Arturo Vidal ist nicht gerade als zaghafter Charakter verschrien. Weder auf dem Fußballplatz, noch in seinem eskapadenreichen Privatleben steht der Chilene für die große Zurückhaltung.
Das war auch vor der vergangenen Weltmeisterschaft nicht anders, als sich Vidal mit einem brasilianischen YouTube-Star zum Interview traf - und vor allem für einen Menschen eine klare Botschaft hatte. "Die Argentinier träumen von mir. Ich habe keine Angst vor Messi, aber man muss ihn fragen, ob er Angst vor mir hat", posaunte der Chilene.
Vidal hatte mit Chile 2015 und 2016 jeweils das Finale der Copa America gegen Messi und seine Albiceleste gewonnen. Der Kapitän der Argentinier war daraufhin sogar zurückgetreten aus der Nationalmannschaft, wenn auch nur kurz. "Ich habe alle Finals gegen ihn gewonnen", sagte Vidal, "und wenn wir uns wieder gegenüberstehen, werde ich erneut gewinnen."
FC Barcelona: Lionel Messi lobt Arturo Vidal
Nun ist es aber gut möglich, dass Vidal da eine These aufgestellt hat, die nicht mehr bewiesen werden kann. Zum einen, weil Messi nach der erbärmlichen WM tatsächlich aus der argentinischen Nationalelf zurücktreten könnte, zum anderen, weil Messi und Vidal auf Klubebene seit gut vier Wochen im gleichen Team auflaufen. Viel Möglichkeiten für ein Endspiel gegeneinander bleiben da nicht.
Um die 19 Millionen sollen aus Barcelona nach München zum FC Bayern geflossen sein, um den Chilenen nach Katalonien zu holen. Und nicht nur dort wurden im Zuge des Wechsels natürlich Vidals einstige Sticheleien gegen seinen neuen Mitspieler hervorgekramt. Nach Angst oder Abneigung sucht man bei den beiden Südamerikanern aber vergeblich. Ganz im Gegenteil.
"Es ist wichtig", gab Messi vor kurzem zu Protokoll, "Spieler wie Vidal zu haben. Er ist sehr gut am Ball aber hilft auch in der Defensive." In drei Ligaspielen durfte Vidal das bislang 38 Minuten lang zeigen, auch in der Supercopa waren es nur ein paar Minuten im rotblauen Trikot. Für einen, der Zeit seines Fußballerlebens gewohnt war, Anführer zu sein, gesetzt zu sein, waren das bessere Schnupperkurse, mehr nicht. Wie wichtig Vidal aber noch werden wird, das weiß auch Messi.
"Barca-Fans wollen Spieler, die stark am Ball sind. Wir verteidigen ja auch mit dem Ball", sagt La Pulga. Aber: "Die Spiele werden immer komplizierter und schwieriger. Und wenn man sich die Physis der anderen Teams ansieht, dann sind wir immer die Kleinsten." Also sei es gut, "so jemanden zu haben".
Barcelona: Arturo Vidals bisherige Einsätze in der Saison 2018/19
Datum | Wettbewerb | Spieltag | Gegner | Ergebnis | Spielzeit |
12.08.2018 | Supercopa | Finale | FC Sevilla | 2:1 | 4 Minuten |
18.08.2018 | Primera Division | 1 | Deportivo Alaves | 3:0 | 5 Minuten |
25.08.2018 | Primera Division | 2 | Real Valladolid | 1:0 | 14 Minuten |
02.09.2018 | Primera Division | 3 | SD Huesca | 8:2 | 19 Minuten |
Barca-Coach Ernesto Valverde über Arturo Vidal: "Ein Krieger!"
So jemand, das ist im Fall Vidal also einer, der auf den ersten Blick so gar nicht in Barcelonas Feintechniker-Ensemble passt. "Ein Krieger" und "ein bisschen anders als die Spieler, die wir haben" ist Vidal laut Barca-Coach Ernesto Valverde. Im Klartext: Ein Kämpfer inmitten von Technikern, eine Drecksau inmitten von Zauberern.
"Er hat sehr viel Erfahrung und Qualität. Wir denken, dass er uns kurz-, mittel- und langfristig helfen kann", sagte Valverde bei seiner Vorstellung. Vidal, der Anführer, der Mentalitätsspieler, im guten wie im schlechten Sinn. "Er ist es gewohnt", weiß Valverde, "in großen Spielen aufzulaufen".
Und dass es durchaus der richtige Weg sein kann, mit erfahrenen Spielern anstatt hoffnungsvollen Talenten auf Engpässe im Kader zu reagieren, das haben schließlich die Spanier selbst im vergangenen Sommer vorgemacht. Da kam Paulinho, damals 29 Jahre alt, aus der chinesischen Super League. Ein Spieler, der 40 Millionen Euro kostete und fast ausschließlich belächelt und angefeindet wurde.
"Letztes Jahr gab es Leute, die die Verpflichtung von Paulinho kritisiert haben, ohne ihn eine Minute gesehen zu haben", erinnert sich auch Valverde. "Dann hat man gemerkt, dass er zu uns passte."
Paulinho ist schon wieder weg, zurück in China, nach einem mehr als ordentlichen Jahr, in dem der Brasilianer seine Aufgaben erfüllt hat. Dafür ist jetzt Vidal da, seinem Vertrag zufolge für die kommenden drei Jahre. Wieder war es ein Spieler, dessen Transfer keine Jubelstürme auslöste im Fanlager der Katalanen, den sie in München aber vermissen. Weil er einer ist für die großen Spiele. "Einer der Jungs", wie es Jerome Boateng nach Vidals Abschied sagte, "die du in deinem Team haben willst, aber niemals gegen dich".