"Ich bin der mit den vielen Toren"

Jochen Tittmar
08. November 201712:27
Rainer Rauffmann wurde in Zypern zur Stürmer-Legendeimago
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Rainer Rauffmann war in den 1990er Jahren ein mittelmäßiger Bundesligastürmer. Der Wechsel nach Zypern zu Omonia Nikosia veränderte sein sportliches wie privates Leben komplett. Rauffmann spricht im Interview ausführlich über seine Zeit auf der Insel, seinen Ruf als Kultkicker und den politischen Konflikt.

SPOX: Herr Rauffmann, seit 20 Jahren leben Sie nun schon auf Zypern. 2009 haben Sie im SPOX-Interview gesagt, Zypern und Sie würden so gut zusammenpassen, weil beide verrückt sind. Gilt das immer noch?

Rainer Rauffmann: In den acht Jahren hat sich nicht viel verändert, daher trifft das noch zu. Der Lebensstil der Menschen hier ist sicherlich nicht normal, er passt aber hundertprozentig zu mir.

SPOX: Sie spielten ab 1997 sechs Jahre für Omonia Nikosia, schossen dort unglaubliche 181 Tore in 152 Partien, wurden Nationalspieler Zyperns und wie ein Heiliger verehrt. Hat dieser Zustand mittlerweile abgenommen?

Rauffmann: Es hat nicht mehr dasselbe Ausmaß wie früher, aber ich stehe bei den Leuten immer noch weit oben auf der Liste. Mein Karriereende hatte darauf keine Auswirkungen, ich werde immer noch erkannt. So viele Hässliche wie ich laufen auf Zypern ja nicht herum.

SPOX: Früher sollen Sie die Menschen geküsst oder Sie zum Getränk eingeladen haben, wenn Sie auf der Straße gesehen wurden.

Rauffmann: Das liegt einfach daran, dass mir diese Leistungen für Omonia gelungen sind. Das ist hier der größte Verein mit dem höchsten Zuschaueraufkommen, jede dritte Person ist Fan dieses Klubs. Ich war als Spieler für viele einfach das Idol. Man kommt nicht umhin, auf Omonia-Anhänger zu treffen. Und dann wird einem eben der Kaffee spendiert, auch wenn ich eher selbst gerne mal einen ausgebe. Das alles ist für mich natürlich eine unheimlich schöne Sache.

SPOX: War Ihnen diese Verehrung anfangs suspekt?

Rauffmann: Ja, ich war das ja aus Deutschland überhaupt nicht gewohnt. Dort ist ja meist Distanz angesagt. Lebt man hier allerdings ein paar Tage, nimmt man schnell Teile der Mentalität auf und kann diese Euphorie besser verstehen. Der Fußball bedeutet für die Menschen hier alles. Sie leben diesen Sport, das ist einfach Fakt und unglaublich.

SPOX-Redakteur Jochen Tittmar traf Rainer Rauffmann in Nikosiaspox

SPOX: Ihre griechische Wikipedia-Seite spricht übrigens von 192 Toren in 153 Spielen. Was stimmt denn?

Rauffmann: Das weiß ich nicht genau. Was ich sicher sagen kann: Es waren auf Zypern 237 Tore in Liga, Pokal, Europacup und Länderspielen.

SPOX: Angefangen hat alles mit einem Anruf eines ehemaligen Omonia-Vorstandsmitglieds. Können Sie sich noch erinnern, was Sie damals gemacht und gedacht haben?

Rauffmann: Ich war in der Sommerpause in meiner bayerischen Heimat Amberg im Wirtshaus und habe ein Bier getrunken. Ich war ziemlich baff. Ich wusste über das Land nur, dass es geteilt und sehr warm ist. Dass man dort professionell Fußball spielen kann, darauf wäre ich nicht sofort gekommen. Deshalb dachte ich mir auch: Flieg mal drei Tage runter, knall dich an den Strand und dann geht's wieder nach Hause.

SPOX: Das war aber nicht.

Rauffmann: Mir war bewusst, dass dies meine letzte sportliche Ausfahrt war. Ich habe mir das alles daher schon seriös überlegt und schnell festgestellt, dass es wirklich mein Ding sein könnte. Die Umkleidekabine war ein schlichtes Zimmerchen. Das hatte alles aber etwas Romantisches, das mir einfach zugesagt hat.

SPOX: Wie ist man grundsätzlich überhaupt auf Sie gekommen, hat das Ihr Berater forciert?

Rauffmann: Ich hatte nie einen Berater. Vielleicht habe ich dadurch im Laufe meiner Karriere etwas Geld verloren, aber wenn ich zufrieden war, habe ich einfach unterschrieben. Das Omonia-Vorstandsmitglied hat jahrelang in Osnabrück gearbeitet und mich zu meiner Zeit beim SV Meppen in der 2. Liga verfolgt. Er war der Meinung, dass ich zum zyprischen Spielstil passen würde. Vielleicht hätte ich noch etwas in der deutschen 3. Liga finden können, aber wenn Omonia nicht gekommen wäre, hätte ich wohl mit 29 meine Karriere beendet und einen Trainerschein gemacht.

SPOX: Wie war Ihr erster Eindruck vom fußballerischen Niveau auf der Insel?

Rauffmann: Ich hatte schon noch so viel Selbstvertrauen, dass mir als ehemaliger Bundesligaspieler klar war, hier ein paar Buden erzielen zu können. In einer Partie schoss ich mal acht Tore, irgendwann ging einfach alles rein. Der Fußball war damals auch noch deutlich unprofessioneller als heute. Man hat vor allem dank vieler ausländischer Trainer mittlerweile gelernt, taktisch diszipliniert zu verteidigen. Zu meiner Zeit ist unser Libero teilweise neben mir im Sturm herumgeturnt.

SPOX: Sie wurden gleich in Ihrer ersten Saison mit 42 Treffern Torschützenkönig.

Rauffmann: Trotz der 42 Tore war ich aber der Grund, weshalb wir die Meisterschaft nicht gewonnen haben.

SPOX: Wie das?

Rauffmann: Ich verschoss im letzten Saisonspiel gegen Anorthosis Famagusta beim Spielstand von 2:1 für uns in der 75. Minute einen Elfmeter, quasi im Gegenzug glichen die dann aus. Wir hätten einen Sieg benötigt, durch das Remis wurde aber Anorthosis Meister. Das hatte bei mir drei schlaflose Nächte zur Folge. Ich war mit 42 Buden der Depp vom Dienst, das muss man erst einmal hinkriegen. Die Fans haben mich mit Tränen in den Augen trotzdem gefeiert, aber ich habe mehr geweint als sie. Das können Sie mir glauben.

SPOX: Sie galten in Deutschland nach Ihren Stationen in Meppen, bei Eintracht Frankfurt und Arminia Bielefeld nicht gerade als Musterprofi. Wenn man dann in Zypern auf Anhieb so erfolgreich ist, wie groß war die Gefahr, dabei abzuheben?

Rauffmann: Die war definitiv da, aber Gott sei Dank lernte ich schnell meine Frau kennen. Sie hat mich gezähmt, ich bin richtig ruhig geworden. (lacht) Wir haben eine Familie gegründet und ich habe gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Das hat sich auf den Fußball übertragen. Ansonsten hätte ich es hier wohl genauso krachen lassen wie in Deutschland. Dort war mein Name einfach komplett verbrannt, nächtliche Ausflüge gab es auch regelmäßig. Das kann man sich als Profifußballer in Deutschland einfach nicht erlauben.

SPOX: Nur drei Monate nach Ihrer Ankunft Ihre jetzige Frau Maria kennen gelernt zu haben, war sicherlich mitentscheidend für Ihre schnelle Integration. Wie wäre das wohl ohne sie gewesen?

Rauffmann: Das will ich mir gar nicht ausmalen. Sie ist das Beste, was mir in meinem Leben passieren konnte. Sie hat mir schnell die Mentalität nahegebracht, denn hier denkt man etwas quer. Die Lebensfreude ist enorm ausgeprägt, diese positive Einstellung will man auch an Touristen weitergeben. Man will zufriedene Gesichter sehen und an nichts Schlechtes denken. Maria war Omonia-Fan, hatte aber keine Ahnung, dass ich Fußballer bin. (lacht) Sie war nie im Stadion, sondern hat uns nur nebenher im Radio verfolgt. Irgendwann sagte ich ihr: Ich bin der mit den vielen Toren. Das hatte sie mir zunächst gar nicht geglaubt.

SPOX: Die Heirat im Juni 2002 ermöglichte es Ihnen, nach zweijähriger Wartezeit Staatsbürger Zyperns zu werden. Sie haben sich griechisch-orthodox taufen lassen und den Namen Markos angenommen. Wie kam das zustande?

Rauffmann: Der Pfarrer sagte, er würde uns trauen, aber es wäre gut, wenn ich griechisch-orthodox getauft würde. Er hatte gerade eine neue Kirche namens "Apostolos Markos" eröffnet und fragte mich, ob ich nicht diesen Namen annehmen möchte. In Deutschland bin ich aus der Kirche ausgetreten und hatte keinen Glauben. Nachdem ich die Sprache verstand, bin ich hier ein paar Mal in die Kirche gegangen. Was der Pfarrer da erzählt hat, gefiel mir eigentlich ganz gut. Ich bin kein potentieller Kirchengänger am Sonntagmorgen, aber es ist gut, jemanden da oben zu haben, der für einen da ist. Das hilft schon.

SPOX: Mittlerweile sprechen Sie fließend Griechisch. Kam das irgendwann automatisch?

Rauffmann: Ich habe nie einen Kurs besucht, sondern es mir vor allem über das Fernsehen und meine Frau beigebracht. Der Anfang war aufgrund der komischen Buchstaben schwierig, es hat insgesamt auch vier Jahre gedauert, bis ich es fließend konnte. Ich wollte die Sprache auf Anhieb lernen, da mir schnell klar war, dass ich hierbleiben möchte. Das war für mich eine Frage des Respekts gegenüber dem Land. Erst Recht, als ich Nationalspieler Zyperns wurde.

SPOX: Wenn Ihnen 1996 jemand gesagt hätte, dass Sie ein Jahr später 42 Saisontore in Zypern schießen, dort Nationalspieler werden und für immer bleiben, was hätten Sie entgegnet?

Rauffmann: Den hätte ich einweisen lassen. 1996 spielte ich noch für Arminia Bielefeld. Das war die schlimmste Entscheidung meines Lebens, auch wenn ich daran wohl selbst etwas schuld war.

SPOX: Dort gerieten Sie mit Trainer Ernst Middendorp aneinander, weil der Sie nach einem Trainingsspiel Strafrunden drehen ließ, bis Sie sich übergeben mussten.

Rauffmann: Middendorp war als Trainer ein Typ, mit dem keiner klar kam. Wir hatten acht gegen elf gespielt. Ich war im Team in Unterzahl und wir führten gegen die Startelf des kommenden Wochenendes mit 3:0. Ich habe Libero gespielt, als mich Middendorp anschrie, ich solle auf meinen Platz im Sturm gehen. Ich erwiderte, dass ich lieber das Spiel gewinnen möchte. Er ließ mich dann laufen - und vergaß mich. Nach zweieinhalb Stunden und mehrmaligem Übergeben holte mich der Zeugwart herein. Er war der einzige, der noch am Gelände war, der hatte sogar schon die Wäsche erledigt. Das war mein letztes Training in Bielefeld.

SPOX: Woher kam denn Ihr teils rebellisches Verhalten?

Rauffmann: Ich wollte einfach leben, meinen Spaß haben und nichts verpassen. Ich habe mit Freunden richtig Karten gezockt, nebenher ein paar Bierchen getrunken, schon immer geraucht und bin nicht immer zeitig ins Bett gegangen. Irgendwann hängt man dann da und merkt, dass es so eigentlich nicht weitergehen kann. Der vielzitierte falsche Freund, das war ich selbst.

SPOX: Bereuen Sie diese Phase insofern, dass Sie auch in Deutschland erfolgreicher hätten Fußball spielen können?

Rauffmann: Ich bereue gar nichts in meinem Leben. Das waren alles Erfahrungen, die ich machen musste, um zu dem zu werden, der ich jetzt bin. Mein ehemaliger Trainer und Lehrmeister Horst Ehrmantraut hat mich sehr geprägt, ich saß ja auch zwei Mal wöchentlich bei ihm im Büro. (lacht) Der muss auch geglaubt haben, dass ich ihm nie richtig zugehört habe, weil ich seine Ratschläge anfangs nicht wirklich umgesetzt habe. Erst in Zypern konnte ich seinen Aufruf zu mehr Professionalität umsetzen, das hat mir auch gut getan.

SPOX: Bis heute halten sich Geschichten von Weißbier-Abenden in der Meppener Fußballkneipe "Strohhalm", dass Sie Mitspieler bis kurz vor dem Anpfiff eines Spiels suchen mussten oder Sie sich wegen eines Insektenstichs krankschreiben ließen. Was stimmt?

Rauffmann: Die ersten beiden Geschichten sind richtig, die dritte falsch. Zur zweiten Story: Das war in Meppen, dort bin ich häufig zu spät gekommen. An diesem Tag hatte ich Tag klassisch verschlafen, das Handy war auf lautlos geschalten. Meine Mitspieler fuhren zu mir nach Hause und klopften so laut an die Tür, bis ich wach wurde. Ich konnte einfach nicht im Hotel schlafen. Ich war immer anwesend und auch beim gemeinsamen Abendessen, aber um Mitternacht bin ich ausgebüxt und habe mich ins eigene Bett verzogen. Das wusste bis zu dem Tag, an dem ich verschlafen hatte, niemand.

SPOX: Wegen eines Knorpelschadens im Knie beendeten Sie 2003 Ihre aktive Karriere. Ein Jahr später im Mai stand Ihr Abschiedsspiel an, das in Zypern nur verdiente Spieler bekommen.

Rauffmann: Da haben wir mit Omonia 8:1 gegen eine Landesauswahl gewonnen, für die auch Andreas Möller auflief. Ich wollte einen großen Namen aus Deutschland holen. Als ich ihn anrief und fragte, ob er sich das vorstellen könne, sagte er: Ich sitze morgen im Flieger. Ich stand bei dem Kick nur vorne rum, weil ich mich nicht mehr richtig bewegen konnte. Immerhin ist mir noch ein Hattrick gelungen.

SPOX: Anschließend arbeiteten Sie eineinhalb Jahre lang als Sportdirektor bei Omonia, wechselten danach als Trainer zum Lokalrivalen Olympiakos. Wieso ist das bis heute Ihre einzige Station als Trainer?

Rauffmann: Ich habe nie einen Trainerschein gemacht. Mein Co-Trainer bei Olympiakos besaß eine Lizenz und ich habe a la Franz Beckenbauer den Teamchef gegeben. Ich wollte es auf jeden Fall mal probieren, wir haben uns aber nach nur einem halben Jahr wieder getrennt. Ich habe gemerkt, dass der Trainerjob nicht meins ist. Ich kann Spieler einschätzen und habe ein gutes Auge, aber um mit über 20 verschiedenen Charakteren umzugehen, dafür bin ich nicht Psychologe genug.

SPOX: 2013 kehrten Sie zu Omonia zurück. Was haben Sie in den fünf Jahren zuvor gemacht?

Rauffmann: Ich hatte in der Nähe meines Hauses in Nikosia eine Fußballschule für Kinder. Das ist ein riesiger Boom, es gibt knapp 200 Fußballschulen auf Zypern. Fast jedes fünf- oder sechsjährige Kind ist dort angemeldet, drei Mal pro Woche wird jeweils eineinhalb Stunden trainiert. Die Kids spielen auch in Vereinen, aber nutzen das als eine Art Extra-Training. Ich habe selbst auf dem Platz gestanden, mit Kindern kann ich einfach gut. Die Schule gibt es auch noch, aber ich habe meine Anteile daran zwischenzeitlich verkauft.

SPOX: Welche Funktion haben Sie aktuell bei Omonia genau?

Rauffmann: Ich sehe mich als Feuerwehrmann und Mädchen für alles, einen offiziellen Titel brauche ich nicht. Sie brauchten einen Frontmann. Es lodert hier immer wieder mal, oft brennt es auch richtig. Bei Omonia muss man viel Wasser im Tank haben, um alle Brände zu löschen.

SPOX: Was ist los?

Rauffmann: Der Klub hat ein riesengroßes finanzielles Problem. 2008 wurde ein Präsident installiert, der keine Ahnung vom Fußball hatte und verschwenderisch mit dem Geld umging. Fünf Jahre später hatten wir 35 Millionen Euro Schulden und standen vor dem Aus. Und dann ist etwas passiert, was mir heute noch die Haare zu Berge stehen lässt.

SPOX: Erzählen Sie!

Rauffmann: Unsere Fans sind sammeln gegangen. Da haben Rentner ihren Monatsscheck abgegeben. Die Liebe für den Verein ist kaum zu beschreiben. So kamen einige Millionen zusammen, in den letzten vier Jahren konnten wir den Schuldenstand auf rund 13 Millionen verringern. Jetzt kann man wieder einigermaßen vernünftig arbeiten. Die neue Vereinsführung ist seriös und hat einen Igel in der Tasche, jede Ausgabe wird genau abgewogen.

SPOX: Heißt für Ihre Arbeit?

Rauffmann: Wir können nur ablösefreie Spieler verpflichten. Aus Deutschland kann ich nur Profis ansprechen, die in ein Loch gefallen oder am Ende ihrer Laufbahn sind. Die größte Ausländergruppe hier besteht aus Portugiesen, Brasilianern und Argentiniern. Ich war letztes Jahr beispielsweise drei Wochen in Argentinien. Dort ist der Fußball auch finanziell angeschlagen, aber da laufen junge Talente herum, das ist der Wahnsinn. Urlaub ist in unserem Klub ohnehin ein Fremdwort. Wir spielen meistens ganz früh die Qualifikationsrunden für die Europa League, so dass die Vorbereitung recht schnell nach Saisonende begonnen werden muss. Im Idealfall kommt man auf sieben Tage Urlaub im Jahr.

SPOX: Der Fußball in Zypern wird immer wieder von Skandalen erschüttert. Es gibt Korruptions- und Manipulationsvorwürfe. Wie beobachten Sie das?

Rauffmann: Im südzyprischen Teil des Landes leben 850.000 Menschen, es gibt aber 28 Profiteams in den beiden ersten Ligen. Das sind zunächst einmal viel zu viele Vereine, bei manchen Erstligaspielen werden keine 50 Eintrittskarten verkauft. Ich habe keine Ahnung, wie diese Klubs ihre Spieler bezahlen und ob das Fernsehgeld wirklich ausreicht. Die größten Probleme haben wir aber mit den Schiedsrichtern.

SPOX: Die sich schon Bombendrohungen ausgesetzt sahen.

Rauffmann: Zypern braucht unbedingt den Videoassistenten, denn hier werden sehr, sehr viele merkwürdige Entscheidungen getroffen. Der Einfluss von APOEL, des reichsten Klubs der Insel, ist einfach enorm. Auch auf den Fußballverband, denn hier ist vieles politisch beeinflussbar. Ein unabhängiges, am besten noch ausländisches Schiedsrichter-Gericht würde dem gesamten Fußball nur gut tun.

SPOX: Sie leben hier in einem geteilten Land: Die Griechen im Süden, die Türken im Norden - durch Nikosia läuft die Trennlinie. Wie erleben Sie diesen politischen Konflikt und wie sehr beherrscht er den Alltag?

Rauffmann: Er beherrscht ihn tagtäglich. Meine Frau ist ein Flüchtling im eigenen Land, sie hat ihr Geburtshaus seit über 40 Jahren nicht mehr gesehen. Als die Türken 1974 einmarschierten, musste sie ihre Heimat mitten in der Nacht verlassen. Seit fünf Jahren darf sie wieder in den nordzyprischen Teil, übernachten ist allerdings verboten. Ihre Heimat fehlt ihr und sie erzählt oft, wie schön es dort war. So geht es sehr vielen hier. Die meisten teilen dasselbe Schicksal, deshalb ist der Zwist auch allgegenwärtig. Es wird in Südzypern nicht gerne gesehen, wenn Touristen ihr Geld auch im Norden ausgeben.

SPOX: Ist ein Ende dieses Konflikts in Ihren Augen realistisch?

Rauffmann: Die Südzyprer wollen auf jeden Fall ein gemeinsames Land, aber die Türken nicht. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Türkei nichts mehr zurückgibt, was sie mit ihrem eigenen Blut geholt hat.

SPOX: Herr Rauffmann, vielen Dank für die Einblicke. Zum Schluss noch zwei "deutsche" Fragen: In Ihrem Geburtsland gelten Sie längst als Kultkicker. Können Sie sich mit einer solchen Bezeichnung anfreunden?

Rauffmann: Mit Kultkicker habe ich kein Problem, das passt. (lacht) Ich war und bin wohl einfach ein Typ, früher noch mit wilder Mähne. Das scheint den Leuten einfach zu gefallen, auch hier. Ich glaube, 99 Prozent der Einheimischen haben mittlerweile meine Telefonnummer.

SPOX: 2009 sagten Sie uns, dass Ihnen als Bayer die Knödel am meisten fehlen würden. Ist das noch so?

Rauffmann: Gott sei Dank war ich zum Hinspiel zwischen APOEL und Dortmund bei Sky in München eingeladen. Da habe ich mir als erstes einen Schweinsbraten mit Knödeln gegönnt. Und meine Gefriertruhe ist jetzt wieder gerammelt voll, 15 Pakete Knödel habe ich mitgenommen. Die muss ich mir immer auf diese Weise besorgen. Für Weißwürste habe ich in Nikosia mittlerweile einen Münchner Metzger gefunden.