Der Löwe brüllt wieder auf Giesings Höhen, da wo er nach Meinung vieler auch hingehört. Im Herzen der Stadt, der Heimat des einfachen Mannes. 'München ist blau, den Roten gehört der Rest inklusive Allianz Arena', so die einhellige Meinung der Anhänger von Sechzig.
Es war die heraufbeschworene Rückkehr zu den Wurzeln an die Grünwalder Straße. Dort, wo das Trainingsgelände nur drei Straßenbahnhaltestellen vom Stadion entfernt ist, dort wo 1966 die letzte deutsche Meisterschaft gefeiert wurde und der Nachbar von der Säbener Straße noch weit von Glanz und Gloria der Neuzeit entfernt war.
Es ist der Mythos vom Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße, der nun wieder auflebt. Dort wird noch mit echtem Geld und nicht mit Arenakarten bezahlt, dort kommen die Fans noch zu Fuß zum Stadion und zwängen sich nicht in die überfüllte U6 nach Fröttmaning oder zahlen zehn Euro für das dreistöckige Parkhaus.
1860 München: Das Fußball-Märchen des Jahres
Geht es nach den Fans der Löwen, dann sollte dieser Traum nicht mehr zu Ende gehen. Selbst die ZEIT verschlug es an die Ecke Grünwalder/Tegernseer Landstraße und staunte nicht schlecht, dass selbst der McDonalds in der Nähe (der erste in ganz Deutschland) blaue Luftballons verteilte. Als Fußball-Märchen des Jahres wurde der TSV 1860 bezeichnet.
Zu diesem Schluss kann man schon kommen. Vorbei sind die fürchterlichen Bilder aus der Relegation gegen Jahn Regensburg, als die Löwen-Fans sich und dem ganzen Verein auf nationaler Bühne ein Armutszeugnis ausstellten. Sitzschalen, Stangen und sonstiges Allerlei flogen, Fans hingen am Zaun und die Polizei erschien in der Arena vor der Nordkurve mit dem größten Polizeiaufgebot.
Keine zwei Monate später und rund 15 Kilometer weiter südlich belagern die Fans erneut den Zaun, diesmal friedlich. Vor ausverkauftem Haus und 12.500 Zuschauern, mehr erlaubt die Stadt aus Sicherheitsgründen nicht, schlägt das neu formierte Team der Löwen Wacker Burghausen mit 3:1 und ist Spitzenreiter.
1860 München: Schulterschluss mit dem Publikum
Auch für die folgenden Spiele waren an der Abendkasse nur noch vereinzelt Tickets zu erwerben, selbst bei den Auswärtsfahrten nach Memmingen oder Buchbach vermeldeten die Gegner ausverkauft. Die Sechzger sind die Attraktion der Liga. Der Zirkus ist eingekehrt in die als Dorfliga verschriene Regionalliga Bayern.
Auch in der Metropole München herrscht weiter ein Hype. Klub-Urgestein Daniel Bierofka ist wieder Cheftrainer, mit Sascha Mölders, Kapitän Felix Weber oder auch Jan Mauersberger blieben Spieler in Giesing, die auch mindestens eine Liga höher bei einem ambitionierten Klub unterschreiben hätten können. Dazu kehrte mit Timo Gebhart ein Löwe zurück, der fußballerisch auf Bundesliga-Niveau agiert, sich aber in der Vergangenheit zu oft selbst im Weg stand.
Die Mannschaft kommt an bei den Fans, ein Team, das ehrlichen Fußball bietet und an der Seitenlinie ein kleines Rumpelstilzchen hat, das alles für diesen Verein gegeben hat. Der Schulterschluss zwischen Mannschaft und Publikum ist die wahrscheinlich größte Errungenschaft der Löwen.
"Das war mitunter die beste Stimmung", schwärmte Sascha Mölders nach dem 5:0 gegen den FV Illertissen. "Das kann man mit dem letzten Jahr in der Arena nicht vergleichen. Überall wird gesungen, in der Kurve, in der Stehhalle und sogar auf der Haupttribüne - das ist einzigartig."