"Wenn wir irgendwo auf dieser Welt noch mal einen 17- oder 18-Jährigen mit unglaublichen Perspektiven angeboten bekämen, würden wir darüber perspektivisch nachdenken", hatte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke Ende Juli in der Sport Bild gesagt. Mit dem 17-jährigen Jadon Sancho hat Dortmund kurz vor dem Schließen des Transferfensters genau so einen Spieler mit "unglaublichen Perspektiven" verpflichtet.
Sancho kommt von Manchester City, wo er erst vor zwei Jahren aus dem Nachwuchsbereich des FC Watford hingewechselt war. Für 560.000 Euro. "Als City anfragte, dachte ich mir, dass es eine gute Gelegenheit ist, aus meinem Viertel rauszukommen. Es gab dort viele schlechte Einflüsse", erinnert sich Sancho gegenüber den Manchester Evening News.
Nachdem Sancho im vergangenen Sommer in die U18-Mannschaft der Skyblues aufgerückt war, avancierte er zu einem der besten Spieler der zweigeteilten U18-Premier-League. In 14 Einsätzen steuerte der Youngster zwölf Tore und vier Vorlagen zum ersten Tabellenplatz bei. Angesichts der starken Leistungen in der U18 kam der Offensivmann ab dem vergangenen Januar auch regelmäßig zu Einsätzen in der zweiten Mannschaft. Mit fünf Scorerpunkten in sieben Einsätzen gelang Sancho dabei fast mühelos die Umstellung auf die höhere Altersstufe.
Auf nationaler Ebene stellte Sancho in dieser Spielzeit für beide Nachwuchsteams so etwas wie einen personifizierten Glücksbringer dar, blieb doch sowohl die U18 als auch die U23 mit Sancho auf dem Feld bis Ende April ungeschlagen. Nach einem 1:1-Remis im Final-Hinspiel des FA Youth Cups gegen den FC Chelsea konnte aber auch der Flügelflitzer die 1:5-Niederlage im Rückspiel nicht verhindern. Lange Zeit, um sich über die Niederlage zu ärgern, blieb Sancho jedoch nicht. Mit der U17-Europameisterschaft stand nämlich gleich das nächste Highlight auf dem Programm.
Sancho: Bester Spieler der U17-EM
Nachdem der Torjäger bereits in der Gruppenphase mit drei Treffern und drei Vorlagen aufgetrumpft hatte, avancierte er auch im Viertel- und Halbfinale mit jeweils einem Treffer zum entscheidenden Mann. "Ich habe in diesem Alter noch nie bessere Spieler gesehen als diese beiden", adelte Christian Wück, Deutschlands Trainer bei U17-EM, Sancho und dessen Teamkollegen Phil Foden im Laufe des Turniers.
Im Finale verhinderte schließlich Spanien den Triumph der englischen Auswahl. Die Entscheidung vom Strafstoßpunkt musste Sancho ausgewechselt von der Bank verfolgen, zuvor hatte er einen Assist zum 2:2-Remis nach regulärer Spielzeit beigesteuert.
Angesichts der starken Turnierleistungen war es keine große Überraschung, dass Sancho zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde. Die Liste der Akteure, die diese Auszeichnung bei den vorherigen U17-Endrunden erhielten, ist mit Wayne Rooney, Cesc Fabregas, Toni Kroos oder Mario Götze äußerst prominent bestückt.
Sancho provozierte seinen Abgang
In der Folge war eigentlich fest damit zu rechnen, dass Sancho die Saison-Vorbereitung mit Citys Profimannschaft absolvieren würde. Im Gegensatz zum gleichaltrigen Foden, der die US-Tour mitantrat, verzichtete Pep Guardiola dann aber überraschend auf die Nominierung des Offensivspielers. Sancho zögerte seinen Vertrag zu verlängern. Der Flügelspieler bangte angesichts des Überangebots an offensiven Topstars in der Profimannschaft der Skyblues um seine Perspektiven.
Tatsächlich erschienen gesicherte Einsatzzeiten unter Guardiola angesichts der Konkurrenz um Raheem Sterling, Bernardo Silva, Gabriel Jesus und Leroy Sane äußerst ungewiss. Ausgerechnet der Ex-Schalker, an den Sancho mit seiner Statur und seinen rasanten Tempodribblings auf dem linken Flügel erinnert, wurde erst in der vergangenen Saison als langfristige Lösung für Sanchos Lieblingsposition verpflichtet.
Auch die Tatsache, dass sich seit der Übernahme von Scheich Mansour bin Zayed im Jahr 2008 kaum ein Talent aus dem eigenen Nachwuchsbereich auf Dauer im Profikader etablieren konnte, mag bei Sancho den Gedanken an einen Vereinswechsel reifen gelassen haben. In den vergangenen Wochen soll er wiederholt Trainingseinheiten der Citizens ferngeblieben sein, um seinen Abgang zu provozieren.
Dies klappte letztlich. Wenige Stunden bevor das Transferfenster schloss, vermeldete der BVB die Verpflichtung von Sancho.