Situationen der Trainer der PL-Top-6-Klubs, Teil 1: Wandelt Conte auf Ancelottis Spuren?

Nino Duit
25. Januar 201813:16
Antonio Conte und Jose Mourinho duellieren sich mit ihren Mannschaften aktuell um Platz zwei.getty
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Die sportliche Lage? Die aktuellen Themen? Die Zukunftspläne? Anlässlich der Spielpause in der Premier League beleuchtet SPOX die Situationen der Trainer der Top-6-Klubs. Teil 1 mit Jose Mourinho, Antonio Conte und Arsene Wenger. (Teil 2 mit Pep Guardiola, Mauricio Pochettino und Jürgen Klopp)

Jose Mourinho von Manchester United

"Das zeigt, dass du ein kleiner Mann bist", sagte Chelsea-Trainer Antonio Conte neulich über Jose Mourinho. Es war die abschließende Episode einer Privat-Fehde zwischen den beiden Coaches, in der es unter anderem um clownhaftes Verhalten, Demenz und Spielmanipulationen ging. Immer hin und her. Diese öffentliche Diskussion mit Conte war aber nicht die einzige, an der Mourinho zuletzt beteiligt war.

Nachdem Uniteds Ex-Spieler Paul Scholes den aktuellen Paul Pogba kritisierte, sah sich Mourinho genötigt, öffentlich zurückzuschlagen. "Alles was Scholes tut, ist kritisieren", sagte Mourinho. "Es ist nicht der Fehler von Paul Pogba, dass er mehr verdient als Paul Scholes."

Um Geld und Pogba ging es auch bei Mourinhos Äußerungen über Jürgen Klopp nach Liverpools kostspieliger Verpflichtung von Virgil van Dijk. Einst hatte Klopp nämlich Uniteds ähnlich hohe Ablösesumme für Pogba kritisiert, Mourinho empfahl deshalb Journalisten, "Klopp mit dieser Aussage zu konfrontieren". War lange Zeit Pep Guardiola Mourinhos Lieblingsfeind, lieferte er sich mittlerweile verbale Duelle mit allem und jedem.

Sportlich ist Guardiola mit seinem Klub Manchester City (auch dank höherer Transferausgaben) Mourinhos United enteilt, der Rückstand in der Tabelle beträgt bereits zwölf Punkte. Das direkte Aufeinandertreffen zwischen den beiden Klubs endete Mitte Dezember 2:1 für City. Zu Hause, im Old Trafford. United beschränkte sich damals aufs Verteidigen, City dominierte und seine Fans sangen: "Park the bus, ManUnited!" Mourinho beschwerte sich danach über den Schiedsrichter.

Mourinho steht bei United zwar noch bis 2019 unter Vertrag, im Laufe der Hinrunde wurde jedoch vermehrt seine Identifikation mit dem Verein in Frage gestellt. Im Oktober nannte Mourinho etwa Paris Saint-Germain "ein besonderes Projekt". Eine Station in Frankreich würde ihm bei seinem Streifzug durch Europa jedenfalls noch fehlen. "Das ist Müll", sagte er aber neulich über angebliche Abschiedsgedanken. Dass Mourinho seit seinem Amtsantritt 2016 lediglich in einem Hotel wohnt, habe nichts mit fehlender Identifikation zu tun, erklärte er, sondern einfach nur mit "Faulheit". Zuletzt hieß es, Mourinho stünde gar vor einer Vertragsverlängerung.

Neue Motivation gibt Mourinho womöglich die Verpflichtung von Alexis Sanchez, immerhin hatte sich United beim Wettbieten gegen Guardiola und City durchgesetzt. "Die Chance, unter Mourinho arbeiten zu dürfen, konnte ich nicht verstreichen lassen", sagte Sanchez und erklärte, "die Premier League, die Champions League, alles" gewinnen zu wollen.

Nach den Triumphen in der Europa League und dem League Cup in der vergangenen Saison muss das auch Mourinhos eigener Anspruch sein. Seit seinem Engagement beim FC Porto hat er noch keinen Verein verlassen, ohne entweder den nationalen Meistertitel oder die Champions League gewonnen zu haben. Oder beides.

Antonio Conte vom FC Chelsea

Vor genau einem Jahr war der FC Chelsea unangefochtener Tabellenführer der Premier League und am Ende der Saison mit sieben Punkten Vorsprung verdienter Meister. Antonio Conte hatte eine von Vor-Vorgänger Jose Mourinho völlig verunsichert zurückgelassene Mannschaft übernommen, sie aufgerichtet, ihr das 3-4-2-1-System beigebracht und zur besten des Landes gemacht.

Was folgte, war ein frustrierender Sommer, der in "Spannungen zwischen Conte und den Transfer-Verantwortlichen" resultierte, wie Nizaar Kinsella, Chelsea-Korrespondent von GoalUK im November gegenüber SPOX erklärte. Romelu Lukaku, Alex Oxlade-Chamberlain, Fernando Llorente, Ross Barkley, Alex Sandro und Virgil van Dijk - sie alle wollte Conte offenbar verpflichten, bekam sie jedoch nicht. Die Transfer-Verantwortlichen um Direktorin Marina Granovskaia hätten zu zögerlich gehandelt, Conte kritisierte sie dafür sogar öffentlich. Gleichzeitig sorgte die SMS-Affäre um Diego Costa für Unruhe.

Zum Saisonauftakt verlor Chelsea dann überraschend mit 2:3 gegen den FC Burnley, sofort wurde über eine mögliche Entlassung Contes spekuliert. "Ich habe viel Erfahrung mit solchen Situationen, aber es ist schon merkwürdig, wenn die Presse nach einer Niederlage im ersten Saisonspiel von einer Entlassung schreibt", offenbarte Conte im Rückblick.

In den folgenden Wochen hielt sich Chelsea immerhin konstant in den Champions-League-Plätzen, die Dominanz der Meistersaison fehlt der Mannschaft jedoch zumeist. Anders als damals, als Chelsea im internationalen Wettbewerb fehlte und sich somit voll auf die Premier League konzentrieren konnte, muss Conte in dieser Saison mehr rotieren.

Der Königstransfer Alvaro Morata überzeugt dabei trotz verheißungsvollem Saisonstart noch nicht vollends. Seit dem 2. Dezember war er wettbewerbsübergreifend nur an zwei Treffern beteiligt - und vergab dafür etliche Großchancen. Fast schon vergeblich sucht Chelsea daher eine weitere Offensivkraft, womöglich kommt Edin Dzeko von der AS Roma.

Zu Beginn der winterlichen Transferphase erklärte Conte fast schon resignativ: "Ich habe keine großen Wünsche, besonders da ich in meiner Historie selten die Spieler bekommen habe, die ich wollte." Das bezog sich sowohl auf seine Zeit bei Juventus Turin als auch bei Chelsea. Kurz darauf unterschrieb immerhin Mittelfeldspieler Barkley vom FC Everton, dessen Transfer im Sommer noch gescheitert war.

Dass die Zusammenarbeit zwischen Conte und Chelsea wegen zunehmender Entfremdung bereits im Sommer und somit ein Jahr vor Vertragsauslauf enden könnte, erscheint derzeit nicht abwegig. Bereits im November wurde über eine mögliche Rückkehr Contes nach Italien spekuliert, nachdem er erklärt hatte, Heimweh zu haben. "Ich hatte nicht im Kopf, so lange im Ausland zu bleiben", sagte er seinerzeit.

Sollte Conte den Klub tatsächlich im Sommer verlassen (müssen), würde er ein ähnliches Schicksal wie sein Landsmann Carlo Ancelotti durchleben: Ein Jahr nach dem Doublegewinn 2010 wurde er entlassen - weil Chelsea die Saison auf Platz zwei beendete.

Arsene Wenger vom FC Arsenal

Mauricio Pochettino ist seit 2014 im Amt, Jürgen Klopp seit 2015 und Pep Guardiola, Jose Mourinho sowie Antonio Conte sind es seit 2016. Arsene Wenger dagegen seit 1996, Arsenals Trainer ist mit Abstand der dienstälteste der Top-6-Vereine der Premier League und in absoluten Zahlen gemeinsam mit Mourinho auch der erfolgreichste: Mehr als deren drei Meistertitel schaffte sonst keiner.

Problematisch aus Sicht Arsenals ist jedoch, dass der letzte Triumph bereits 14 Jahre zurückliegt. Seitdem entwickelte sich Arsenal von einem Titelkandidaten zu einem Europa-League-Teilnehmer. Zurückzuführen ist das neben dem kostspieligen Stadionbau vor allem auf die Transferpolitik Wengers und seine Sturheit bei der Umsetzung dieser.

Um das zu ändern, verpflichtete der Verein Anfang Dezember BVB-Chefscout Sven Mislintat als neuen Head of Recruitment. Bedarf an dieser Personalie sieht Wenger jedoch offenbar keinen. "Wir kannten alle Spieler in Europa schon, bevor Sven zu uns kam", sagte er wenige Wochen nach Mislintats Einstellung. Während Arsenals Konkurrenten in der Premier League aber ihre Kader permanent aufrüsten, wurde Arsenals über die Jahre hinweg eher schwächer und unspektakulärer.

Nach monatelangem Transferpoker verließ mit Alexis Sanchez der gefährlichste Angreifer den Verein, weil er seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängern wollte. Fraglich ist, wie schnell sich Neuzugang Henrikh Mkhitaryan einleben wird. Auch die Zukunft von Spielmacher Mesut Özil ist unklar, Stand jetzt ist er im Sommer ablösefrei. "Ich kann es nicht nachvollziehen, dass irgendjemand Arsenal verlassen will", sagt Wenger lapidar.

Im Laufe der vergangenen Spielzeiten wurden die "In Arsene We Trust"-Schilder im Emirates Stadium seltener. Ersetzt wurden sie durch solche, die Wengers Abschied fordern. Trotz heftiger Proteste im Umfeld verlängerte der Klub im vergangenen Frühling Wengers auslaufenden Vertrag aber erneut. Bis 2019.

Seitdem sammelt Wenger immerhin Bestmarken: Ende Dezember machte er sein 811. Spiel als Premier-League-Trainer und überholte somit den bisherigen Rekordhalter Sir Alex Ferguson. Mit einem Dreier gegen Brighton & Hove Albion besiegte Wenger den 45. unterschiedlichen Verein in der Premier League, auch das ist eine Bestmarke.

Die Umsetzung, der bei Wengers Vertragsverlängerung von Mehrheitseigentümer Stan Kroenke geäußerten Vorgabe, "die Premier League und andere große Trophäen in Europa zu gewinnen", erscheint derzeit aber unwahrscheinlich. In der Premier League beträgt der Rückstand auf Tabellenführer Manchester City 23 Punkte und auch der Champions-League-Platz vier ist bereits fünf Punkte entfernt.

In den vergangenen Spielzeiten hielt gerne der FA-Cup als Trostpreis her - doch dort scheiterte Arsenal in dieser Saison bereits. Am Zweitligisten Nottingham Forest.