Bernd Schusters Wechsel zu Besiktas hat Euphorie im Umfeld des Istanbuler Klubs ausgelöst. Für zwei Jahre unterschrieb der frühere Coach von Real Madrid bei den schwarzen Adlern. Im SPOX-Interview spricht Schuster über sein Engangement in Istanbul, den Transfer von Ricardo Quaresma und das Interesse an Robinho. Zudem verrät der 50-Jährige, dass er auch Angebote aus der Bundesliga hatte.
SPOX: Glückwunsch zum neuen Job in der Türkei. Warum fiel die Entscheidung für Besiktas?
Bernd Schuster: Danke, ich freue mich sehr auf diese reizvolle Aufgabe. Besiktas ist ein großer, international bedeutsamer Klub mit Potenzial. Das Gesamtpaket hat hier einfach gepasst: Klubführung, sportliche Perspektive und die Stadt.
SPOX: Sie wurden immer wieder mit dem Klub in Verbindung gebracht in den letzten Wochen und Monaten. Wann kam das konkrete Angebot?
Schuster: Präsident Yildirim Demirören kam vor rund vier Wochen persönlich auf mich zu.
SPOX: Sie waren nicht der einzige Kandidat. Besiktas verhandelte auch mit Trainern wie Manuel Pellegrini, Mircea Lucescu, Ronald Koeman, Felix Magath und Juande Ramos. Wie haben Sie Besiktas überzeugt, dass Sie der Richtige sind?
Schuster: (lacht) Das müssen Sie den Präsidenten fragen!
SPOX: Hatten Sie auch andere Angebote? Beispielsweise aus der Bundesliga?
Schuster: Es gab in den letzten Wochen und Monaten einige sehr interessante Möglichkeiten. Auch aus der Bundesliga.
SPOX: Wie gut kennen Sie Ihren neuen Klub? Was erwartet Sie in Istanbul?
Schuster: Ich beschäftige mich seit den ersten Vertragsgesprächen mit dem Präsidenten sehr intensiv mit dem Verein und insbesondere mit der Mannschaft. Nach stundenlangen Videoanalysen freue ich mich, jetzt die Spieler im Training persönlich zu erleben, um mir einen subjektiven Eindruck machen zu können.
SPOX: Welcher Spieler ist Ihnen bei den Analysen ins Auge gestochen?
Schuster: Ich freue mich auf alle Spieler, die engagiert meine Linie konsequent verfolgen. Die bereit sind, alles für den Verein und den sportlichen Erfolg zu geben.
SPOX: Sie werden mit Fabian Ernst und Michael Fink zwei deutsche Spieler im Kader haben. Ist Ihnen das wichtig? Wie planen Sie beide ein?
Schuster: Das einzige, was mich interessiert, ist, ob ein Spieler in mein Konzept passt und ob er bereit ist, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Ich werde mir jetzt erst einmal einen persönlichen Eindruck von allen Spielern machen. Keiner ist gesetzt, jeder hat seine Chance.
SPOX: Der frühere Stuttgarter Roberto Hilbert verhandelt mit Besiktas über einen Transfer. Wollen Sie ihn haben?
Schuster: Zu konkreten Planungen werde ich mich in der Öffentlichkeit nicht äußern. Klar ist, dass wir etwas tun müssen, um unsere Ziele in der nächsten Saison erreichen zu wollen.
SPOX: Perfekt ist der Transfer von Inter Mailands Ricardo Quaresma, der bei den Besiktas-Fans eine große Euphorie ausgelöst hat. Was erwarten Sie sich von ihm?
Schuster: Ricardo ist ein vielseitig einsetzbarer Spieler. Er ist beidfüßig, kann im Mittelfeld sowohl über rechts als auch links spielen. Er verfügt über internationale Erfahrung, hat bei den besten Adressen Europas gespielt. Und mit 26 Jahren ist er im besten Fußballer-Alter.
SPOX: Ihr Ex-Spieler Robinho hat bekannt, dass er Ihnen zu Besiktas folgen würde. Nehmen Sie ihn mit?
Schuster: Robinho ist einer der besten Spieler der Welt. Und ein guter Junge dazu. Jeder Trainer würde ihn gerne in seinem Team haben wollen.
SPOX: Sie gehen zu einem Klub mit einem schwierigen Umfeld. Ist der Wechsel auch ein Risiko?
Schuster: Besiktas hat letztes Jahr seine Ziele nicht erreicht. Das wollen wir kommende Saison besser machen. Ich habe einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben. Mein Ziel ist es, die Mannschaft sukzessive weiter zu entwickeln und besser abzuschneiden als zuletzt.
SPOX: Der Klub hat sehr emotionale Fans, die in jeder Situation hinter der Mannschaft stehen. Das Inönü-Stadion ist ein Hexenkessel. Haben sich Klub, Fans und Trainer gefunden?
Schuster: Ich bin auch ein leidenschaftlicher Mensch. Und werde alles geben, damit Besiktas erfolgreich wird. Ich hoffe, dass die Fans etwas Geduld haben werden. Wir brauchen ihre Unterstützung. Unser Inönü-Stadion muss eine Festung werden.
SPOX: Präsident Yildirim Demirören hat in der Vergangenheit viel Geld aus der Privatschatulle investiert. Wie sehen die Planungen des Klubs aus?
Schuster: Wie gesagt, ich habe bei Besiktas einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben. Herr Demirören ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der weiß, was er will. Ich freue mich auf diese neue Herausforderung. Wir werden sehen, was wir gemeinsam in den nächsten beiden Jahren entwickeln können.
SPOX: Haben Sie mit anderen deutschen Trainern, wie beispielsweise Christoph Daum, gesprochen und Informationen über die Süper Lig eingeholt?
Schuster: Nein, ich mache mir gerne mein eigenes Bild. Ich freue mich auf die ersten Trainingseinheiten. Da werde ich sehr schnell erkennen, wo die Stärken und Schwächen im Team sind. Zudem haben wir ein gutes Trainerteam mit reichlich Kompetenz.
SPOX: Wie bewerten Sie die Qualität der Liga?
Schuster: In der Süper Lig spielen einige große Vereine und reichlich gute Spieler aus aller Welt. Die türkische Nationalmannschaft hat bei der letzten EM 2008 das Halbfinale erreicht und ist da nur ganz knapp gegen Deutschland ausgeschieden.
SPOX: Die Türken fehlen jetzt bei der WM in Südafrika...
Schuster: Ja, aber das spiegelt nicht ihr wahres Leistungsvermögen wider. Im Vereinsfußball werden wir sehen, was wir in der kommenden Saison erreichen können. Wir werden uns jedenfalls bemühen, uns doch noch für die Europa League zu qualifizieren.
Bernd Schuster übernimmt bei Besiktas