Es gab ja mal Zeiten, da zählte Fabio Coentrao zu den heißesten Eisen auf dem Transfermarkt. 2011 zum Beispiel, als die Verantwortlichen des FC Bayern in David Alaba zwar ein begnadetes Talent sahen, dem 19 Jahre jungen Österreicher jedoch nicht gänzlich zutrauten, sich auf Anhieb auf der linken Abwehrseite festzuspielen. Der vier Jahre ältere Coentrao stand damals ganz oben auf der Wunschliste des deutschen Rekordmeisters und anderer europäischer Topklubs. Nur: Er hatte keine Lust auf einen Wechsel nach München.
"Sie brauchen mich erst gar nicht anzurufen. Ich gehe eh nicht ans Telefon", sagte der zu jener Zeit bei Benfica Lissabon unter Vertrag stehende Coentrao und verhalf Alaba dabei, sich Schritt für Schritt zu einem der besten Linksverteidiger der Welt zu entwickeln.
Heute wäre der 52-malige portugiesische Nationalspieler vermutlich froh, wenn ihn überhaupt ein Bundesligist kontaktieren würde. Coentrao, 31, ist seit dem 1. Juli vereinslos. Eigentlich sollte er mittlerweile bei PAOK Saloniki in Griechenland kicken. Im Juli traf er sogar schon in Thessaloniki ein, um mit dutzenden Fan-Schals eingedeckt einen Vertrag bei dem Traditionsklub zu unterschreiben.
Coentraos Wechsel zu PAOK Saloniki scheiterte
Nach zwei Tagen überlegte er es sich aber anders. Coentrao wolle nicht so weit entfernt von seiner Familie leben, schrieb die portugiesische Zeitung O Globo. Es kursierten allerdings auch Gerüchte, wonach der Klient von Jorge Mendes versucht habe, mit den PAOK-Bossen noch einmal über sein Gehalt zu sprechen. Außerdem seien der medizinischen Abteilung der Griechen Fitnessmängel aufgefallen.
Coentrao, das ist über die Grenzen seines Heimatlandes ein offenes Geheimnis, gilt als schwieriger Charakter. Gerade in Madrid können sie ein Lied davon singen. "Nicht der Hellste" sei Coentrao, meint etwa der portugiesische Journalist Manuel Pereira, seit über 40 Jahren für A Bola als Korrespondent in der spanischen Hauptstadt tätig, im Gespräch mit SPOX und Goal. Er begleitete Coentrao von 2011 bis 2015 intensiv, als dieser noch bei Real Madrid spielte.
"Er hatte sehr viel Talent und Fürsprecher wie Cristiano Ronaldo oder Pepe in der Mannschaft, aber kaum Disziplin. Wenn er seine Gedanken ein bisschen besser sortiert hätte, wäre er noch heute hier", glaubt Pereira.
Zigaretten und Führerschein-Schummel
Einige Trainer, vor allem Jose Mourinho und Carlo Ancelotti, hätten "große Stücke" auf den Fußballer Coentrao gehalten. Das wurde auch im Champions-League-Finale 2014 gegen Atletico Madrid deutlich, als Ancelotti ihn anstelle von Marcelo beginnen ließ. Coentrao war defensiv weitaus verlässlicher als der Brasilianer.
Dass er diesen Vorteil nicht ausnutzte, lag offensichtlich an seinem Lebensstil. Die spanische Presse sagte ihm Trainingsfaulheit und schlechte Ernährung nach, einmal fotografierten ihn Paparazzi beim Rauchen. "Man hat das Gefühl, Coentrao ist nur noch bei Real, um Ronaldo zum Training zu chauffieren", witzelte die Zeitung El Pais irgendwann aufgrund der vielen muskulären Verletzungen, die er sich während seiner Zeit bei den Königlichen zuzog.
Tatsächlich hätte Coentrao aber überhaupt kein Auto fahren dürfen. 2017 gestand er vor einem Gericht in Braga, sich fünf Jahre zuvor durch die theoretische Führerscheinprüfung geschummelt zu haben. Er hatte damals 4.000 Euro an einen Lehrer bezahlt, um ihm während der über einen Videochat durchgeführten Prüfung hinter dem Monitor per Handzeichen die richtigen Antworten zu signalisieren. Das Gericht verdonnerte ihn zu einer Geldstrafe, seinen Führerschein durfte er aber behalten.
Jetzt macht Coentrao Urlaub - wie lange noch?
Was beim Enfant terrible für keine Schlagzeilen sorgt, sind wilde Frauengeschichten. Vielmehr ist Coentrao seit 2010 mit Andreia Santos verheiratet und hat zwei Kinder. "Die Familie steht für mich über allem", sagte er einmal in einem Interview.
Deshalb kehrte er nach zwei gescheiterten Leihen bei der AS Monaco und Sporting Lissabon 2018 auch zu seinem Heimatverein Rio Ave zurück. "Ich möchte hier lange bleiben", gab er immer wieder zu verstehen.
Daraus wurde bekanntermaßen nichts. Die Zusammenarbeit lief nur ein Jahr, Coentrao wurde sich mit den Verantwortlichen nicht über ein neues Arbeitspapier einig.
Und jetzt? Macht der zweimalige Champions-League-Sieger erst einmal Urlaub. Das ist zumindest seinen Beiträgen auf Instagram zu entnehmen. Ob er bis zum Winter noch einen neuen Arbeitgeber findet, ist fraglich. Denn sein Telefon dürfte nicht mehr so oft klingen wie vor acht Jahren.