Die Fremdschäm-Nummer scheint John Wark zu verfolgen. Jedenfalls spricht er nicht gern über die ganze Sache. In schöner Regelmäßigkeit wird der ehemalige Klassestürmer aus Schottland auf eine kuriose Begebenheit aus seiner Karriere angesprochen, auf die der heute 56-Jährige nicht besonders stolz zu sein scheint.
Es ist sein Auftritt an der Seite der Hollywood-Superstars Sir Michael Caine und Sylvester Stallone im Fußball- und Kriegsdrama "Flucht oder Sieg" (Originaltitel: "Victory") von 1981.
Vor allem in der Weihnachtszeit, wenn der Film in Großbritannien beinahe jährlich im Fernsehen gezeigt wird, sieht sich Wark mit vielen Anspielungen auf den, so der "Guardian"im Jahr 2010, "von den Kritikern weitgehend zerrissenen" Kriegsfilm-Schinken konfrontiert.
Anruf aus Hollywood
Ipswich Town - oder: Der Fluch der guten Tat. Im Sommer 1981 dribbeln Wark und seine Teamkollegen nach einer der erfolgreichsten Spielzeiten der Vereinsgeschichte nach Hollywood.
Die Spieler des englischen Vizemeisters mit Wark, den beiden Torhütern Paul Cooper und Laurie Sivell sowie den Verteidigern Kevin Beattie und Russell Osman schlüpfen im Film in die Trikots einer alliierten Kriegsgefangenen-Elf.
Gemeinsam mit den Superstars Caine und Stallone sowie den drei Weltmeistern Osvaldo Ardiles, Bobby Moore und Pele ringen sie bei einem Propaganda-Spiel im besetzten Paris den Deutschen ein Remis ab. Ziemlich viel Drama.
"Ich hab wirklich keine große Lust, darüber zu reden", sagt John Wark zu SPOX, "denn um ehrlich zu sein, scheinen mich die Leute wegen dieses Films in Erinnerung behalten zu haben, und nicht, weil ich 1981 Fußballer des Jahres geworden bin."
Wark, dem auf dem Weg zum UEFA-Cup-Triumph 1981 14 Treffer gelangen, sagt genervt: "Alles, was ich zu hören kriege, ist 'Flucht oder Sieg.'"
Stallone: "Ipswich war das Schlimmste"
Auch Stallone hat keine guten Erinnerungen an das schwerfällige Fußball-Filmprojekt, das von Star-Regisseur John Huston in Budapest inszeniert wurde.
"Mit diesen Fußballern von Ipswich Town zusammenzuspielen, war die schlimmste Erfahrung, die ich je gemacht habe. Ich bin fast gestorben!", sagt Stallone am Rande eines Pressetermins in Hamburg zu SPOX. "Pele hat mir den Finger gebrochen, wir haben Schuhe und Bälle aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs benutzt."
Oscar-Preisträger Stallone, der sich im Frühjahr 2014 bei einem Premier-League-Tipp bei "BBC" erneut als Fußball-Laie outete, als er einen 17:0-Sieg des FC Everton über Norwich prophezeite, brauchte schon 1981 am Set Nachhilfe.
Wark verrät: "Stallone wollte das Drehbuch so ändern lassen, dass er am Ende das Siegtor erzielt. Man musste ihm erklären, dass Torhüter normalerweise keine Treffer erzielen. Als er zum Schluss des Films den Elfmeter hielt, wäre er beinahe mit dem Ball hinter die Linie gehüpft."
Fünf Freiwillige für Hollywood
Möglich wurde der Auftritt durch einen Kontakt von Ipswichs Erfolgscoach Sir Bobby Robson zu den US-Filmemachern.
"Irgendein Typ aus der Filmindustrie kannte Bobby Robson, er kam dann zum Trainingsplatz und fragte, ob irgendwer Lust hätte, in dem Film mitzuspielen", erzählt Wark. "Fünf von uns hoben die Hand - und das ging nur, weil wir in diesem Sommer sonst nichts zu tun hatten."
Eine nette Umschreibung für die erfolgreichste Sommerpause der Vereinsgeschichte.
Nie besungene Teams
Denn in der Saison 1980/81 wird Ipswich Town hinter dem FC Liverpool englischer Vizemeister und gewinnt in einem Duell zweier Außenseiter gegen den niederländischen Vertreter AZ Alkmaar (3:0, 2:4) den UEFA-Pokal.
"Die Finalisten Ipswich Town und AZ Alkmaar waren beide unbesungene Teams auf dem Blatt der europäischen Fußball-Hymnen", heißt es bei "UEFA.com" im April 2010 in einer Nachbetrachtung zu diesem Finale, "beide waren keine traditionellen Großmächte in ihren Ligen, aber beide hatten ein Erfolgsrezept, dass auf gutem Coaching und cleverem Investment basierte."
Seite 1: Der Ruf aus Hollywood
Seite 2: Goldene Ära und der Sturz ins Bodenlose
Seite 3: Der endgültige Tiefpunkt und neue Hoffnung dank McCarthy