Manchester City hat sich an einem dramatischen letzten Spieltag der Premier League den achten Meistertitel gesichert, der FC Liverpool muss sich mit Platz zwei begnügen. Drei Beobachtungen vom Titel-Showdown.
Hohn bei der City-Party: Steven Gerrard schafft es wieder nicht
Aston Villa konnte am letzten Spieltag der Premier League weder absteigen, noch konnte sich der Mittelklasse-Klub für einen der zahlreichen Europapokale qualifizieren. Eigentlich war es für Trainer Steven Gerrard also völlig egal, welches Ergebnis seine Mannschaft gegen Manchester City erzielt. Eigentlich.
Tatsächlich konnte Gerrard mit einem Sieg aber das schaffen, was ihm als aktiver Spieler verwehrt geblieben war: seinem Herzensklub FC Liverpool einen Meistertitel bescheren. Dafür hätte bei einem gleichzeitigen Liverpool-Sieg gegen die Wolverhampton Wanderers (den es letztlich auch gab) schon ein Unentschieden gereicht. Gerrards Mannschaft führte zwar lange 2:0, verlor aber wegen eines Dreierschlags innerhalb von nur fünf Minuten kurz vor Schluss mit 2:3.
Nach Abpfiff fluteten Citys Fans den Platz: Statt ihre eigene Mannschaft zu feiern, verhöhnten sie zunächst den gegnerischen Trainer. "Steve Gerrard, Gerrard. He slipped on his f***ing arse. He gave it to Demba Ba. Steve Gerrard, Gerrard", schallte es durchs Etihad Stadium. Gerrard hatte es wieder nicht geschafft, wie schon beim legendären Titelkampf von 2014: Damals patzte Liverpool entscheidend gegen Chelsea, Demba Bas Führungstor ermöglichte Gerrard mit einem Ausrutscher.
Ein Jahr später verließ Gerrard Liverpool, um noch ein bisschen in der MLS für Los Angeles Galaxy zu kicken. Anschließend sammelte er im Nachwuchsbereich seines Heimatklubs erste Erfahrungen als Trainer, dann coachte er den Rangers FC aus Glasgow zum Meistertitel. Im Laufe dieser Saison zog Gerrard zu Villa weiter, wo es nun am letzten Spieltag zur besonderen Konstellation kam.
"Wenn ich in einem Spiel Dortmund oder Mainz helfen könnte, dann wäre es für mich eine Extra-Motivation", kitzelte Liverpool-Trainer Jürgen Klopp Gerrard zuvor mit Blick auf seine eigenen Ex-Klubs, aber eigentlich wusste er: "Stevie wird es zu 100 Prozent ernst nehmen."
Auch die Fans setzten auf Gerrard, im Etihad-Stadion sah man ein Banner mit Liverpool- und Villa-Logo sowie der Aufschrift: "Komm' schon, Stevie! Um der alten Zeiten willen!" Doch es half alles nichts, es gab keinen City-Ausrutscher. Letztlich rannten die gegnerischen Fans auf den Platz und besangen Gerrards Fauxpas.
Premier League: Die Abschluss-Tabelle
Platz | Klub | Spiele | S | U | N | Tore | Differenz | Punkte |
1 | Manchester City (M) | 38 | 29 | 6 | 3 | 99:26 | 73 | 93 |
2 | FC Liverpool | 38 | 28 | 8 | 2 | 94:26 | 68 | 92 |
3 | FC Chelsea | 38 | 21 | 11 | 6 | 76:33 | 43 | 74 |
4 | Tottenham Hotspur | 38 | 22 | 5 | 11 | 69:40 | 29 | 71 |
5 | FC Arsenal | 38 | 22 | 3 | 13 | 61:48 | 13 | 69 |
6 | Manchester United | 38 | 16 | 10 | 12 | 57:57 | 0 | 58 |
7 | West Ham United | 38 | 16 | 8 | 14 | 60:51 | 9 | 56 |
8 | Leicester City (P) | 38 | 14 | 10 | 14 | 62:59 | 3 | 52 |
9 | Brighton & Hove Albion | 38 | 12 | 15 | 11 | 42:44 | -2 | 51 |
10 | Wolverhampton Wanderers | 38 | 15 | 6 | 17 | 38:43 | -5 | 51 |
11 | Newcastle United | 38 | 13 | 10 | 15 | 44:62 | -18 | 49 |
12 | Crystal Palace | 38 | 11 | 15 | 12 | 50:46 | 4 | 48 |
13 | FC Brentford (N) | 38 | 13 | 7 | 18 | 48:56 | -8 | 46 |
14 | Aston Villa | 38 | 13 | 6 | 19 | 52:54 | -2 | 45 |
15 | FC Southampton | 38 | 9 | 13 | 16 | 43:67 | -24 | 40 |
16 | FC Everton | 38 | 11 | 6 | 21 | 43:66 | -23 | 39 |
17 | Leeds United | 38 | 9 | 11 | 18 | 42:79 | -37 | 38 |
18 | FC Burnley | 38 | 7 | 14 | 17 | 34:53 | -19 | 35 |
19 | FC Watford (N) | 38 | 6 | 5 | 27 | 34:77 | -43 | 23 |
20 | Norwich City (N) | 38 | 5 | 7 | 26 | 23:84 | -61 | 22 |
Manchester City und FC Liverpool überzeugen durch die Bank
Sowohl City als auch Liverpool gerieten an diesem alles entscheidenden letzten Spieltag in Rückstand, beide brauchten ganz dringend Tore. Und was macht man dann als Trainer? Dann wechselt man beispielsweise Spieler ein, die sich Ilkay Gündogan, Raheem Sterling, Olexandr Zinchenko, Mohamed Salah oder Roberto Firmino nennen.
Bei diesem hochspannenden Titel-Showdown zeigte sich einmal mehr, warum Manchester City und Liverpool die aktuell besten Fußball-Mannschaften der Welt sind: Sie verfügen nicht nur in der Spitze über brutale Qualität, sondern auch in der Breite. Die Trainer Pep Guardiola und Jürgen Klopp haben jeweils um die 20 Weltklassespieler, sie können ohne Qualitätsverlust rotieren.
Klopp wechselte beim Stand von 1:1 gegen Wolverhampton Salah und Firmino ein: Der Ägypter traf zum 2:1, der Brasilianer legte das 3:1 auf. Nutzte aber alles nichts, weil Guardiolas Joker Gündogan mit einem Doppelpack das große City-Comeback anführte. Der ebenfalls eingewechselte Sterling legte ihm das erste Tor auf, zu Rodris zwischenzeitlichem 2:2 assistierte Zinchenko. Auch er: eingewechselt.
Grund für diese Wechsel-Möglichkeiten sind natürlich die finanziellen Möglichkeiten der beiden Klubs. Der eine von einer US-amerikanischen Investment-Firma alimentiert, der andere mehr oder weniger direkt vom Emirat Abu Dhabi. Sie wollen ihre gute Mannschaften nicht nur halten, sondern stetig verstärken.
So verpflichtete City im vergangenen Sommer beispielsweise Jack Grealish für 118 Millionen Euro - ohne einen Schlüsselspieler im offensiven Mittelfeld abzugeben. So holte Liverpool im Winter Luis Diaz für 45 Millionen Euro - und behielt gleichzeitig seine bereits unter Vertrag stehenden Weltklasse-Stürmer Salah, Firimino, Sadio Mane und Diogo Jota.
Auswanderer prägen das Premier-League-Spektakel
Manchester City und Liverpool lieferten sich in der Premier League einen Titel-Showdown, wie ihn Freunde der Bundesliga seit Jahren auch in Deutschland herbeisehnen. Etwas hinwegtrösten kann man sich hierzulande immerhin mit dem Umstand, dass das englische Spektakel auf vielen Ebenen starken Bundesliga-Bezug hatte.
Das fängt an mit den beiden Trainern Guardiola und Klopp, die sich einst schon mit dem FC Bayern München und Borussia Dortmund gegenüberstanden. Das geht weiter mit Citys Doppelpack-Helden und deutschem Nationalspieler Gündogan und dem Assistgeber zu dessen entscheidenden 3:2 Kevin De Bruyne, einst bei Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg unter Vertrag.
Liverpool Hoffnung gegeben hatte zuvor Philippe Coutinho. Der ehemalige Bayern-Spieler traf zum zwischenzeitlichen 2:0 für Villa. Bei Liverpool stand es zu diesem Zeitpunkt noch 1:1: Der Ex-Leipziger Ibrahima Konate hatte mit einem üblen Patzer Wolverhamptons 1:0 ermöglicht, ehe Coutinhos ehemaliger Bayern-Kollege Thiago mit einem traumhaften Fersentrick Manes Ausgleich auflegte.
Die beiden abschließenden Treffer bereiteten der Ex-Schalker Joel Matip und der Ex-Hoffenheimer Firmino vor. Zum Titel reichte es wegen Citys gleichzeitigem Comeback in Liverpool zwar nicht, nach dem Abpfiff aber immerhin noch für reichlich Applaus für einen, der den Klub im Sommer verlässt: Divock Origi, Ex-Wolfsburger mit dem Hang zu wichtigen Liverpool Toren - etwa auf dem Weg zum Champions-League-Sieg 2019.