Serie A
Von Oliver Birkner
Nutte des Spieltags: Die französische Hymne hallte in Verona etwas verquer durch das Stadion Bentegodi, als die beauftragten Kinder die Nationalflagge verkehrt herum präsentierten. Mit Solidargefühlen war nach der letzten Note ohnehin Schluss und es starteten die altbekannten Chöre "Wasch du sie, Vesuv!" oder "Wasser und Seife für die Erdfresser!" Schließlich spielte Hellas gegen Napoli, eine der historisch bittersten Rivalitäten des Calcio. Dementsprechend lächelte der gebürtige Neapolitaner Lorenzo Insigne nach dem 2:0-Erfolg: "Es ist traumhaft, hier zu treffen und zu gewinnen, wenn man 90 Minuten lang dreckig beleidigt wurde."
Die Liste der Episoden zwischen beiden Klubs füllt sich seit den 1960ern. Hellas hieß die Süditaliener zum Beispiel mit "Willkommen in Italien" oder "Wir grüßen den Afrika-Meister" willkommen. Als der Brasilianer Dirceu von Verona zu Napoli wechselte, gab man ihm mit auf den Weg: "Freu dich, jetzt bist du kein Ausländer mehr, Neapel hat dich auf dem schwarzen Kontinent empfangen."
Vor einigen Jahren machten angereiste neapolitanische Journalisten auf der Hellas-Pressetribüne enge Bekanntschaft mit Speichel, Flaschen und randvollen Getränkebechern - sie hatten das zwischenzeitliche 2:0 Neapels etwas zu munter aufgenommen. Eine sich anbahnende Schlägerei unterband die Polizei.
Neapels amüsantester Konter bleibt bis heute das Transparent: "Julia ist eine Nutte". Der Verband befand die spannende Deutung von Shakespeare's Verona-Herumtreiberin weniger sexy. Der strafte jenen TV-Reporter mit 200 Euro Bußgeld ab, der einen SSC-Erfolg im Bentegodi euphorisch zusammenfasste: "Schlusspfiff und jetzt ist es auch amtlich, Julia ist wirklich eine Nutte."
Parodie des Spieltags: Roma-Coach Rudi Garcia zeigte sich nach dem 2:2 bei Aufsteiger Bologna fassungslos: "Das war kein Fußball, sondern eine Parodie. Über Calcio kann ich heute nicht reden, höchstens über eine groteske Lotterie bei Wasserball mit Füßen. Selbst bei unserer 2:1-Führung plädierte ich auf Abbruch."
In der Tat entwickelte sich durch biblische Regengüsse im Schwimmparadies Bologna eine unterhaltsame Humoreske, wenn die Spieler zum unwiderstehlichen Solo anzogen, der Ball jedoch zehn Meter weiter hinten in einem Rasen-Teich Rast machte. Turbulente Wassergefechte im Strafraum erinnerten bisweilen eher an tollende Knirpse im Hotelpool auf Mallorca denn technisch begabte Profis. Zur netten Abrundung verhängte der Referee drei Elfmeter, den letzten verwandelte Mattia Destro zum 2:2-Endstand.
In Rom verschmäht, zelebrierte Destro seinen Treffer gegen das ungeliebte Ex-Team wie den WM-Sieg, riss sich das Trikot vom Leib und sah Gelb. "Dem werde ich die Ohren langziehen. So eine Verwarnung ist Unfug, denn man darf sich das Trikot nicht ausziehen", mahnte Trainer Roberto Donadoni. Na, wo kommen wir denn da hin? Bleibt zu hoffen, dass die FIFA-Beamten diese Nonsens-Regel endlich aus dem Strafenkatalog tilgen. Schön hingegen, dass in einer Ära der 26.000 HD-Kameras, 34 Referees und 112 verschiedenfarbigen Schuhen pro Partie gelegentlich noch solch formidabel nostalgische Retro-Gefechte stattfinden.
Und sonst? Herrlich ist das Fußballerleben offenbar vor allem, wenn man Christian Vieri heißt. In seiner Biographie erzählt Bobo neben dem beruflichen Werdegang auch über inflationäre Frauengeschichten wie beispielsweise mit den aparten Showgirls Elisabetta Canalis oder Melissa Satta, aktuelle Partnerin von Kevin-Prince Boateng.
"Ich lernte sie in Milano Marittima kennen, da war Melissa gerade erst 18. Ich sagte ihr: Du bist bildhübsch, aber noch zu jung. Ich reserviere dich allerdings jetzt schon als Freundin an deinem 20. Geburtstag." Ein Telefonat zwei Jahre später führte schließlich zur Inanspruchnahme der Vorbestellung. Was man in Neapel von Signora Satta hält, ist nicht überliefert.
Serie A TIM: Nutten, Parodien und Boatengs Freundin