Ein Schwein kann nicht trainieren

Oliver BirknerFrank Oschwald
21. Dezember 201519:03
Carlo Ancelotti hatte bei den Juventus-Tifosi keinen leichten Standgetty
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In Italien schlägt Kung Fu Melo mal wieder zu, bei Ancelotti geht's um Coppa und Cholesterin. England diskutiert Gerrards Penisverletzung, auch Lineker will bald die Unterhosen auspacken. In Spanien tummeln sich Taxi Driver Iniesta und der vardyeske Perez.

Serie A

Von Oliver Birkner

Cantona des Spieltags: Kurz vor den Festtagen bescherte die Serie A den Tifosi einen Spieltag der Superhelden. In einem Trikot der Mailänder Internazionale verkleidet dampfwalzte Kung Fu Panda über den Rasen des San Siro, listig versteckt hinter dem Decknamen Felipe Melo. Kurz vor Ende des Treffens mit Lazio ratterte der stattliche Bär per Hechtsprung von hinten auf den eingeschüchterten Sergej Milinkovic-Savic und provozierte einen der unnötigsten Elfmeter der Fußball-Historie. Ein Strafstoß, der übrigens zu Inters 1:2-Niederlage führte. Die Arbeit war noch nicht erledigt. Denn kurz darauf würdigte Felipe Panda sein Idol Eric Cantona und drückte die gespitzten Stollen artistisch eingesprungen an die Kehle von Lazio-Kapitän Lucas Biglia. Zum Lohn sah der Brasilianer Rot und sammelte seinen achten Platzverweis im 99. Serie-A-Spiel. Diese Quote ist sicherlich ausbaufähig, denn Melo hatte bereits gegen Chievo (Jochbeinbruch Mpoku) und Hellas (ein aufs sechsfache angeschwollener Knöchel bei Pazzini) verbissen aber erfolglos an zweistellig gearbeitet. Verzage nicht Felipe, bis Mai stehen noch einige Spiele an. Nun erstmal einen Eierlikör mit Cantona und auf das Strafmaß des Verbandes warten. Salute!

Hulk des Spieltags: Unterstützung erhielt Kung Fu Panda weiter südlich in der Person von Hulk. Man konnte schließlich meinen, Juventus hätte in der Nachspielzeit den Treffer zur peinlichen Niederlage bei den Calcio-Provinzlern aus Carpi kassiert. Coach Max Allegri stand an der Seitenlinie, riss sich brüllend den Mantel vom Leib und jagte ihn mit zitterndem Brustkorb durch die Luft. Hervorplatzten zwar nur ein schwarzes Jackett und weißes Hemd, doch die Haut darunter dürfte leuchtend grün oszilliert haben. Eigentlich führte die Juve ja beruhigend 3:1, bevor sich Leonardo Bonucci ein tumbes Eigentor leistete (90./+2) und der Aufsteiger kurz darauf noch eine passable Chance zum Ausgleich besaß. Bruce Banner stampfte mit dem Abpfiff als erster in die Kabine und faltete sein Team dermaßen zusammen, dass selbst die Ohren der Tribünengäste klingelten. Irgendwann transformierte er sich doch zurück in den gewohnt besonnenen System-Wissenschaftler und erzählte: "Hat man tatsächlich gemerkt, dass mir bei pomadiger Fahrlässigkeit der Kragen platzt?" Irgendwie schon. "Besser den Mantel als drei Punkte zu verlieren", schloss Allegri und kann mit der Juventus als bestem Klub des Kalenderjahres 2015 (81 Punkte vor Florenz mit 75) in besonnene Feiertage entschwinden. Familienmitglieder sollten jedoch gewarnt sein und ihre Präsente nicht fahrlässig pomadig aussuchen.

Und sonst? Carlo Ancelotti wird also neuer Bayern-Trainer. Seit den Juventus-Tagen ist seine Reputation freilich exorbitant gestiegen. In Turin war er im Februar 1999 garstig empfangen worden. Ehemalige Roma- und Milan-Kicker hätten auf der Turiner Bank nichts verloren, fanden die Tifosi. Ancelotti passierte beim Spaziergang einen Obelisken und las den aufgesprayten Satz: "Ein Schwein kann nicht trainieren." Man wusste von Carlettos bombastischem Appetit und seiner Herkunft. Jugend auf dem Bauernhof der ländlichen Emilia, Grundnahrungsmittel deshalb Tortellini und Schweinefleisch - als Snacks Culatello (Schweineschinken) und Coppa, Aufschnitt aus Schweinenacken und -filet. Coppa - Pokal und Schwein, Ancelottis lebenslange Diät. 365 Tage lieferte jenes beinahe sakrale Tier damals Nahrung, sagte er, und niemand habe Cholesterin-Probleme besessen. Cholesterin wurde später erfunden. "Ein Schwein kann nicht trainieren", klagten die Plakate auch im Stadion und Ancelotti merkte an, dass sei eine unerträgliche Respektlosigkeit gegenüber der Figur des Schweines. Er verließ Turin 2001 in Richtung Milan und demonstrierte, dass ein Schwein sehr wohl exzellent trainieren kann. Auch die Bayern hoffen künftig auf seinen Appetit nach der Coppa und um Cholesterin, da muss sich Carletto in der Münchner Küche sicher null Gedanken machen.

Serie A: Kung Fu Panda, pomadige Fahrlässigkeit und das trainierende Schwein

Premier League: Gerrards Penis, Wrestler West Ham und Lineker in Unterhosen

Primera Division: Rayos Bonus-Level, Taxi Driver Iniesta und der vardyeske Perez

Premier League

Von Frank Oschwald

Penisverletzung des Spieltags: Männer, für den kommenden Absatz müsst ihr stark sein. Sehr stark. Verzieht am besten schon mal prophylaktisch das Gesicht und zieht die Spucke in den Rachen. Es wird schmerzhaft. Steven Gerrard, derzeitiger Dauer-Fernsehgast in England, tauchte in der letzten Woche in "The Clare Balding Show" auf und sprach ausführlich über seine Verletzung am Gemächt, die er sich in der letzten Saison gegen Bournemouth zugezogen hatte.

"Ich habe zur Grätsche angesetzt, da ich die Flanke blocken wollte. Ich bin auch an den Ball gekommen, aber der Fuß des Gegners landete direkt in meiner ‚Private Area'", erklärte Gerrard blumig: "Ich zog mir eine Fleischwunde am Penis zu. Eine große, große Fleischwunde." Moderatorin Balding bohrte nach: "Wusstest du sofort: Aua!?"

Gerrard antwortete mit hochgezogenen Augenbrauen. "Ich wusste sofort: Aua! Ich spürte sofort einen extremen Stich. Und ich wusste, dass das Spiel live im TV gezeigt wird, deshalb habe ich nur kurz hingeschaut und bin dann schnell zum Physio gelaufen", so Gerrard weiter. Der schaute sich das Massaker an und reagierte geschockt. In etwa so, als hätte er gerade eine riesige Fleischwunde am Penis gesehen.

Gerrard blickte den Physio an, nickte ängstlich und spielte in der Folge das Spiel zu Ende. Es war ja schließlich ein League-Cup-Spiel, das könne er nicht verpassen, erklärte der Liverpooler. Nach dem Spiel wurde Gerrard dann mit vier Stichen am Gemächt operiert. Vier Stiche! Aua! Aua! Aua! Aua! Gott sei Dank erkundigte sich die interessierte Moderatorin nach dem aktuellen Zustand von Stevie G. Jr. "Es ist wieder alles okay. Alles erholt und sortiert", sagte ein erleichterten Gerrard.

Wrestler des Spieltags: Es wird nach Musik in den Ohren zahlreicher West-Ham-Anhänger klingen. Die Edel-Fan-Base der Hammers bekommt prominenten Zuwachs. Denn Paul Michael Levesque ist derzeit auf Geschäftsreise in London unterwegs und verkündete in einem Interview mit einem Fernsehsender seine Sympathien für den Verein.

Paul wer? Nun, Paulemeister heißt in seinem falschen Leben eigentlich Triple H, ist Profi-Wrestler und aktuell mit der WWE NXT Tour unterwegs. Bei ITV wurde der Muskelprotz nach seinem Lieblingsklub gefragt und schüttete im Anschluss sein Herz aus: "West Ham kommt dem, was wir machen, wohl am nächsten, oder?"

Wir sind uns jetzt nicht ganz sicher, glauben aber zu wissen, dass der Wrestler West Ham eben mit der WWE verglichen hat. Gut. Okay. Und warum jetzt genau? "Eigentlich sagt man ja, dass wir in der WWE die leidenschaftlichsten und loyalsten Fans überhaupt haben - aber wenn ich West Ham sehe, muss man das vielleicht noch mal diskutieren", so Herr HHH.

Welcher Spieler denn am ehesten den Sprung zum Wrestling schaffen könnte, wollte der Moderator anschließend wissen. "Vielleicht ein Spieler wie Andy Carroll. Er ist groß, liebt Fußball und hat mit seinen langen Haaren den richtigen Look. Er wäre sicherlich interessant." Groß? Liebt Fußball? Lange Haare? Das hört der Eraser From The Weser sicherlich gern.

Anything else? Oh Premier League, du irres Huhn, was machst du nur mit uns!? Leicester City lässt sich den weihnachtlichen Gänsebraten jetzt tatsächlich auf Rang eins schmecken. Das sah im letzten Jahr noch etwas anders aus. Um nicht zu sagen, dass sie mit drei Punkten Abstand Letzter waren.

Kein Wunder, dass sich die Leicester-Bosse dazu hinreißen ließen, Coach Ranieri für jeden Platz, den er über Platz 18 abschneidet, 100.000 Pfund zusätzlich zu geben. Zuletzt meinte auch Gary Lineker, dass er eine Sendung nur in Unterhosen moderieren würde, wenn Leicester Meister werden würde. Also, Premier League, du irres Huhn, zeig was du kannst.

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Primera Division: Rayos Bonus-Level, Taxi Driver Iniesta und der vardyeske Perez

Primera Division

Von Frank Oschwald

La Decima des Spieltags: Lässig an Rayo Vallecano ist ja eigentlich immer, dass sie sich einen Dreck darum scheren, was andere von ihnen denken. Paco Jemez, Trainer des Madrider Klubs, lässt seine Mannen eigentlich fast immer mit offenem Visier stürmen. Wobei "mit offenem Visier" oft noch hoffnungslos untertrieben ist. Ohne Visier beziehungsweise ohne Helm wäre wohl passender.

Den spanischen Fußball-Fans gefällt diese Art des Fußballs oft sehr gut: Selbst bei einem hohen Rückstand wird nicht verteidigt, sondern vielmehr versucht, das Spiel zu drehen. Das kann funktionieren. Kann. Manchmal geht's auch etwas in die Buchse. So wie jüngst gegen Real Madrid. Zwar kommt man gegen die Königlichen regelmäßig etwas unter die Räder, am Wochenende gab's aber eine richtige Abreibung.

Zehn Hütten schenkte Real dem Team aus Vallecas ein, Rayo kassierte somit die höchste Pleite in der spanischen Liga seit 1960. Ein Ergebnis, das Real-Coach Rafa Benitez wohl ganz gelegen kommen könnte. Schließlich wurde stets kritisiert, sein Stil sei zu defensiv. 18 Tore in den letzten beiden Heimspielen dürften erst mal Ruhe in die Diskussion bringen.

Real schaffte damit das, was sich jeder, jeder, jeder FIFA-Zocker der ersten Stunde immer fragte: "Was passiert wohl, wenn die Anzeige voll ist?" Nun, der übertragende Sender wählte einen simplen Weg und schrumpfte die Schriftgröße der Zahl. Langweilig. Wir dachten, dass ein Bonus-Level freigeschaltet wird oder so.

Taxi Driver des Spieltags: Hui, das kam überraschend: Der FC Barcelona hat die Klub-Weltmeisterschaft in Japan gewonnen und sich den Titel somit bereits zum dritten Mal gesichert. Viel spannender waren wieder einmal die Geschichten rund um den Spaß-Pokal in Fernost. Da war zum einen die Frisur von Andres Iniesta.

Der bodenständigste aller Spanier verblüffte in Japan die ganze Welt mit einer neuen Haarpracht im Stile von Travis Bickle in "Taxi Driver". Er rasierte die Seiten komplett ab und ließ in der Mitte lediglich einen Irokesenschnitt stehen. Nun, manch einer wird da sagen, dass Andres Iniesta ja 31 Jahre alt ist und ihm neue Modetrends so gut stehen wie Angela Merkel eine pinke Lederjacke. Wir sagen das auch.

Deshalb wirkte der konservative Spanier eher wie ein schrumpeliger Hans Maulwurf, der einst bei den Simpsons den kleinen Bart samt Skateboard imitieren wollte. Gut gemeint, aber dennoch irgendwie falsch. Natürlich, wie soll es anders sein, ging in Japan auch die eeeeendlose Geschichte um Pique und seinen Tweet in die nächste Runde.

Nachdem Granero ihn in der letzten Woche doch aufgefordert hatte, er solle akzeptieren, wenn jemand besser sei, postete er nach dem Sieg bei der Klub-WM eine ganze Ladung Pokale. Mit dem Hashtag: "Paramisuperiores - An die, die besser sind". Ach Gerard. Komm. Lass' gut sein. Ist doch bald Weihnachten.

Algo mas? Mit einem Sack voll Lob für einen Goalgetter entlassen wir euch in die Weihnachtszeit: Lucas Perez, der bei den meisten Fußball-Fans wegen des Hypes um Jamie Vardy noch immer nicht wirklich auf dem Radar ist. Der Spanier erweiterte seine Opferliste am zurückliegenden Wochenende um Eibar und knipste somit gegen Atletico, Levante, Celta, Las Palmas, Sevilla und Barcelona in sieben aufeinanderfolgenden Spielen.

Das ist jetzt noch nicht vardyesk, doch den Vereinsrekord von Deportivo stellte Perez damit ein. Warum das so wichtig ist? Nun, den hält kein Geringerer als der Brasilianer Bebeto (Saison 1992/1993). Mit Quini, Sarabia und Güiza schafften das Kunststück mit einem Treffer in sieben aufeinanderfolgenden Spielen bislang sowieso nur drei in Spanien geborene Spieler. Herzlich willkommen in diesem elitären Kreis, Lucas Perez.

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