Serie A
Von Oliver Birkner
Rumpimmeln des Spieltags: Kürzlich erörterte Juve-Trainer Max Allegri das Leben der Profis: "Man kann nicht 24 Stunden an Fußball denken. Die Jungs müssen zwischendurch auch Beruf Beruf sein lassen und in ihrem Alter ganz einfach mal sorgenfrei rumpimmeln." Allegris Parade-Exemplar ist freilich Mario Balotelli. Der fällt seit Ende September wegen einer Schambeinentzündung aus.
Schon der Klang des Wortes ist Furcht einflößend und wird nur noch von Schambeinoperation übertroffen. Die hat Supermario nun tapfer hinter sich gebracht und musste eben einfach mal rumpimmeln. Die Sause hatte es fraglos in sich, denn mit von der Partie waren seine Kumpels Emis Killa (Rapper) und Giorgio Petrosyan (Kickbox-Champion).
Zwischendurch blieb jedoch kurz Zeit zum Twitter-Kommentar nach der EM-Auslosung: "I can't wait!" Nationalcoach Conte zwang das ein Lächeln ab: "Was kann er nicht erwarten? Uns im Fernsehen zu sehen?" Im Sommer wird Balotelli ganz offenbar Urlaub und Allegris Direktive genießen.
Schwank des Spieltags: Einige Stunden vor Anpfiff der Partie in Udine hatte dichter Nebel den Referee zur Spielabsage des Duells zwischen Sassuolo und dem FC Turin gezwungen. In der Zwischenzeit schien sich die Nebelbank offenbar hoch in den Friaul aufgemacht zu haben und umhüllte den Verstand der gastgebenden Defensivreihe. Anders ließen sich die Eskapaden der Udinese-Profis kaum erklären, mit denen sie die Vorlagen zu den ersten drei Treffern der Internazionale lieferten.
Das Tor zum 4:0-Endstand erarbeiteten sich die Mailänder dank eines phantastischen Schlenzers von Marcelo Brozovic in den Winkel zum Abschluss auch einmal selbst. Ansonsten kandidierte sich die Partie zweifelsohne für die Kategorie wahnwitzige Kuriositäten, denn bis zur Pause agierte das ersatzgeschwächte Udine gefälliger und vermeldete über 90 Minuten 22:13 Torabschlüsse und 9:2 Ecken. Statistik bedeutet allerdings oft sinnlosen Schnickschnack, da sich Udine für einen humoresken Schwank entschieden hatte.
Bruno Fernandes spielte einen haarsträubenden Fehlpass, in den Mauro Icardi sprintete und zur Führung abschloss. Acht Minuten darauf versuchte sich Maurizio Domizzi dilettantisch an der Kunst des Rückpasses und bediente Stevan Jovetic zu dessen erstem Treffer seit dem 30. August. Francesco Lodi stand seinen Kameraden schließlich in nichts nach, als er abenteuerlich zu Icardis zweitem Tor des Abends auflegte. Verlässliche Statistiken ließen sich nicht konsultieren, doch dem Gegner drei direkte Assists in einer Partie geliefert zu haben, legte zumindest einen starken, weltweiten Rekordverdacht nahe.
Und sonst? Ein Tor gelang dem AC Milan binnen sieben Tagen gegen die beiden Klassenletzten Carpi und Hellas, die im Klassement lediglich in einer Kategorie ganz weit oben thronen: Erster und Zweiter in puncto Gegentreffer. Das muss man erst einmal hinbekommen.Aktuell ähnelt die Casa Milan eher der Villa Kunterbunt, allerdings ohne lustige Zahlenreime.
Patron Silvio Berlusconi stichelt gegen Coach Sinisa Mihajlovic, der wiederum Berlusconi ermahnt. Ex-Idole Billy Costacurta und Paolo Maldini schießen gegen Manager Adriano Galliani ("Guter Geschäftsführer, leider mit erschreckenden Kompetenzmängeln im Bereich Fußball") und die Tifosi erquicken sich an einem Cocktail zwischen fluchenden Pfeiforgien und ironischen Gesängen "Wir gewinnen die Meisterschaft". Damit nicht alles ganz so böse wirkt, frisierte Milan das leere San Siro gegen Verona gar zu einem offiziellen Besuch von 27.480 - dank elektronischem Einlass sickerte die tatsächliche Zahl später durch: 19.580.
Mihajlovic zürnte indes über zwei Fehlentscheidungen des Referees: "Die halten mich wohl für bescheuert, dass wir ständig dermaßen verarscht werden, wenn es hier um Leben und Tod geht." Von dieser Verve lässt sich das ziemlich charakterlose Team nichts anmerken. Zur Rückendeckung des Trainers merkte Galliani an, Mihajlovic sei im Sommer nach Maurizio Sarri (Napoli) und Antonio Conte (Nationalelf) dritte Wahl gewesen und habe sich gefälligst anzupassen.
Womöglich auch bald die Koffer zu packen. Bloß in Milanello herrschen fernab des kruden Geschäfts noch verträumte Idylle und ein Versprechen an die Zukunft. "Was interessiert die Rose ihre Stacheln?", hauchte der Chef des Trainings-Hauptquartiers. Mailänder Erblühen mit Gertrude Stein und Helge Schneider, denn eine Rose ist eben eine Rose ist eine Rose.
Serie A Tim: Hier und dort ein wenig Rumpimmelei