Vegetarische amatriciana ohne Tomaten

Oliver BirknerFrank Oschwald
09. November 201520:49
Extase, Emotionen und unbändige Freude: Ein Fan beim Derby della Capitalegetty
Werbung

Geschmacklich haben die Blitzlichter in dieser Woche so einiges zu bieten: In Italien schmeckt die Pasta eher so mezzo, während man in der Premier League offensichtlich nicht immer ein Freund des guten Geschmacks ist. Den Vogel aber schießt man in der Primera Divsion ab - oder vielmehr das Huhn.

Serie A

Von Oliver Birkner

No-Look-Derby des Spieltags: AS gegen Lazio ist zweifelsohne eines jener Derbys, das man mal live erlebt haben sollte. Wer am Sonntag anwesend war, hält diese Behauptung wohl für Irrsinn. Gelbrot und Weiß-Himmelblau vereinten sich zum gemeinsamen Protest und erhielten zum internationalen Stelldichein Unterstützung von Ultras aus England, Polen und Spanien. Aus Ärger über die von Polizeichef Franco Barrielli installierten Trennbarrieren der Curva Nord und Sud diktierten die einflussreichsten Fangruppen einen Boykott der Partie, was zu einem tristen Machtspielchen und surrealen Novum führte: Nie hatte es seit dem ersten Derby im Stadio Olimpico 1953 weniger Zuschauer gegeben. Knapp 35.000 besetzten die Arena gerade zur Hälfte.

Manch Jahreskarteninhaber verzichteten auf das Erscheinen, da sie Repressalien fürchteten. Eine Idee steckte freilich schon hinter der Maßnahme des Signor Barrielli, denn einige der römischen Tifosi gehen nicht immer zimperlich vor. So verkommt die Spannung zwischen Teilen der Anhänger gegen Präsidenten und Polizei mittlerweile zur leiernden, politischen Posse, in der es keineswegs mehr um den Calcio geht.

"Diese Partie vor halbleerem Olimpico ist wie eine vegetarische amatriciana ohne Tomaten", seufzte ein prominenter Radiomensch und bemühte eine imaginäre Todsünde des traditionellen römischen Pastagerichts zum Vergleich. Die Gazetten schrieben von "No-Look-Derby" und "Derby des Schweigens". Achja, die Roma siegte im ansprechenden 150. Stadtvergleich verdient 2:0. Einige hatten es miterlebt.

Idioten des Spieltags: Antonio Conte ist für unmissverständliche Worte und Maßnahmen bekannt. Bei seiner letzten Klubstation Juventus geriet Rumpelstilzchen offenbar gehörig mit Gigi Buffon aneinander. Die neue Biographie des Trainers vor dem letzten Heimspiel 2014 (Juve war bereits Meister, doch Conte wollte die 100 Punkte knacken) erzählt von einer freundschaftlichen Unterhaltung. Buffon bat im Videoraum auf Geheiß des Sportchefs um eine Klärung der Meisterprämien und Conte holte aus: "Ihr geht mir alle auf den Sack, alle! Raus, ich will euch nicht mehr sehen!"

Buffon reagierte erstaunt und provozierte den nächsten Ausbruch: "Und du halt's Maul, Gigi! Von dir hätte ich mir das nicht erwartet. Scheiß-Prämien, alles Arschlöcher! Du verstehst rein gar nichts, einen Scheißdreck. Du bist eine einzige Bankrotterklärung, wenn du nur den Mund aufmachst. Genauso wie all die anderen Idioten hier." Immerhin schloss Juve mit 102 Zählern ab und Conte verließ nach der Sommerpause all seine Idioten.

Und sonst? Conte-Nachfolger Max Allegri schwirrten im Fall Alvaro Morata eventuell ähnliche Begriffe durch den Kopf. Der Spanier musste bei der Partie in Gladbach auf Anweisung von Referee Kuipers die verschieden farbigen Stutzen wechseln und Allegri tobte: "Das ist keine verdammte Modenschau, sondern Fußball! Man kann nicht drei Minuten in Unterzahl bleiben, weil ein Jüngelchen scheinbar mehr Zeit in Sockenauswahl als Spielvorbereitung investiert."

In Empoli spielte Morata zum Glück 68 Minuten Modeunfallfrei und Allegri erklärte hinterher, dass künftig keine Gefahr mehr bestünde. Er habe dem Stürmer drei paar Stutzen geschenkt, ein Farbe für jede Trikot-Couleur. Es existiert also weiter Hoffnung für Juves Aufholjagd in der Liga.

Serie A: Vegetarische amatriciana ohne Tomaten

Premier League: "Kannst du dich bitte für die Euro 96 entschuldigen?

Primera Division: "Eine Eigenschaft von Hühnern ist, dass sie Arschlöcher sind"

Premier League

Von Frank Oschwald

Schlammschlacht des Spieltags: Um die folgende Geschichte zu kapieren, müssen wir wieder kurz ein wenig zurückspulen. Bei der Partie zwischen Tottenham und Aston Villa wurde Ex-Spurs-Profi Darren Anderton von den Tottenham-Offiziellen offenbar gefragt, ob er an der Halftime Crossbar Challenge mitmachen wolle. Anderton, dessen Spitzname "Sicknote" ("Krankmeldung") ist und einst als "am häufigsten verletzter Spieler der Premier League" bezeichnet wurde, konnte an der kleinen Albernheit nicht mitmachen. Wie BBC-Reporter Conor McNamara twitterte, war Anderton, wie soll es anders sein, verletzt. Die ganze Insel kringelte sich. Ja, das ist ja bereits witzig.

Doch nun unter der Woche schlug der Ex-Profi zurück. Der einst so faire und elegante Kicker antwortete auf den Tweet des Reporters mit folgenden Worten: "Armselig. Gut gemacht, du lügendes Stück Scheiße. Ich habe auf dem Platz Preise verteilt. Du solltest dich schämen". Das wiederum ließ natürlich McNamara wieder nicht auf sich sitzen und rechtfertigte sich. Ein wilder und öffentlicher Twitter-Schlagabtausch folgte und endete letztlich darin, dass der BBC-Reporter eine Audiospur mit Aufnahmen des Stadionsprechers ins Netz stellte. Anderton hingegen schmollte und bestand auf eine Entschuldigung. Die Lüge habe Leid über ihn und seine Familie gebracht. User fakejamieb verfolgte die schmutzige Unterhaltung offenbar amüsiert und kommentierte deshalb nur trocken: "Kannst du dich bitte für die Euro 96 entschuldigen? Damals hast du Leid über mich und meine Familie gebracht". Aus deutscher Sicht hätte die Geschichte nicht lustiger enden können...

Vermisste Person des Spieltags: Wenn wir schon mal bei Tweets sind. Wir wissen doch, dass wir uns auf die Twitter-Ausrutscher von David Gold verlassen können. Erst vor wenigen Monaten hieß der West-Ham-Inhaber auf seinem Profil den spanischen Neuzugang Pedro Obiang von Sampdoria mit herzlichen Worten willkommen. Dazu postete er jedoch ein Bild von Juve-Verteidiger Angelo Ogbonna. Gut, das Italien-Trikot hätte ein Indikator sein können, dass es sich nicht um den Spanier Obiang handelt. Aber das passiert halt mal. Auch vor einem Jahr zog Gold den Spott auf sich. Ein Hammers-Fan forderte via Twitter den Rausschmiss von "Big Fat Sam" Allardyce. Und was machte der Multimillionär? Zack, favorisierte den Tweet. Später rechtfertigte sich Gold. Der - Achtung - Jetlag war Schuld an dem Fauxpas.

Es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis der nächste goldene Kracher um die Ecke kommt. Ein User schrieb Gold direkt mit der Bitte an, das Bild seines vermissten Freundes publik zu machen. Er sei vor wenigen Wochen in Manchester verloren gegangen. Samariter Gold retweetete das Bild. Doof nur, dass es sich bei der Person auf dem Bild eindeutig um Michail Antonio handelte. Der ist seines Zeichens Flügelflitzes des Gold-Klubs West Ham. Im Sommer legte Gold für die vermisste Person gut 9,5 Millionen Euro auf den Tisch.

Anything else: Abschließend müssen wir noch kurz über Dominic Cazaux sprechen. Noch nie gehört? Möglich. Das liegt vermutlich aber daran, dass wir nicht seinen ganzen Namen aufgeschrieben haben. Eigentlich heißt der gute Kerl nämlich "Dominic Andrew Lukic Newsome Fairclough Whyte Dorigo McAllister Batty Strachan Speed Chapman Cantona Cazaux". Aha. Zwischendrin vielleicht etwas holprig, insgesamt aber dann doch ein ganz schöner Name. Wie man auf so ein Namensmonster kommt?

Nun ja, der Vater des kleinen Dominic Andrew Lukic Newsome Fairclough Whyte Dorigo McAllister Batty Strachan Speed Chapman Cantona ist unglaublicher Leeds Fans. Und unmittelbar bevor der heute 22-Jährige Dominic Andrew Lukic Newsome Fairclough Whyte Dorigo McAllister Batty Strachan Speed Chapman Cantona auf die Welt kam, gewann Leeds die Meisterschaft. Wie der Vater deshalb auf den tollen Namen kam, sollte selbsterklärend sein. Er sei stolz auf seinen Namen, sagte Dominic Andrew Lukic Newsome Fairclough Whyte Dorigo McAllister Batty Strachan Speed Chapman Cantona Cazaux im Interview mit der "Yorkshire Evening Post".

Blöd ist nur, dass er, also Dominic Andrew Lukic Newsome Fairclough Whyte Dorigo McAllister Batty Strachan Speed Chapman Cantona Cazaux, in Prüfungen immer seinen ganzen Namen aufs Papier schreiben muss und dafür keine zusätzliche Zeit bekommt. Armer, Dominic Andrew Lukic Newsome Fairclough Whyte Dorigo McAllister Batty Strachan Speed Chapman Cantona.

Serie A: Vegetarische amatriciana ohne Tomaten

Premier League: "Kannst du dich bitte für die Euro 96 entschuldigen?

Primera Division: "Eine Eigenschaft von Hühnern ist, dass sie Arschlöcher sind"

Primera Division

Von Frank Oschwald

Auffanglatz des Spieltags: Als treuer Leser der Blitzlichter sollte man eigentlich meinen, dass man so langsam fast alle verrückten Dinge im Fußballzirkus mal mitgemacht hat. Verstörende Fotos, völlig sinnlose Aussagen und Fotos, die noch viel verstörender sind, als die eben angesprochenen. Unter der Woche mussten allerdings selbst wir drei, nein, vier Mal hinschauen, bis wir unseren Augen trauten. Joaquin trat in der spanischen Unterhaltungssendung "El Hormiguero" auf und plauderte aus dem Nähkästchen. Der Moderator Pablo Motos sprach von einer geheimen Fähigkeit des Betis-Haudegens, als plötzlich ein Sendungs-Assistent ein Huhn auf den Tisch stellte. "Das wissen nicht viele. Aber Joaquin ist in der Lage, Hühner zu hypnotisieren", plauderte der Moderator aus.

Joaquin lachte laut los, packte sich das Huhn selbstbewusst und fragte freundlich nach dem Namen. Das Huhn ignorierte den Anmachversuch gekonnt. Er wisse nicht, ob es klappt, so Joaquin. Zuletzt habe er das immer nur mit seiner Frau ausprobiert. Der 34-Jährige schritt zur Tat. Also wir wollen jetzt nicht mit dem Finger auf den armen Joaquin zeigen. Vor allem, da wir jetzt noch nicht allzu viele Huhn-Hypnotiseure gesehen haben und uns nicht zwingend als Experten auf dem Gebiet bezeichnen würden. Aber was folgte, glich eher der Arbeit eines betrunkenen Metzgers. Er versuchte ständig, den Kopf des armen Tieres auf den Tisch zu quetschen. Das Huhn wich jedoch ständig aus.

"Eine Eigenschaft von Hühnern ist, dass sie Arschlöcher sind", scherzte der Moderator. Das Spielchen zog sich über gut zwei Minuten hin. Letztlich war das Huhn ähnlich hypnotisiert wie jeder Zuschauer. Nämlich gar nicht. Als wir dachten, die Sendung könnte nicht mehr bizarrer werden, kam wenig später Pilar Rubio, Freundin von Sergio Ramos, und präsentierte Baby-Artikel. Ein Gummiheiligenschein, mit dem man das Kleinkind duschen kann, ohne dass Wasser ins Gesicht spritzt. Und ein Auffanglatz für Eltern, da mit dem Baby auf dem Schoß der Weg von Teller zu Mund so weit ist. Was ist mit dieser Welt nur los?

Nickerchen des Spieltags: Es gibt die eine oder andere Sache, die man als Moderator während eines Livespiels nicht zwingend machen sollte. Fans live im Fernsehen als Saufbolde beschimpfen beispielsweise. Man sollte keine Vergleiche mit Nazi-Parolen ziehen. Und am besten auch keinen aktiven Spieler indirekt als Zuhälter bezeichnen. Das hatten wir ja bereits alles. Dort reichte eine Entschuldigung und schon waren alle wieder Freunde. Rigoroser geht's in China zu. Denn die Fahrt von Dong Lu ins Estadio Santiago Bernabeu wird seine vorerst letzte Dienstreise für den chinesischen TV-Sender LeTV gewesen sein. Unmittelbar nach dem Spiel beurlaubte der Sender den 46-Jährigen.

Und das einzig und allein, weil der tapfere Racker zehn Minuten vor dem Ende der Partie einmal kurz eingeschlafen war. Mein Gott! Na gut, man hörte im Fernsehen laut und deutlich das Schnarchen des Reporters. Aber bitte, bei so einem Spiel. Dieses Champions-League-Gekicke ist halt auch immer spät. Wer ist da denn bitte noch nicht eingepennt? Hinzu kommt, dass es nach chinesischer Zeit ja fast 4 Uhr nachts war. Wir würden dem chinesischen Teufelskerl vielmehr einen Orden ausstellen. Wie er nach seinem kurzen Ausflug ins Traumland wieder den Faden aufnahm und losplapperte, als wäre nichts gewesen, war große Kunst. Wir haben natürlich keinen Plan, was er da so blubberte. Aber es hörte sich verdammt professionell an.

Algo mas? Das Kunstwort "Messidependencia" ist in Spanien inzwischen so geläufig wie eine übliche Begrüßung. Es beschreibt, manch ein pfiffiger Namensforscher mag es erraten haben, Barcas Abhängigkeit von Lionel Messi. Da der Argentinier aktuell ja verletzt ist, schauen wir mal kurz, was seine Vertreter so treiben. Die letzten 16 Tore für den FCB erzielten: Neymar, Suarez, Neymar, Suarez Neymar, Suarez, Suarez, Suarez, Neymar, Neymar, Neymar, Neymar, Suarez, Neymar, Suarez, Suarez, Neymar. Die Jungs kann man was machen lassen.

Serie A: Vegetarische amatriciana ohne Tomaten

Premier League: "Kannst du dich bitte für die Euro 96 entschuldigen?

Primera Division: "Eine Eigenschaft von Hühnern ist, dass sie Arschlöcher sind"