Rodri, Vinicius Junior oder Jude Bellingham? Das Pro und Contra zum Ballon d'Or

Von Patrik Eisenacher
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Rodri, Vinicius Junior, Jude Bellingham heißen die drei großen Favoriten auf den Ballon d'Or 2024. Und diese Pro- und Contra-Argumente liefert das Trio.

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Am 4. September veröffentlichten France Football und die UEFA die 30 Kandidaten für den Ballon d'Or 2024, am 28. Oktober wird der goldene Ball in Paris dann überreicht.

Schon jetzt steht sicher fest: Weder Lionel Messi noch Cristiano Ronaldo werden die Auszeichnung gewinnen. Seit 2008 hatten die beiden die Vergabe mit zwei Ausnahmen dominiert. In einer neuen Ära sind nun Vinicius Jr., Jude Bellingham und Rodri die drei Top-Favoriten, zwischen ihnen wird ein enges Rennen um die Stimmen erwartet.

Die beiden Spieler von Real Madrid gewannen die Champions League, aber keinen kontinentalen Titel. Der Spanier schied mit Manchester City in der Königsklasse gegen die Königlichen aus, holte dafür aber den EM-Pokal.

SPOX legt die Argumente für und gegen eine erste Auszeichnung mit dem Ballon d'Or für jeden der drei Spieler dar.

(Mithilfe beim Text: Thomas Hindle, Matt O'Connor-Simpson und Richard Martin)

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Jude Bellingham: In der Hinrunde eine Klasse für sich

Mit gerade einmal 20 Jahren kam der Engländer vor etwas mehr als einem Jahr von Borussia Dortmund zu Real Madrid - für satte 103 Millionen Euro Ablöse. Die Erwartungen an Bellingham waren direkt groß, aber nicht riesig. Schließlich hatte der frühere BVB-Star international wenig Erfahrung.

Doch dann spielte er die Hinrunde seines Lebens und schoss ähnlich viele Tore wie zuletzt Cristiano Ronaldo bei seinem Einstand als Blanco. In seinen ersten vier Liga- und CL-Einsätzen traf er jeweils. Hinter Vinicius Jr. und Rodrygo wurde Bellingham tatsächlich zum mehr oder weniger direkten Ersatz für den kurz zuvor abgewanderten Karim Benzema. Der Youngster wurde zum Serien-Matchwinner in letzter Sekunde - zahlreiche Male. 17 Tore waren es nach der Hinrunde in 24 Spielen - überragend für einen offensiven Mittelfeldspieler. Er traf sogar in beiden Clásicos zum Sieg für Real.

Mit der Rückrunde kam der leichte Einbruch, sechs Tore legte er oben drauf. Auch wegen Verletzungen konnte der Engländer nicht mehr so beeindruckende Zahlen auflegen wie im Jahr 2023.

Ein Plus für ihn ist natürlich auch der Gewinn der Champions League mit Real als Stammspieler - wenngleich er zuletzt im November 2023 ein Tor erzielte. Bei der EM in Deutschland glänzte Bellingham dann weniger mit spielerischen Aktionen als mit zwei wichtigen Toren und führte England bis ins Finale.

Jude Bellingham, Real Madrid
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Jude Bellingham: Durchschnittliche Rückrunde

Doch Bellingham spielte auf seiner Position besonders in der Rückrunde oft nicht gerade Weltklasse. Es gab zudem Zeiten, in denen sein übertriebenes Selbstbewusstsein zum Nachteil seiner Mannschaft war.

Diejenigen, die nicht davon überzeugt sind, dass Bellingham im nächsten Monat den Ballon d'Or erhalten sollte, werden auf seine Leistungen bei der EURO 2024 verweisen. Obwohl er im Auftaktspiel der Gruppenphase den Siegtreffer für England gegen Serbien erzielte und die Mannschaft mit seinem Kopfballtor gegen die Slowakei im Turnier hielt, lief es für Bellingham nicht wie erhofft. Er harmonierte nicht mit Phil Foden und Harry Kane, blieb oft zu lange am Ball.

Eine Reihe von Verletzungen, allgemeine Müdigkeit und die Form von Vinicius machten ihn in der zweiten Hälfte der Madrider Saison zu einer Nebenfigur. Im Viertel- und Halbfinale der Champions League konnte er weder ein Tor noch eine Vorlage beisteuern.

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Vinicius Jr.: Große Leistungen in großen Spielen

Der Brasilianer legte in der vergangenen Saison trotz längerer Ausfallzeiten noch tolle Zahlen auf: 26 Tore und elf Vorlagen sowie weitere tolle Statistiken. Seine Erfolgsquote bei Dribblings war enorm hoch und er ist einer der schnellsten Spieler weltweit.

In der Hinrunde konnte er nur acht Ligaspiele von Beginn an bestreiten und schoss dabei vier Tore. Im September stoppte ihn eine Muskelverletzung, im Dezember ein Oberschenkelmuskelriss - so kann man den Ballon d'Or eigentlich nicht gewinnen. Mit seinen Leistungen in der Rückrunde jedoch schon. 16-mal stand Vinicius in LaLiga in der Startelf, elf Tore und fünf Vorlagen gelangen ihm dabei. Auch gegen den FC Barcelona traf und assistierte er. Im Supercup gelang ihm gegen den Rivalen sogar ein Hattrick.

In der Champions League unterstrich der Brasilianer seine Ballon-d'Or-Ambitionen. Das Halbfinale gegen Bayern München war vielleicht die Krönung. Vinicius traf zweimal - erst aus dem Spiel heraus, dann vom Elfmeterpunkt - und sicherte damit ein hart erkämpftes Auswärtsremis in der Allianz Arena.

Der Brasilianer war auch im wichtigsten Vereinsspiel der Saison zur Stelle, als er in der Königsklasse den Finalsieg gegen Borussia Dortmund perfekt machte und Real den 15. CL-Titel bescherte.

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Vinicius Jr.: Nicht ganzheitlich Weltklasse

Es war allerdings keine perfekte Saison von Vinicius. Trotz aller Argumente, die dafür sprechen, dass er den goldenen Ball gewinnen sollte - und davon gibt es reichlich -, gibt es auch Argumente, die gegen ihn sprechen.

Kann und darf jemand den Ballon d'Or gewinnen, der ein Drittel der LaLiga-Saison verpasste und nur auf 43 von etwa 65 möglichen Spielen kommt?

Bei der Copa América konnte der Brasilianer zudem nicht überzeugen und war für die Viertelfinalniederlage der Seleção gegen Uruguay gelb-gesperrt.

Außerdem stellt sich die Frage: In welchem Bereich außer dem Dribbling ist er Weltklasse? Im Abschluss und bei Vorlagen jedenfalls nicht (sondern eine Kategorie darunter), auch seine Mentalität ist nicht immer überragend. Beispielsweise Kylian Mbappé, Harry Kane und Erling Haaland gewannen zwar die CL nicht, sind aber deutlich bessere Angreifer als Vini.

Real Madrid startete eine regelrechte Kampagne, damit die BDO-Jury ihre Top-Stimmen auf Vinicius konzentriert und nicht an Jude Bellingham "verschwendet". Trainer Carlo Ancelotti und Bellingham selbst plädierten für einen Sieg des Brasilianers. Doch das darf ihm keinen Vorteil verschaffen.

Rodri, Manchester City
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Rodri: Dank ihm ist ManCity Weltklasse - und weniger ohne ihn

"Die besten defensiven Mittelfeldspieler erscheinen nicht auf den Titelseiten", sagte Rodris Trainer Pep Guardiola einst. "Aber wenn das Team gut ist, ist es, weil die Sechser herausragend spielen."

Rodri beendete die Premier-League-Saison, ohne ein einziges Spiel zu verlieren. City kassierte alle drei Niederlagen, als er gesperrt war. Das letzte Mal, dass er ein Ligaspiel verlor, war im Februar 2023.

Auch in der Champions League verlor Rodri in der vergangenen Saison kein einziges Spiel. Nach zwei Unentschieden schied City im Viertelfinale gegen Real Madrid im Elfmeterschießen aus. Das einzige Spiel, in dem er eine Niederlage hinnehmen musste, war das FA-Cup-Finale gegen Manchester United, das eine rekordverdächtige Serie von 74 Spielen in allen Wettbewerben und 475 Tagen ohne Niederlage mit City beendete.

"Er ist ein Rolls Royce, er diktiert alles, alles lief über ihn. Wenn du dachtest, du hast ihn gut gepresst und bekommst den Ball, war das eigentlich nur ein Anlocken, damit sein Mitspieler danach mehr Zeit hat", fasste der Waliser Thomas Lockyer von Luton Town nach einem Duell zusammen.

Auf seiner Position ist der Spanier in allen Belangen Weltklasse - Flügelstürmer Vinicius mit einem "nur" guten Abschluss und Bellingham als Zehner ohne Pässe à la Mesut Özil allerdings nicht.

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Warum nicht Rodri?

Einen großen, fundierten Grund gegen Rodri als Ballon-d'Or-Gewinner gibt es nicht. Der defensive Mittelfeldspieler strahlt auf seiner Position pure Weltklasse aus. Einen besseren Sechser gab es vielleicht im gesamten 21. Jahrhundert nicht.

Nur winzige Kleinigkeiten würden sogenannte "Hater" gegen ihn finden: Im EM-Finale in Berlin konnte er sich nur eine Halbzeit lang beweisen, dann musste er verletzungsbedingt ausgewechselt werden.

Zudem hat er nicht wie in der Saison 2022/23 die Champions League gewonnen und im Finale das entscheidende Tor erzielt - das ist sicherlich sein größter Nachteil. Im Elfmeterschießen gegen den späteren Sieger auszuscheiden ist allerdings auch keine Schande.

Nicht als Grund gelten darf hingegen, dass zuletzt 2006 in Fabio Cannavaro ein Defensivspieler den Ballon d'Or gewann - und, dass Rodri ohne Social Media in der Öffentlichkeit weniger präsent ist.

Zusammenfassung

JUDE BELLINGHAM

Pro:

  • Beste Hinrunde aller Spieler
  • Champions-League-Titel

Contra:

  • nur in Hinrunde sehr stark
  • kein EM-Titel

VINICIUS JR.

Pro:

  • Champions-League-Titel als Schlüsselspieler
  • Weltklasse-Dribbler

Contra:

  • kein Copa-América-Titel
  • keine Weltklasse-Torquote als Angreifer

RODRI

Pro:

  • Weltklasse in allen Belangen
  • EM-Titel
  • ewig ungeschlagen als Motor von ManCity

Contra:

  • kein CL-Titel
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