Barton auf die Fahne schreiben sollte. Denn der Rüpel des englischen Fußballs legte einen - vor allem in dieser Kombination - sehr, sehr unglücklichen Auftritt aufs Parkett.

Noch nach dem Euroleague-Spiel zwischen Liverpool und Besiktas schleuderte Barton mit Kritik um sich. Sein Ziel: Jordan Henderson. Dieser wollte den entscheidenden Elfmeter schießen, ließ sich die Kugel dann jedoch von Balotelli aus den Armen reißen. Und das als Kapitän! Ein Unding, laut Barton. Henderson habe keine Leaderqualitäten und werde nie ein Kapitän wie Steven Gerrard. Die Meinung kann man so ja teilen. Unglücklich ist dies dann jedoch, wenn man am Tag nach der Kritik mit Rot vom Platz fliegt. Weil man dem Gegner in die Eier schlägt.

Anything else? Es war das Gerücht der letzten Tage bei den englischen Revolverblättern. Da Chelsea-Neuzugang Juan Cuadrado mit der englischen Sprache noch immer auf dem Kriegsfuß steht, stellte er einen Sprachcoach an. Playboy-Model Carla Howe, so sagte man, bringe ihm Possessivpronomen, Past Present und Going-to-Future näher. An der Stamford Bridge grummelte es daraufhin in der Chefetage. Wenn Cuadrado in zwei Wochen fließend Englisch gesprochen hätte und auf dem Platz keine Kugel mehr trifft, hätten alle gewusst, was Sache ist. Deshalb räumte der Kolumbianer die Gerüchte aus dem Weg und postete ein Foto mit seinem Sprachlehrer. Einem rothaarigen Briten. Dem zweitbritischsten aller Briten. Hinter Wayne Rooney.

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Primera Division: Wassertrinker Cristiano und 7-Tore-Irrsinn

Primera Division

Von Frank Oschwald

Sprechgesang des Spieltags: Ja, neben Joey Barton hatte zuletzt auch Cristiano Ronaldo glücklichere Auftritte. Nach der 0:4-Pleite gegen Atletico lud der 30-Jährige zu seiner Geburtstagfeier in eine Nobeldisco ein und feierte mit Partyhütchen trotz der herben Pleite - die alte Geschichte. Das brachte die Barca-Fans dazu, sich mit lustigen Sprechgesängen über den Portugiesen zu amüsieren. "Cristiano ist betrunken", sangen die Katalanen. Die Liga-Oberen tobten.

So etwas könne man nicht machen und startete Ermittlungen gegen die Barca-Fans. Wie diese Ermittlungen jetzt genau aussehen und was es dabei eigentlich zu ermitteln gibt, bleibt das Geheimnis der Liga. Dennoch droht dem FC Barcelona eine Strafe. Da der gemeine Katalane an sich ja nicht doof ist, schlug dieser am Wochenende beim Spiel gegen Malaga zurück. Und zwar in einer Art, in der die Liga dem Klub nicht ans Bein pinkeln kann: "Cristiano no bebe agua." - "Cristiano trinkt kein Wasser".

Irrsinn des Spieltags: Es gibt diese Spiele. Diese Spiele, in denen einfach alles klappt - und doch irgendwie nichts. Und am Ende der 90 Minuten steht ein völlig obskures Fußballspiel zu Buche. So geschehen bei der Partie zwischen Real Sociedad und dem FC Sevilla. Die ersten 65 Minuten sind vergleichsweise schnell erzählt. Führung San Sebastian, Ausgleich Sevilla, erneute Führung San Sebastian. Gähn, olle Kamelle und 4131 Mal gesehen. Im Anschluss könnte man sagen, dass die Partie an Fahrt aufnahm. Das wäre allerdings hoffnungslos untertrieben. Felix Baumgartner nahm bei seinem Sprung aus der Stratosphäre ja auch nicht nur "Fahrt auf". Von 0 auf 100 in...na ja...den restlichen 25 Minuten eben. Kein überragender Wert auf der Fahrbahn, doch im Estadio Anoeta ein selten gesehenes Spektakel. Innerhalb von zehn Minuten schubsten Bacca und Gameiro die Partie erneut auf die Seite von Sevilla - 3:2.

Kaum noch Minuten auf der Uhr, das Ding ist verloren, Schockstarre bei den Heimfans. Doch! Ha! Wozu hat man David Moyes im Sommer geholt? San Sebastian hievte sich erneut zurück ins Spiel - mit gütiger Mithilfe des Gegners. Arribas lenkte den Ball zum 3:3 ins eigene Tor. Als dann tatsächlich alles nach einem 3:3 roch, schlug die Stunde von Xabi Prieto. Mit einem schnöden Eckball von der rechten Seite und einem Kopfball ins kurze Eck nickte der 31-Jährige sein Team zum Sieg. Er, Xabi Prieto, der in San Sebastian geboren ist, sämtliche Jugenden beim Klub durchlief und seine bisherige Karriere ausschließlich dort verbrachte. Hach...

Algo mas? Es ist Schwarzmalerei auf ganz, ganz, ganz hohem Niveau. Zum ersten Mal nach elf (!) Pflichtspiel-Siegen in Folge kassiert der FC Barcelona mal wieder eine Pleite. Aber irgendwie bekommt man das Gefühl trotzdem nicht los, dass Barca nicht mehr mit der Leichtigkeit der letzten Jahre unterwegs ist. Gegen Malaga kassierte man ein 0:1 und wirkte vor allem hinten mal wieder anfällig. Auch vorne ist von Tiki-Taka nur noch Spurenelemente zu sehen. 48 (in Worten: achtundvierzig!) Flanken schlug der glorreiche FC Barcelona gegen Malaga von beiden Seiten in die Mitte. So viel gab es seit der Saison 2005/2006 nicht mehr. Davon fanden gerade einmal fünf einen Abnehmer. Große Mathegenies werden bereits kombiniert haben, dass somit 42, äh, 43 Flanken einfach so vogelwild durch den Strafraum flogen. Zu sagen, dass nach elf Siegen in Folge der Wurm drin ist, wäre etwas pessimistisch. Doch ein SNES-Spieler würde zu dieser Zeit vielleicht bereits mit der Allzwecklösung daherkommen: Kassette rausnehmen, einmal kräftig pusten, wieder einsetzen und hoffen, dass es läuft.

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Primera Division: Wassertrinker Cristiano und 7-Tore-Irrsinn