Wayne Rooney muss feststellen, dass er abseits des Platzes mehr Gemeinsamkeiten mit Axel Schulz als mit den Klitschkos hat. In Italien werden wilde Verschwörungstheorien aufgestellt und üble Gesichtsfouls begangen. La Liga wundert sich über den Testoteronspiegel in Almeria.
Serie A
Von Oliver Birkner
Schmierzettel des Spieltags: Bisweilen fragt man sich schon, was der akribische Trainerstab während der Partie so alles in seine Blöckchen kritzelt. Die von der Frau aufgetragene Einkaufsliste, Bierbestellung für die dritte Halbzeit oder womöglich hellseherische Vorahnungen. Diese extraordinäre Begabung scheint zumindest Maurizio Podesta zu besitzen, Team-Manager des Zweitligisten Entella. Ein Feuerwehrmann entdeckte nach Spielende der Partie bei Frosinone auf der Bank der Ligurier einen Zettel mit der Notiz: "Wir werden in der Nachspielzeit per Elfmeter ausgleichen." Das sorgte unter den Fetischisten der Verschwörungstheorie für überschäumende Hysterie. Zum einen pfiff sich der überforderte Referee einen Haufen Unsinn - meist gegen Gastgeber Frosinone - zusammen. Zum anderen führte ein geschenkter Strafstoß tatsächlich zu Entellas 3:3 in der Nachspielzeit.
Erst nach einer Stunde Ausharren in der Kabine konnte der Schiedsrichter unter Obhut eines Polizeiautos unbeschadet durch den geifernden Lynch Mob davontuckern. "Bei dem Zettel handelt es sich weder um eine mafiöse Anweisung noch um Hellseherei. Ich habe mir den Vorfall lediglich notiert und musste den Schützen kurz darauf vom Feld begleiten, als er Rot sah. So blieb der Zettel auf der Bank liegen", erklärte Podesta. Von wegen, dachte man sich im Frosinone-Lager. Der Präsident forderte vom Verband eine gründliche Untersuchung, selbst der Bürgermeister des 45.000-Seelen-Städtchens nahe Rom schaltete sich ein: "Sollte sich eine Intrige bewahrheiten, wäre das ganze System des Calcio infrage gestellt. Umso mehr, weil Lazio-Präsident Claudio Lotito jüngst noch zum Besten gab, Frosinone oder Carpi hätten in der Serie A nichts zu suchen." Dieser Meinung sind insgeheim übrigens auch die beiden Pay-TV-Sender, haben es aber wohlweislich auf keinem Schmier-Zettel verewigt.
Gesichtsfoul des Spieltags: Ohne das International Football Board zu informieren, wurde im Duell zwischen Sassuolo und Parma klammheimlich das Regelwerk geändert. Den Strafstoß für die Gastgeber kommentierte Parma-Coach Roberto Donadoni zynisch: "Klarer Elfer, denn unser Keeper hat ein Gesichtsfoul begangen, als er den Schuh des Stürmers krachend in die Visage bekam." Das neu installierte ästhetische Gesichtsfoul, zwangsweise sofort mit Elfmeter bestraft, könnte künftig nicht bloß für Torhüter ungemütlich werden. Man darf von Glück sprechen, dass in den 1980ern das diskutierte Frisurfoul aus Furcht vor einer Elfmeterwelle vom Board abgelehnt worden war.
Und sonst? Zwei ansehnliche Treffer von Luca Toni gegen Napoli schraubten dessen Saisonausbeute auf 13 Tore. Der im Mai 38 Jahre alte Hellas-Stürmer wollte im Sommer eigentlich die Karriere beenden, überlegt es sich nun aber nochmal. "Im Urlaub denke ich darüber nach, noch ein Jahr dranzuhängen." Unter der Woche ließ er seine Erfahrungen sicherheitshalber schon mal Revue passieren. Auch die Frage nach dem ersten Mal ließ er nicht offen: "Das war mit einer Österreicherin in Rimini. Nachher ging ich die Treppen runter und fragte mich: Das war schon alles? Sie dachte wohl das gleiche - ich sah sie nie wieder." Kein Ohrendrehen in Rimini.
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Premier League
Von Frank Oschwald
Klitschko des Spieltags: Es passiert halt hin und wieder. Und eigentlich kennen wir die ganze Szenerie ja selbst. Da passt man einmal kurz nicht auf... und schwupps steht man mit Boxhandschuhen in der Küche und prügelt sich mit einem ehemaligen Teamkollegen. Ist doch jedem schon mal passiert und deshalb stellen wir Wayne Rooney in dieser Hinsicht auch überhaupt nicht an den Pranger. Dem United-Torjäger ist vor einigen Wochen genau das passiert. Zusammen mit Ex-Red-Devil Phil Bardsley stand die englische Dogge in der Küche und produzierte zwischen Mixer und Kühlschrank einen wilden Schwinger nach dem anderen. Gerade als Rooney mit muhammadaliesken Tippelschritten begann und sich in guter, alter Klitschko-Manier den Gegner mit der Führhand vom Halse hielt, schlug es beim United-Stürmer ein.
Der gefürchtete linke Jab von Bardsley fand dermaßen das Ziel, dass Rooney einfach in sich zusammenbrach. Es wäre für jeden nassen Sack eine Beleidigung, ihn in diesem Zusammenhang als Metapher zu verwenden. Rooney krachte einfach nur zu Boden, schrammte dabei um Haaresbreite (höhö) an einem Regal vorbei und machte... nichts mehr. Die Beine weit vom Körper gestreckt lag er da und zählte Sterne.
Wir danken an dieser Stelle kurz Gott für die Erfindung des Smartphones und deren Videofunktion. Denn irgendein fleißiges Kamera-Bienchen hat die komplette Szene auf Video aufgenommen und dann auch über Umwege veröffentlicht. Aber Wayne Rooney wäre nicht der britischste aller Briten, wenn er sich damit nicht selbst aufs Korn nehmen würde. Nach dem Tor zum 3:0 gegen Tottenham ging die Rooney-Show erst so richtig los. Er fuchtelte kurz mit den Fäusten durch die Luft und mimte dann seinen K.o. nach. Dass Fackelmann nun als Trikotsponsor bei United einsteigen will, ist aber offenbar nur ein Gerücht.
Kühlschrank des Spieltags: Es ist die klassischste aller Fragen, die die Journalisten jedem Fußballstar nach dem Wechsel zu einem neuen Klub stellen. Ganz alternativ und fernab von sportlichen Zielen werden die meisten Spieler vom örtlichen Revolverblatt zur neuen Heimat befragt. "Und, wie gefällt dir die Stadt?" Da die Fußballer meist bis in die Haarspitze mediengeschult sind, werden auf die Frage im Anschluss meist nur leere Worthülsen aneinandergereiht. "Oh ja, ne, boah. Toll. Und die Innenstadt. Hui. Hab' jetzt noch nicht alles gesehen. Aber das bisher. Also. Ich muss schon sagen. Toll." Da kann die Stadt noch so grausam und manchesterig sein. Gut ist aus Journalisten-Sicht dann, wenn man die Freundin des jeweiligen Spielers vors Diktiergerät bekommt. Ganz abgesehen davon, dass es die meisten Fußballer einfach nicht juckt, ob sie ihr Geld auf die Sparkasse in Botropp oder Florenz überwiesen bekommen, sind die besseren Hälften auch meist einfach ehrlicher.
David de Geas Freundin wurde unter der Woche beispielsweise gefragt, warum sie denn nicht zu ihrem Liebsten nach Manchester ziehen wolle. Es sei halt einfach "nicht so schön", schwadronierte Edurne Garcia und holte dann zum verbalen Rundumschlag aus. "Manchester ist so hässlich wie die Rückseite eines Kühlschranks", so die Sängerin. Während wir uns kurz Gedanken machen, ob die Kühlschrankrückseite wirklich hässlich ist, hat der Stadtrat reagiert. Angespornt von wilden Reaktionen auf sämtlichen Online-Plattformen bat dieser Garcia eine Stadtrundfahrt an. Natürlich nicht ohne eine lässige, hippe und keinesfalls krampfhaft wirkende Antwort: "Die einzige Gemeinsamkeit zwischen einem Kühlschrank und Manchester ist, dass es hier auch cool ist." Puh.
Anything else? Was lachte man unter der Woche nicht über Enner Valencia. An einer Teetasse verletzte sich der gute Mann. Gnihihi. Witzig, ja. Aber jetzt nicht urkomisch. Dafür gab's schon ganz absurdere Geschichte. Darren Barnard beispielweise. Der rutschte einst auf dem Urin seines Hunde-Welpen aus und machte sich sein Knie kaputt. Resultat: fünf Monate Pause. Oder Charles Akonnor, der sich eine Auto-Antenne in die Nase rammte. Oder natürlich David Seaman. Der sich beim Angeln die Schulter ausrenkte. Seaman. Beim Angeln. So etwas ist komisch.
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Primera Division
Von Frank Oschwald
On fire des Spieltags: Es scheint so, als fühlte sich Lionel Messi persönlich angegriffen. Ganz tief drin. Seit Ronaldos Aussage, er wolle die gleiche Anzahl an Ballon d'Ors im Schrank haben wie der Argentinier, ist dieser wie ausgewechselt. Als wolle er sagen: Also gut, dann mach ich jetzt halt auch wieder ernst. Klar, wir kennen diese Aussage. Vom Freizeitkick, wenn man 0:5 hinten liegt und alle bereits nach dem nächsten Sauerstoffzelt Ausschau halten. Da sind die Aussagen inhaltsleer wie eine frisch geplünderte Keksdose. Anders bei Messi. La Pulga brannte am Wochenende gegen Eibar ein Solo in den Rasen, das sich gewaschen hatte. Weit in der eigenen Hälfte ging's los mit der Kugel. Auf dem rechten Flügel tänzelte er zwei Gegenspieler aus und zündete dann den Turbo. Gefühlt weitere drölf Gegenspieler konnten den Argentinier ebenfalls nicht aufhalten. Einen Fehler machte er dann allerdings dennoch. Als Messi am Strafraum ankam, leistete er sich den Fauxpas: Er spielte ab. Alles muss man selber machen. Zwei Buden, 2:0-Sieg, läuft. Wer nicht gesehen hat, wie Messi durch die Eibar-Abwehr rauschte, sollte sich dieses Video anschauen. Es sah so ähnlich aus.
On fire II des Spieltags: Wenn wir schon bei bärenstarken Auftritten sind, müssen wir natürlich auch noch ein Auge nach Madrid werfen. Dort schießt Alberto Bueno die ganze Liga kurz und klein. Durch die beiden Treffer gegen Granada erhöhte der Rayo-Stürmer sein Torekonto in 2015 auf neun Hütten und ist somit bester spanischer Torschütze in den großen europäischen Ligen. Eat this, Diego Costa! Was vielleicht noch spektakulärer ist: Erst 2013 kam der 26-Jährige zu Rayo und ist bereits jetzt der erfolgreichste Torjäger in der Liga-Geschichte des Klubs.
Kurz noch ein Abstecher zu den Königlichen: Dort macht sich Cristiano Ronaldo offenbar langsam Sorgen um seine Torjägerkrone. Seit unglaublichen zwei Spielen sitzt der Portugiese nun schon wieder auf dem Trockenen. Und dann klauen ihm seine Teamkollegen auch noch die Tore. Locker chippte Benzema in der 18. Minute die Kugel von rechts in den Strafraum. Ronaldo setzte zum Seitfallzieher an, traf den Ball aber nicht wirklich, sodass Nikolaos Karabelas den Ball per Kopf noch von der Linie kratzen konnte. Als Bale dann den Abpraller über die Linie drückte, dachte CR7 nicht mal im Ansatz darüber, sich über die Führung zu freuen. Stattdessen stand er auf, drehte sich weg und hob den Arm, als wolle er sagen: "Ach, du Depp." Nur noch mal zur Sicherheit und fürs Verständnis: Ronaldo und Bale spielen im gleichen Team.
Algo mas? Wir wissen nicht ganz genau, was sie mit dem Stadion in Almeria machen. Was die Verantwortlichen da in die Luft blasen, sie in den Umkleidekabinen veranstalten oder in den Katakomben so aufhängen. Aber man bekommt das Gefühl nicht los, dass sie den Spielern in den letzten Partien dort einen Schubkarren voll Testosteron in die Venen pumpen und mit Stierblut einreiben. Wie auch immer. Die Spieler sind auf jeden Fall auf 180, wenn sie den Rasen betreten: In den letzten vier Spielen im Los Juegos del Mediterraneo gab's sechs Rote Karten.
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