Manchester United - Fragen und Antworten nach dem Liverpool-Debakel: Solskjaer im Theater der Albträume

Von Jonas Rütten
Es läuft überhaupt nicht rund bei Manchester United, Cristiano Ronaldo und Ole Gunnar Solskjaer.
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ManUnited mit schwachen Auftritten: Was sind die Probleme?

Vier Gegentore gegen Leicester, zwei gegen Atalanta in der Champions League, jetzt fünf Stück gegen Liverpool: Seitdem Raphael Varane verletzungsbedingt ausfällt, ist die United-Defensive das berühmt berüchtigte Scheunentor. Doch auch mit Varane war United schon anfällig.

Ein einziges Mal blieben die Red Devils in dieser Spielzeit ohne Gegentor - am 3. Spieltag gegen die Wolverhampton Wanderers. Damit rangiert Manchester in der Premier League auf Platz 18. Selbst das abgeschlagene Schlusslicht Norwich hat bereits zwei Zu-Null-Spiele auf dem Konto.

Noch finsterer sieht es bei Tacklings pro Spiel und individuellen Fehlern aus, die zu gegnerischen Torschüssen führen. In beiden Kategorien ist United in der Premier League das Schlusslicht. Als Sinnbild dafür dient die Entstehung des 0:2 gegen Liverpool durch Diogo Jota, in dessen Vorfeld sich Harry Maguire und Luke Shaw gegenseitig über den Haufen rannten und Trent Alexander-Arnold den Ball zur Torvorlage schenkten.

Bereits vor wenigen Wochen hatte beispielsweise Pogba die "dummen Gegentore" angesprochen, die United kassiert. Gegen Leicester war es ebenfalls Maguire, der vor Youri Tielemans' 1:0 böse patzte, zudem sah er bei beiden Gegentoren in der Königsklasse gegen Atalanta im Stellungsspiel nicht gut aus. Der Kapitän, der bei der EM noch so überzeugt hatte, ist aktuell nach seiner Wadenverletzung ein zunehmendes Sicherheitsrisiko, gleichzeitig aber auch in Abwesenheit des verletzten Varane alternativlos.

Manchester United und die Suche nach dem idealen Zentrum

Doch die Probleme von United nur auf die Viererkette abzuladen, würde zu kurz greifen. Nach wie vor sucht Solskjaer nach seiner idealen Besetzung für das Mittelfeldzentrum. Erstmals überhaupt setzte er auf der Doppelsechs zweimal hintereinander auf das gleiche Duo bestehend aus Scott McTominay und Fred, weil sich beide offenbar nach Meinung des Norwegers beim 3:2-Comebacksieg über Atalanta bewährt hatten.

Bereits sieben unterschiedliche Kombinationen hatte Solskjaer bis dahin ausprobiert und nach der 0:5-Klatsche könnte nun die achte folgen. An eine grundsätzliche Eingespieltheit ist da kaum zu denken. Welch weitreichende Auswirkungen dies haben kann, zeigte die 2:4-Pleite gegen Leicester, nach der selbst der gegnerische Trainer Brendan Rodgers offen angesprochen hatte, warum es so leicht war, gegen Manchester Tore zu machen. "Ihre zentralen Spieler haben nicht gepresst. Deshalb konnten wir uns den Ball geduldig zuspielen", sagte Rodgers.

In der Arbeit gegen den Ball ist auch Cristiano Ronaldo statistisch gesehen ein Problem, weil er in der Sturmspitze kaum Pressingsituationen erzeugt. Ronaldos Wert von 4,26 pro Spiel sind mannschaftsintern laut des Statistik-Portals FBRef.com der zweitschlechteste nach Innenverteidiger Victor Lindelöff.

Restlos bedient: Cristiano Ronaldo ging mit Manchester United gegen Liverpool im hemischen Old Trafford mit 0:5 unter.
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Restlos bedient: Cristiano Ronaldo ging mit Manchester United gegen Liverpool im hemischen Old Trafford mit 0:5 unter.

Manchester United hat ein Offensivproblem: Vorne hilft nur Qualität

Zu all den Unzulänglichkeiten in der Defensive, wo ausgerechnet der Anführer immer mehr zum Risiko wird, dem uneingespielten Mittelfeldzentrum und der fehlenden (gesunden) Aggressivität in den Zweikämpfen und beim Anlaufen gesellt sich außerdem noch eine große Planlosigkeit im Spiel nach vorne.

Solskjaer schafft es nicht, seiner mit Stars und Qualität nur so gespickten Offensive ein klares und durchdachtes Konzept zu geben. Bei eigenem Ballbesitz lautet die Devise: Irgendeiner der zahlreichen brillanten Spieler wird es schon irgendwie richten. Im Zweifel hat CR7 den richtigen Riecher und nickt eine Shaw-Flanke zum Last-Minute-Sieg ein.

Dass das für eine Offensive mit Spielern wie Ronaldo, Mason Greenwood, Marcus Rashford, Edinson Cavani, Anthony Martial, Jadon Sancho, Jesse Lingard und Bruno Fernandes aber viel zu wenig ist, dürfte jedem klar sein, weshalb die Kritik an Solskjaer in den vergangenen Wochen immer lauter wurde - selbst nach Siegen.

"Ich habe mir das Spiel angeschaut und habe an Liverpool am Sonntag gedacht", sagte United-Legende Paul Scholes bei BT Sport nach dem 3:2-Sieg gegen Atalanta am Mittwoch in der Champions League, bei dem Manchester einen 0:2-Pausenrückstand noch drehen konnte. "Die beiden zentralen Mittelfeldspieler spielen nur für sich. Wenn du das gegen Liverpool machst, liegst du zur Halbzeit 0:3 oder 0:4 zurück und erholst dich davon nicht mehr", warnte Scholes in seiner Fehleranalyse - und sollte Recht behalten.