Frage: Haben Sie ein Beispiel?
Klopp: Mesut Özil in England bedeutet für die deutsche Presse entweder 'Weltklasse' oder 'Mesut enttäuscht total'. Ich glaube, dazwischen gab es gar nichts. Wenn Mesut Özil ein großartiges Spiel gemacht hat, kriegt man das in Deutschland entweder nicht mit oder man glaubt, es interessiert niemanden, deshalb wird nicht darüber berichtet.
Frage: Das Gefühl haben Sie bei sich selbst auch?
Klopp: Wenn ich etwas sage, was offensichtlich ein Fakt ist, wie zum Beispiel 'Der Wind ist überraschend', dann wird das oberflächlich betrachtet. Der Eine sagt: 'Das ist eine Ausrede.' Ein Zweiter sagt: 'Was macht schon Wind aus?' Und den Dritten interessiert das null. Wenn ich im Englischen mal einen Fehler mache, dann wird nicht versucht, das richtigzustellen, sondern es wird einfach übernommen. Das ist unangenehm. Spielt in Stoke mal Fußball, an einem windigen Tag, und sagt dann, dass ein normales Spiel möglich ist - dann habt Ihr keine Ahnung von Fußball.
Frage: Wenn Sie die erste Zeit in Dortmund mit der ersten Zeit in Liverpool vergleichen, gibt es da Parallelen, Unterschiede, oder beides?
Klopp: Klar, beides. Es sind natürlich völlig andere Voraussetzungen. Es ist ein Unterschied, ob du sechs Tage Vorbereitung auf das nächste Spiel hast oder nur drei. Wir haben hier eine hohe Qualität, aber auch viele Langzeitverletzte. Wir strotzen nicht vor Selbstvertrauen. Riesensprünge in der Entwicklung zu machen, wäre großes Glück.
Frage: Was sind die größten Unterschiede für einen Trainer im Bezug auf die Arbeit in der Bundesliga?
Klopp: Es ist intensiver hier und es wird auch mehr bezahlt. Aber wenn ich meinen Stundenlohn umrechne, verdiene ich wahrscheinlich das Gleiche wie in Dortmund - ungefähr. Ich arbeite 24 Stunden, es ist intensiv. Ich will hier aber keine Traditionen ändern.
Frage: Wie ist der Unterschied bei den Transfers, sind Sie selbst mehr involviert?
Klopp: Ich werde keine Spielerberater anrufen, so weit bin ich da nicht drin. Einen Sportdirektor wie Michael Zorc in Dortmund gibt es hier nicht, dafür haben wir einen Head of Scouting, was ein ähnlicher Job ist.
Frage: Erleichtert es die Kaderplanung, dass das Portemonnaie größer ist?
Klopp: Was heißt erleichtern? Alle Vereine haben hier mehr Geld, deshalb ist die Situation ungefähr die gleiche. Aber das Geld hat natürlich einen höheren Stellenwert.
Frage: Ist es für Sie etwas Besonderes, in der Europa League auf eine deutsche Mannschaft zu treffen?
Klopp: Ich mag Augsburg, ich mag den Klub, ich habe großen Respekt vor Markus Weinzierl. Aber es war nicht so, dass ich bei der Auslosung gehofft habe, dass es ein deutsches Team wird. Ich glaube auch, dass Liverpool für Augsburg ein spannendes Los gewesen wäre, ohne, dass da ein deutscher Trainer auf der Bank sitzt. Die Umgebung mag vertraut sein, aber sonst ist es normale Arbeit. Ich werde vielleicht einige Leute besser verstehen als sonst. (lacht) Aber es ist nicht so, dass ich darauf gewartet hätte.
Frage: Wie viele Erinnerungen haben Sie an das letzte Spiel in Augsburg?
Klopp: Gar keine. Wir haben wahrscheinlich mal Unentschieden gespielt oder mal verloren oder, ich weiß nicht, mal gewonnen? Ich kann mich an ein Spiel erinnern, das war das erste Spiel von Pierre-Emerick Aubameyang, da hat er dreimal getroffen. Der FCA hat eine unerwartete Entwicklung genommen. Sie sind spektakulär durch die Gruppenphase gekommen und stehen verdientermaßen in der K.o.-Runde.
Jürgen Klopp im Steckbrief