Hallo zusammen,
es ist ja wie immer, wenn sich ein Jahr dem Ende zuneigt. Man macht den Fernseher an, zappt durch die Kanäle - und ganz egal, wohin man auch schaut: Es läuft hundertprozentig ein Jahresrückblick. Und wenn ihr denkt, eine Hilbert-Kolumne auf SPOX wäre ein sicherer Rückzugsort vor solchen Gefahren: Tja, blöd gelaufen :-).
Aber vor allem der Blick aufs letzte halbe Jahr ist für mich aus sportlicher Sicht nicht gerade ein Quell der Freude. Um ehrlich zu sein: Das sind die schwersten Monate meiner bisherigen Karriere. Ich gebe im Training Gas, bin topfit - habe das Gefühl, der Mannschaft mit meinen Qualitäten helfen zu können. Aber ich darf nicht. Ein Großteil unserer Spiele habe ich von der Bank oder von der Tribüne aus verfolgt.
Ich will mich aber gar nicht darüber beschweren. Im Fußball kommt es immer mal wieder vor, dass Trainer und Spieler zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Und wenn der Coach auf andere Jungs setzt, muss man das akzeptieren. Ich versuche trotzdem, die Mannschaft so gut wie möglich zu unterstützen. Und ich lass mich nicht hängen. Wenn der Moment da ist, wieder auf dem Platz stehen zu dürfen, will ich parat sein.
Wo das sein wird, wird man sehen. Ich habe noch ein halbes Jahr Vertrag in Leverkusen und befinde mich nicht auf der Flucht. Aber ich bin auch mit Leib und Seele Fußballer. Und ich bin mir sicher, noch ein paar Jährchen auf hohem Niveau spielen zu können. Sollte es also in den kommenden Wochen eine interessante Anfrage geben, werden wir uns alle zusammen an einen Tisch setzen und eine gute Lösung finden. Und wenn nicht, werde ich weiter Vollgas geben und um meine Chance kämpfen. Ganz egal, wie klein sie auch sein mag.
Ich fühle mich hier ja auch nicht unwohl. Ganz im Gegenteil. Bayer Leverkusen ist ein klasse Verein. Und die aktuelle Mannschaft hat so unfassbar viel Talent, hier kann etwas richtig Gutes entstehen. Unsere Verantwortlichen haben ja nicht zufällig schon vor der Saison von den tollen Möglichkeiten unserer Truppe geschwärmt. Ich bin mir auch sicher, dass wir unsere Ziele in der Rückrunde noch erreichen werden.
Doch erst einmal schnaufen wir alle mal im Kreise der Familie durch. Für mich als vierfacher Familienvater ist Weihnachten natürlich ein ganz besonderes Fest. Da ist eine Menge los, das finde ich immer sehr schön. Aber es ist auch eine Zeit, in der man an die denken sollte, denen es nicht so gut geht. In den vergangenen Monaten haben mich besonders die Flüchtlingsfrage und die Anschläge bewegt. Zuletzt in Berlin, davor in der Türkei. Das waren teilweise schreckliche Bilder, die mich sehr traurig gemacht haben. Ich kenne ja all diese Orte in Istanbul, an denen es zu so schrecklichen Ereignissen kam. Ich habe seit meiner Zeit bei Besiktas viele Freunde in dieser einzigartigen Metropole. Istanbul ist eine so fantastische Stadt mit so unglaublich herzlichen Menschen. Ich bewundere sie, wie sie sich nicht unterkriegen lassen vom Terror. Wie sie ihre Lebensfreude behalten. Sie sind für mich wahre Helden.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen besinnliche Feiertage - und vor allem ein glückliches, friedliches und gesundes 2017.
Euer Roberto Hilbert
Roberto Hilbert im Steckbrief
Roberto Hilbert, geboren am 16. Oktober 1984 in Forchheim, spielte acht Mal für die deutsche Nationalmannschaft. Nach seiner erfolgreichen Zeit beim Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth wechselte Hilbert 2006 zum VfB Stuttgart und wurde in seiner ersten Saison auf Anhieb Stammspieler und deutscher Meister. Nach drei Jahren in der Türkei, wo er für den Spitzenklub Besiktas spielte, kehrte er in die Bundesliga zurück. Weitere Informationen zu Roberto Hilbert gibt es auf seiner Facebook-Seite.