Zu einer guten Seifenoper gehört auch immer eine gute Portion Familienbande. Das bringt Drama, pikante Verflechtungen und Emotionen. Zutaten, die den Zuschauer zum Einschalten bringen, die in Überdosis aber auch gerne mal abtörnend bis nervig wirken - und an jenem Punkt sind viele Fans und Klubverantwortliche mittlerweile angekommen, wenn es um Kylian Mbappé und PSG geht.
Dort ist eine Seifenoper - oder vielleicht doch eher ein Rosenkrieg? - voll im Gange. Das Tischtuch zwischen dem französischen Edelklub und seinem teuren Aushängeschild ist endgültig zerschnitten.
Mbappé will 2024 weg und die Verantwortung dafür trägt Fayza Lamari. Die Mutter des 24-Jährigen ist seine Beraterin und angesichts der Entwicklungen der letzten Tage, Wochen und Monate muss man die Frage stellen: Hätte es so weit kommen müssen?
Kylan Mbappé und PSG: Drama, baby!
Zur Erinnerung nochmal die Chronik der wichtigsten Ereignisse in diesem Wechseltheater:
- Mbappés Vertrag bei PSG läuft 2022 aus. Alles läuft auf einen ablösefreien Wechsel zu Real Madrid hinaus. Zwischen den Parteien besteht im Frühjahr eine Einigung. Lamari dementiert dies bei Twitter später.
- PSG unternimmt im April einen letzten Versuch, den Stürmer zu halten und unterbreitet ihm ein Angebot, das es finanziell in sich hat. Seine Mutter spricht davon, dass es gleichwertig mit jenem aus Madrid sei, einzig bei der Verwertung der Bildrechte sei jenes aus Paris noch verlockender.
- Es gelingt Präsident Nasser Al-Khelaifi tatsächlich, Mbappé "umzudrehen". Der Stürmer verlängert Mitte Mai unter großem Getöse an der Seine. Angeblich bis 2025.
- Im Laufe der Zeit sickert durch, dass Mbappé bei PSG tatsächlich nur bis 2024 unterschrieben hat. Ein weiteres Jahr im Parc des Princes gibt es nur, sollte er eine entsprechende Option wahrnehmen.
- Mbappé entscheidet sich, besagte Option nicht zu ziehen und informiert die Führungsspitze des Klubs darüber schriftlich am 12. Juni - allerdings erst, nachdem er diese Information an die Medien durchgestochen hat. Al-Khelaifi und der sportliche Berater Luis Campos sind vor den Kopf gestoßen.
- Bei France Football gibt der Rekordtorschütze ein brisantes Interview, in dem er die Verantwortlichen und die Zusammenstellung des Kaders offen kritisiert.
- Al-Khelaifi stellt klar, dass ein ablösefreier Wechsel 2024 "unmöglich" sei. Mbappé müsse verlängern oder in diesem Sommer verkauft werden. Man vermutet in Paris, dass der Weltmeister von 2018 längst mit Real Madrid für 2024 einig ist.
- Mbappé wird in die Trainingsgruppe zwei versetzt, darf nicht mehr mit der Profimannschaft trainieren. Dazu wird sein Konterfei am Prinzenpark abgedeckt und sein Trikot ist in den Fanshops nicht mehr erhältlich. Auch gibt es laut französischer Medien die Überlegung, ihn ein Jahr lang auf die Tribüne zu setzen - und das in einer Saison, an deren Ende eine Europameisterschaft und die Olympischen Spiele in Paris auf dem Programm stehen.
Kylians Mbappés Mutter? "Sie hat nicht die Fähigkeit dazu"
Das alles ist in dieser Konstellation starker Tobak. Wäre es auch so eskaliert, hätte Mbappé einen "echten" Berater?
Einer, der dazu eine ganz klare Meinung hat, ist Yvan Le Mée. Er ist der Agent von Mbappés Nationalmannschaftskamerad Ferland Mendy (Real Madrid). Bei RMC Sport ätzte er vor einigen Wochen gegen Lamari. Das Beratertum sei "nicht der Job der Mutter von Mbappé. Sie hat nicht die Fähigkeit dazu. Du musst das tun, was du kannst. Ich will auch gerne ein Restaurant eröffnen, kann aber nicht kochen. Daher kann ich das nicht machen."
Le Mée hat dabei einen Punkt, denn Lamari ist nicht im Besitz einer Beraterlizenz. Im Kollegenkreis wird das Treiben der ehemaligen Handball-Nationalspielerin Frankreichs kritisch beäugt: "Um Transfers durchzuführen, müsste sie eine Lizenz haben. Natürlich reden wir in der Beratergewerkschaft regelmäßig darüber. Derjenige, der eine Lizenz hat, verhandelt, tätigt die Transfers und agiert auf dem Markt. Und derjenige, der sie nicht hat, sollte nicht verhandeln dürfen."
Er ist davon überzeugt: "Wenn Mbappé zum Zeitpunkt der Verhandlungen mit Real Madrid vor zwei Jahren einen Berater gehabt hätte, wäre er schon dort." Mit anderen Worten: Lamari und ihrem Sohn mangelte es damals an Konsequenz, man habe sich von PSG den Kopf verdrehen lassen.
Fayza Lamari wollte Kylian Mbappés Freund Achraf Hakimi abwerben
Nun ja, Lamari hat trotz des Stunks unter dem Eiffelturm offensichtlich Gefallen an der Beratertätigkeit gefunden. Sie arbeitet aktuell mit Hochdruck am Ausbau ihrer eigenen Agentur. Sie heißt "KEWJF", ist im Pariser Handelsregister eingetragen und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von knapp 13 Millionen Euro. Der Name speist sich aus den Anfangsbuchstaben der Familienmitglieder Kylan, Ethan, Wilfried (ihrem Ex-Mann, zu dem sie aber ein gutes Verhältnis pflegt), Jires (Kylians und Ethans Adoptivbruder) und eben Fayza.
Mitte Juni berichtete L'Équipe, sie schaffe nun die Strukturen dafür noch größer ins Geschäft einzusteigen. Die Zusammenarbeit mit lizensierten Beratern solle die Grundlage dafür bilden, auch andere Stars vertreten zu können. Auch einen ersten namhaften Klienten soll es bereits geben: Olympique Lyons Supertalent Rayan Cherki, der pikanterweise im Januar vor einem Wechsel zu PSG stand.
Damit aber nicht genug. Lamari, die sonst aktuell nur noch ihren jüngeren Sohn Ethan (16, spielt in der U19 von PSG) vertritt, hätte gerne noch einen anderen Hochkaräter unter ihren Klienten gehabt. So versuchte sie, Kylians Freund Achraf Hakimi (PSG) anzuwerben. Das kam bei dessen aktuellem Berater Alejandro Camano gar nicht gut an.
Er schimpfte in der As: "Wir sind überrascht, dass allein der Fakt, dass sie die Mutter eines Spieler ist, es ihr erlaubt, sich auf dem Markt einzumischen." Es sei der "Unerfahrenheit" Lamaris zuzuschreiben, dass sie geleakt habe, Hakimi könne zu ihrer Agentur wechseln. Überhaupt mangele es der 48-Jährigen am "Respekt für unseren Job".
Kylian Mbappé durfte wegen Fayza Lamari nicht zu Chelsea
Ein Job, den sie aber praktisch ausübt, seit das überbordende Talent Kylians offensichtlich wurde. So gibt es die Anekdote aus dem Jahr 2012, als der heutige Kapitän der französischen Nationalelf bei Chelsea vorspielte. Die Blues wollten ihn sich nochmals ansehen, weil Mbappé damals im Spiel ohne Ball noch Mängel aufwies. Lamari entschied, dass ihr Filius, der damals 13 Jahre alt war, sich nicht noch einmal in London vorstellte.
Selbstbewusstsein und Glauben an die Stärke sind ihr also nicht fremd. Das Bild der (über-) motivierten Sportlermutter trifft trotzdem nicht gänzlich zu: Denn gleichzeitig legt Lamari großen Wert auf Bodenständigkeit. Sie studierte nach ihrer eigenen Handballkarriere Pädagogik. Mit Vater Wilfried, einem Scout und Trainer, sorgte sie dafür, dass Kylian regelmäßig Museen besuchte. Laut Liberation spielte er auch zwei Jahre lang Querflöte am Konservatorium seiner Heimatstadt Bondy vor den Toren Paris'.
Nachdem ihr Sohn als Teenager in Monaco seinen Durchbruch als Kicker geschafft hatte, hielt Lamari ihn dazu an, weiter selbst seine Schuhe zu putzen. Nach eigenen Angaben rührte Mbappé auf Rat seiner Mutter in den ersten drei Jahren sein hohes PSG-Gehalt nicht an und spendete seine Prämie für den Gewinn der WM 2018 komplett an eine Stiftung, die sich für behinderte Menschen einsetzt.
Bei Le Parisien erklärte Lamari einst: "Wir hatten das Syndrom des armen Mannes. Wir haben unglaubliches Glück, Geld zu haben, aber es ist kein Selbstzweck. Auch wenn es schön ist, nicht mehr zu zählen. Aber Kylian spielt Fußball nicht des Geldes wegen, sonst wäre ihm nicht alles gelungen, was er tut."
Nette Worte, die man natürlich aussprechen kann, wenn man bereits solche Unsummen verdient hat wie Mbappé. Allein Geld als Antriebsfeder sollte man indes ausschließen können, nachdem ein Wechsel nach Saudi-Arabien für den PSG-Rekordtorjäger immerhin nicht in Frage kam.
Bleibt die Frage, wie es für Lamari und Mbappé in diesem Sommer weitergeht. Das besondere Merkmal von Seifenopern ist ja, dass sie bis ins Unendliche fortgesponnen werden. Im Fall Mbappés und PSGs kann zumindest auch das nicht ausgeschlossen werden.