Außerdem kündigt Freixa an, auch bei den kommenden Präsidentschaftswahlen im März kandidieren zu wollen und erklärt, warum der FC Bayern ein Vorbild für die Blaugrana sein kann.
Herr Freixa, Lionel Messi will den FC Barcelona verlassen. Was geht in einem Barcelonista wie Ihnen gerade vor?
Toni Freixa: Enttäuschung. Wenn im Umfeld des Vereins nicht mehr über eine historische Niederlage in der Champions League gesprochen wird und die Ankunft eines neuen Trainers genauso uninteressant scheint wie die Tatsache, dass in zwei Wochen die neue Saison losgeht, muss es um etwas Großes gehen. Es geht um den Spieler, der für den Verein alles war. Messi hat alles mit Barca gewonnen, Barca hat alles mit Messi gewonnen. Er prägte eine goldene Ära, die nun zu Ende geht.
Sie klingen so, als wäre Messis Abschied in Stein gemeißelt. Wissen Sie mehr?
Freixa: Wie ich von mehreren Seiten gehört habe, ist die Entscheidung in dem Spieler über mehrere Jahre gereift und unwiderruflich. Ich glaube nicht, dass es noch ein Zurück gibt.
Wie konnte es dazu kommen?
Freixa: Messi ist ein Spieler, der sich nach dem maximalen Erfolg sehnt. Er allein kann den maximalen Erfolg nicht erreichen, er braucht eine Mannschaft dazu. Die hat er nicht. Seit dem Triple-Gewinn 2015 fehlt der internationale Erfolg. Das beschäftigt ihn. Sein Entschluss ist der negativen sportlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren geschuldet.
Freixa: Messi? "Das Beste wäre eine friedliche Lösung"
Es heißt, Barcas Präsident Josep Bartomeu habe einen großen Anteil an Messis Entschluss.
Freixa: Der Präsident ist der Hauptverantwortliche eines Vereins und wird in erster Linie an den Erfolgen auf dem Platz gemessen. Wenn diese ausbleiben und eine prägende Figur wie Messi dann der Meinung ist, woanders erfolgreicher sein zu können, fällt das natürlich auf den Hauptverantwortlichen zurück. Bartomeu ist sicherlich mitschuldig an der Situation, weil ein Präsident auch die Aufgabe hat, ein enges Verhältnis zu den wichtigsten Stützen der Mannschaft aufzubauen. Sei es zum Trainer, sei es zu den Kapitänen. Das ist ihm über die Jahre nicht gelungen. Er konnte nicht verhindern, dass Messi in einem Vereinswechsel die einzige Alternative für sich sieht. Das ist ein Desaster. Allerdings: Es gibt nie einen alleinigen Schuldigen.
Wie bewerten Sie das Verhalten von Messi, der seinen Entschluss schriftlich kommunizierte und seither Pflichtterminen fernblieb?
Freixa: Stellen Sie sich vor, Spieler und Verantwortliche würden sich zusammensetzen, die Trennung beschließen und gemeinsam vor die Presse treten, um zu verkünden, dass es nicht mehr weitergeht. Es wäre nicht weniger traurig, zumindest aber dem FC Barcelona würdig. Erinnern Sie sich an die Abschiede von Xavi oder Andres Iniesta? Das waren würdige Abschiede. Dass Messi nun derart einseitig über eine schriftliche Mitteilung seinen Wechsel ankündigt und einfach nicht mehr auftaucht, weist auf einen tiefen Konflikt hin, den sowohl Barca als auch den Spieler selbst in ein schlechtes Licht rücken. Messis Verhalten ist aus meiner Sicht überraschend und enttäuschend.
Seine Anwälte berufen sich auf eine Klausel in seinem Vertrag, die ihm einen ablösefreien Wechsel erlaube.
Freixa: Ich kenne die Vertragsdetails nicht. Für Barca wäre es eine Katastrophe, wenn Messi ablösefrei wechseln würde, weil der Verein aktuell nicht über die finanziellen Mittel verfügt, um große Transfers zu tätigen. Es wäre das Beste, eine friedliche Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten leben können. Ich glaube kaum, dass ein Verein bereit wäre, Messis Klausel von 700 Millionen Euro zu bezahlen. Aber man kann ja eine vernünftige Summe aushandeln, die Barca die Möglichkeit gibt, sich auf dem Transfermarkt umzusehen.
Freixa: Messi-Abschied "kann auch befreiend sein"
Zu welchem Verein würde Messi am besten passen? Es gibt Gerüchte um eine Wiedervereinigung mit Pep Guardiola.
Freixa: Ich halte City für wahrscheinlich. Mit Pep erlebte Messi seine schillerndsten Jahre in Barcelona. Es wäre nur logisch, wenn beide wieder zusammenarbeiten würden. City verfügt wie fast alle englischen Vereine außerdem über die finanziellen Mittel, eine Mannschaft aufzubauen, die alles gewinnen kann.
Barca ohne Messi - ist das überhaupt vorstellbar?
Freixa: Natürlich. Im Leben geht alles irgendwann zu Ende. Und auch wenn es keinen Spieler mehr geben wird wie ihn, so wäre sein Abschied eine Chance für Barca, sich zu einer Mannschaft zu entwickeln, die weniger abhängig von einem einzelnen Spieler ist. Messis Einfluss auf das Spiel von Barca war in den vergangenen Jahren immens. Der Spielstil war darauf ausgelegt, ihm den Ball zu geben und zu hoffen, dass er etwas Magisches damit macht. Ohne ihn wäre wieder mehr das Kollektiv gefragt. Das kann auch befreiend sein.
Im kommenden März soll ein neuer Präsident gewählt werden. Stellen Sie sich wie 2015 erneut zur Wahl?
Freixa: Das ist der Plan, ja. Ich treffe gerade alle Vorbereitungen und stelle ein starkes Team mit Leuten zusammen, deren Identifikation mit dem Verein groß ist.
Warum haben Sie im Gegensatz zu anderen Präsidentschaftskandidaten kein Misstrauensvotum gegen Bartomeu gestellt?
Freixa: Weil es dem Verein keinen bedeutenden zeitlichen Vorteil verschafft. Bis ein Misstrauensantrag hier in Spanien genehmigt wird und in Kraft tritt, vergehen bis zu sechs Monate. Da die Wahlen für März geplant sind, sehe ich keinen Sinn dahinter, jetzt einen Antrag zu stellen.