Bradford Citys deutscher Besitzer Rahic im Interview: "Wir wollen in die Premier League"

Im Mai 2016 übernahm Edin Rahic gemeinsam mit seinem Investoren-Partner Stefan Rupp Bradford City
© Bradford City
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SPOX: Kann man in der dritten Liga eigentlich Geld verdienen?

Rahic: Das geht nur, wenn man sehr gute Transfers macht oder einen Lauf im Pokal hat. Wenn wir im FA Cup Manchester United zugelost bekommen würden, wäre die Saison wegen der TV- und Ticket-Einnahmen mit einem einzigen Spiel gerettet. Und wenn wir 0:8 verlieren, wäre es völlig egal.

SPOX: Die Premier League hat einen extrem hochdotierten TV-Vertrag, im Unterhaus kommt relativ wenig Geld an. Ärgert Sie die mangelhafte Umverteilung?

Rahic: Am Anfang fand ich das schon ungerecht, aber mittlerweile habe ich meine Meinung etwas geändert. Wenn alle Drittligisten statt aktuell einer Million Pfund fünf Millionen bekämen, würde sich an der allgemeinen finanziellen Situation letztlich nichts ändern. Die Vereine würden fünfmal höhere Gehälter zahlen und genauso viel Verlust machen wie zuvor. Nur die Spieler würden sich freuen. Interessant ist aktuell der immense Gehaltssprung zwischen der zweiten und dritten Liga. Wenn die Klubs in der Championship wüssten, was unser Top-Stürmer Charlie Wyke verdient, wäre er innerhalb weniger Tage weg.

SPOX: Kümmern Sie sich um die Transfers Ihres Vereins selbst?

Rahic: Ja, denn ich bin nicht nur Besitzer, sondern auch eine Art Sportdirektor. In England ist das sehr ungewöhnlich, weil die Sportdirektorenaufgaben anders als in Deutschland normalerweise vom Trainer übernommen werden. Das deutsche Modell ist aber besser, weil sich der Trainer dann nur auf den Fußball konzentrieren kann. Seine Aufgabe ist es, das Beste aus dem Spielermaterial zu machen, das wir ihm zur Verfügung stellen. Für unseren Trainer war diese Struktur anfangs natürlich gänzlich neu und es hat eine Zeit lang gedauert, bis sich das eingependelt hat. Es hilft aber, dass ich Ahnung von Fußball habe und mich mit ihm kompetent austauschen kann.

SPOX: Was haben Sie in Ihrer Zeit als Scout beim VfB Stuttgart gelernt?

Rahic: Das war eine sehr gute Schule für meine Arbeit hier. Ein halbes Jahr lang war ich gemeinsam mit Wolfgang Geiger und Stephan Schwarz in ganz Europa unterwegs. Sie sind sehr gute Fußballkenner und brachten mir bei, wie man die Körpersprache von Spielern und ihr Verhalten ohne Ball beurteilt. Unser damaliger Vorgesetzter Rangnick nahm Wolfgang später nach Leipzig mit. Stephan arbeitet heute erfolgreich mit Stefan Reuter für den FC Augsburg.

SPOX: Was für ein Typ ist Rangnick?

Rahic: Er hat am liebsten nur wenige Vertraute um sich und alles selbst unter Kontrolle. Ralf ist sehr, sehr ehrgeizig und weiß genau, was er will. Seinen Vereinen bringt er nicht nur große Erfolge, sondern auch eine klare Spielphilosophie. Er hat seinen Stil im Kopf und arbeitet sehr strukturiert an der Umsetzung - ganz unabhängig von Gegenwind.

SPOX: Wie viel Kontakt haben Sie noch zu ihm?

Rahic: 2012 hätte er mich fast nach Leipzig geholt, aber das wurde nichts. Vor unserem Playoff-Finale im Mai wünschte er mir viel Glück. Falls Red Bull irgendwann Interesse an einem Engagement in England haben sollte, könnten wir mit unseren beiden Vereinen vielleicht kooperieren.

SPOX: Wie würde so eine Kooperation aussehen?

Rahic: Wir haben nicht unendlich viel Geld und somit wäre es ideal für uns, geliehene Talente zu bekommen und weiterzuentwickeln. Gleichzeitig wären wir für einen Klub wie Leipzig die perfekte Plattform, um Spieler zu testen. Vergleichbar mit deren Kooperation mit Salzburg würden wir dann natürlich denselben Fußballstil und ähnliche Trainingsinhalte praktizieren. So etwas kann ich mir aber nicht nur mit Leipzig, sondern prinzipiell mit jedem interessierten Verein vorstellen.

SPOX: Wie könnte man solch eine Kooperation den Fans vermitteln?

Rahic: Der Klub bleibt immer das Wichtigste, während Spieler kommen und gehen - ganz egal, ob sie gekauft oder geliehen sind. So ist der Fußball nun mal.

SPOX: Freuen wird die Fans dagegen Ihre Ankündigung, wonach Sie bei einem möglichen Aufstieg in die Premier League Tickets für ein Pfund anbieten würden.

Rahic: Wenn Ersatzspieler in der Premier League fünf Millionen Pfund verdienen, dann könnte man auch Tickets für ein Pfund anbieten. Aktuell verkaufen wir mit 149 Pfund die günstigsten Saisontickets im englischen Profifußball. Ich war neulich bei Manchester City im Stadion und da zahlt man bei einem Spiel für die schlechtesten Plätze 70 Pfund. Deswegen sind keine Arbeiter im Stadion, sondern Businessleute aus China oder den USA und die Stimmung ist nicht annähernd so gut wie bei uns. Das ist langweilig und bestätigt mich in meinen Ansichten. Der Fußball muss für die wahren Fans, die Arbeiter bezahlbar sein und wenn das die großen Klubs nicht begreifen, gibt es bald einen gewaltigen Knall.

SPOX: Sie scheinen mit der Kommerzialisierung der Premier League nicht einverstanden zu sein.

Rahic: Die Premier League ist Show und Zirkus. Wir wollen da hin und es anders machen.

SPOX: Befürworten Sie die Wiedereinführung von Stehplätzen?

Rahic: Wir würden sofort ein Pilotprojekt angehen. Das Hooliganproblem ist doch längst gelöst und Stehplätze würden die Stimmung überall schlagartig verbessern. Bei uns würde es dann zugehen wie in Klein-Dortmund.

SPOX: Besuchen aktuell viele deutsche Fans die Spiele von Bradford?

Rahic: Noch nicht so viele wie wir das gerne hätten, aber das liegt an den schlechten Flugverbindungen. Wir sind in Gesprächen mit den Betreibern des Flughafens Bradford/Leeds und setzen uns für direkte Flüge nach München und Stuttgart ein. Sobald das geregelt ist, werden viele Deutsche kommen, weil sie hier den echten Fußball sehen. In der vergangenen Saison wurde unser Stadion zum drittstimmungsvollsten aller englischen Ligen gekürt (hinter Sheffield United und West Bromwich Albion, Anm. d. Red.).

SPOX: Bei Huddersfield Town ist in den vergangenen Monaten eine deutsche Enklave entstanden. Haben Sie viele Landsleute in den Verein geholt?

Rahic: Mit Rouven Sattelmaier und Lukas Raeder haben wir zwei deutsche Torhüter, mit Joel Grodowski einen Stürmer; meine Frau arbeitet als Club Secretary. Am Anfang hatten wir in dieser Position jemand anderen, aber das funktionierte nicht so gut. Dann habe ich gesagt: "Frau, Du musst einsteigen!" Sie hat früher in der Revision einer Bank gearbeitet und kümmert sich jetzt um alle Verträge.

SPOX: Wie oft reisen Sie noch nach Deutschland?

Rahic: Das letzte Mal war ich im Sommer daheim, aber aktuell plane ich eine längere Reise, um meine Kontakte zu pflegen. Ich will bei Fredi Bobic in Frankfurt und bei Stefan Heim in Stuttgart vorbeischauen und sehen, wie sie etwa in den Bereichen Scouting und Ticketing arbeiten.

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