SPOX: Auf welchen Gegner würden Sie sich besonders freuen?
Hünemeier: Es wäre Wahnsinn, gegen Jürgen Klopp und den FC Liverpool zu spielen. Mir hätte man meinen Weg sicherlich nicht unbedingt so zugetraut und deshalb wäre es eine tolle Geschichte, sich auf dem höchsten Niveau wieder zu treffen.
SPOX: Sie haben in Dortmund einst den Trainer Klopp als Spieler erlebt. Was zeichnet ihn aus?
Hünemeier: Man hat bereits in diesem halben Jahr gesehen, dass seine Emotionalität in England extrem viel bewegt. Selten sind englische Trainer so emotional wie Klopp und transportieren ihre spezielle Verbundenheit zu den Spielern so offensiv in die Öffentlichkeit.
SPOX: Können Sie das genauer erklären?
Hünemeier: Unser Coach ist beispielsweise auch ein super Trainer, aber er ist viel nüchterner als Jürgen Klopp. Klopps Emotionalität wird in England überragend aufgenommen und prägt den Fußball hier nachhaltig. Gerade in Liverpool hat er einen Hype entfacht und der Triumph im Viertelfinale gegen Dortmund hat das auf eine neue Stufe gehievt. Die Engländer haben einen großen Respekt davor, wenn er zur neuen Saison Neuzugänge nach seinen Wünschen verpflichten kann.
SPOX: Hat Klopp mit dem traditionsreichen Klub Liverpool genau den richtigen Verein ausgewählt?
Hünemeier: Liverpool ist wie Dortmund eine Arbeiterstadt und deshalb mit Sicherheit der passende Verein für ihn. Er könnte aber auch mit anderen Vereinen Erfolge feiern, weil er mit seiner Emotionalität auch die Fans von Arsenal oder Manchester United mitreißen würde.
SPOX: Abgesehen von der Tradition: Was ist in England anders als in Deutschland?
Hünemeier: Der Hauptunterschied liegt in der Physis: In England darf man viel intensiver und härter spielen. Im Vergleich zur 2. Liga in Deutschland ist das Tempo in der Football Championship schneller. Außerdem hegen die Vereine in England enorm hohe Ansprüche und fast jeder Klub hatte bereits einen Trainerwechsel. Das würde es in Deutschland in diesem Ausmaß nicht geben. Aber auch die Stimmung ist anders: In England gibt es keine Fantribüne mit den Ultras. Wenn gesungen wird, macht jeder mit. Die Fans machen manchmal aus weniger mehr und feiern Ecken und leidenschaftliche Grätschen - das sind Emotionen pur. Dafür werden nicht wie in Deutschland über 90 Minuten verschiedenste Gesänge angestimmt.
SPOX: Auch wirtschaftlich gibt es große Unterschiede. Wie entscheidend war der finanzielle Aspekt bei Ihrem Wechsel?
Hünemeier: Dass ich auch wirtschaftlich gesehen einen guten Vertrag unterschrieben habe, steht außer Frage. Mir ist die Entscheidung aus privaten Gründen aber nicht leicht gefallen, denn es war von Anfang an klar, dass meine Familie in Paderborn bleibt. Ich habe einen Sohn, der in den Kindergarten geht und meine Tochter wird im Sommer eingeschult - ich wollte meine Kinder nicht aus ihrem Umfeld herausreißen. Nach vielen schlaflosen Nächten habe ich mich aber dazu entschieden, dass ich mir die Chance, in England Fußball zu spielen, nicht entgehen lassen will. Es war die richtige Entscheidung - auch, weil ich hier als Fußballer mehr Freiheiten genieße.
SPOX: Inwiefern?
Hünemeier: Hier gehen Spieler an den freien Tagen auch mal in Pubs und trinken ein Bier mit den Fans. Das ist für die Fans absolut normal und keiner schaut dich schräg an oder zückt sein Handy, um die Fotos in den sozialen Medien zu verbreiten. Wenn du dich auf dem Platz zerreißt honorieren die Fans das und wissen, dass ein Fußballer ein Leben neben dem Platz hat. Insgesamt herrscht hier nicht so eine Neidgesellschaft um die Einkommen der Spieler. Deshalb ist die Presse nicht so sehr auf Paparazzi-Fotos aus und horcht die Spieler nicht im Privatleben aus. Während man in Deutschland das Gefühl hat, dass nur auf Fehltritte gewartet wird, genießen die Spieler hier absolute Freiheiten. Das ist eine andere Lebensqualität.
Uwe Hünemeier im Steckbrief